Neulich hat eine Leserin angerufen: “Ich bin 80 Jahre alt und mir wird immer schwindelig. Zahlt dafür schon die Pflegeversicherung?” Auf die Nachfrage, wobei der Dame schwindelig wird, lautete die Antwort: “Immer, wenn ich meine Gardinen aufhänge und auf der Leiter stehe. Da muss jetzt ein Pflegedienst kommen, der von der Pflegekasse bezahlt wird.” Ob dieser Antrag Aussicht auf Erfolg hat? Welche Voraussetzungen müssen denn erfüllt sein, um einen Pflegegrad zu erhalten?
Inhaltsverzeichnis
- Pflegeversicherung für Einsteiger: das MDK-Gutachten
- Modul 1: Mobilität
- Modul 2: Kognitive und kommunikative Fähigkeiten
- Modul 3: Verhaltensweisen und psychische Problemlagen
- Modul 4: Selbstversorgung
- Modul 5: Krankheits- oder therapiebedingte Arbeiten
- Modul 6: Gestaltung des Alltags und sozialer Kontakte
- Wie viele Punkte sind für einen Pflegegrad nötig?
Pflegeversicherung für Einsteiger: das MDK-Gutachten
Um Leistungen zu erhalten, muss der Versicherte einen Antrag bei der Pflegekasse seiner Krankenkasse stellen. Entscheidend ist dabei der Tag der Antragstellung. Erfolgt der Antrag zu früh, wird dieser abgelehnt. Wird der Antrag allerdings zu spät gestellt, verzichtet der Versicherte auf Geld.
Hat der Versicherte einen Antrag auf Leistungen aus der Pflegekasse dann gestellt, meldet sich der Medizinische Dienst der Krankenkassen (MDK) zu einem Hausbesuch an. In diesem etwa einstündigen Gespräch werden viele Fragen gestellt, anschließend wird ein Gutachten angefertigt. Innerhalb von fünf Wochen entscheidet die Pflegekasse aufgrund dieses Gutachtens, welcher Pflegegrad und welche Leistungen bewilligt werden – rückwirkend ab dem Tag der Antragstellung. Bei Privatpflegeversicherten erfolgt dabei die Begutachtung durch die MEDIC-Proof Gesellschaft für medizinische Gutachten in Köln.
Im MDK-Gutachten geht es dann insgesamt um sechs pflegerelevante Module. Zu jedem Modul werden Punkte verteilt, anhand der Gesamtpunktzahl wird dann ein Pflegegrad bewilligt. Je mehr Punkte, desto höher der Pflegegrad.
Per Telefon krankschreiben: Ab sofort wieder möglich
Aufgrund steigender Covid-Fälle ist die Krankschreibung bei einfachen Atemwegserkrankungen wieder per Telefon möglich.
Modul 1: Mobilität
Ist der Versicherte in der Lage, sich im Bett umzudrehen und aufzurichten, aufzustehen, sich im Wohnbereich fortzubewegen oder die Treppen zu steigen? Dabei geht es um Körperkraft, Balance und Bewegungskoordination. Bei dieser Abfrage gibt es zwischen null und 10 Punkten.
Modul 2: Kognitive und kommunikative Fähigkeiten
Liegt eine Demenz vor, wie weit ist sie fortgeschritten, und welche Fähigkeiten sind noch vorhanden? Von der zeitlichen und örtlichen Orientierung über das Erkennen von Risiken und Gefahren (zum Beispiel Strom, Feuer, Verkehr, Treppen) bis zum Mitteilen von Bedürfnissen (Hunger, Durst, Frieren, Schmerzen) erfasst der MDK-Gutachter zahlreiche Details.
Modul 3: Verhaltensweisen und psychische Problemlagen
In diesem Modul werden psychische Erkrankungen erfasst, um eine mögliche Pflegebedürftigkeit zu bestätigen. Erfasst werden zum Beispiel selbstschädigendes Verhalten, nächtliche Unruhe, das Beschädigen von Gegenständen oder die Verweigerung von Nahrung und Medikamenten.
Die Module 2 und 3 ergeben bis zu 15 Punkte.
Modul 4: Selbstversorgung
Zur Selbstversorgung gehören das Essen und Trinken, die Körperpflege, die Toilettengänge sowie das An- und Aus- kleiden. Bei der Abfrage werden die Punkte nach dem Grad der Selbstständigkeit vergeben. Der Maximalwert dabei: 40 Punkte.
Modul 5: Krankheits- oder therapiebedingte Arbeiten
Wer krank ist, hat entsprechend eine ganze Reihe von “krankheits- bezogenen” Arbeiten zu erledigen. Schafft es der Patient, ärztliche Anweisungen durchzuführen? Ist er beispielsweise in der Lage, seine Tabletten selbstständig zu nehmen? Macht er dann regelmäßig seine Atemübungen? Schafft er den Weg zum Arzt oder zum Therapeuten? Es geht dabei um die Selbstständigkeit des Versicherten – mit maximal 20 Punkten.
Modul 6: Gestaltung des Alltags und sozialer Kontakte
Hier bewertet der MDK, ob der Antragsteller seinen Tagesablauf gestaltet, sich beschäftigen oder etwas planen kann und Kontakte mit anderen Menschen pflegt. Hier gibt es bis zu 15 Punkte.
Wie viele Punkte sind für einen Pflegegrad nötig?
Grad 1 | Grad 2 | Grad 3 | Grad 4 | Grad 5 | |
Punkte: | 12,5–<27 | 27–<47,5 | 47,5–<70 | 70–<90 | 90–100 |
Monatliche Sachleistungen bis zu: | 125,–* | 724,– | 1.363,– | 1.693,– | 2.095,– |
Monatliche Geldleistungen: | 125,–* | 316,– | 545,– | 728,– | 901,– |
Der vorliegende Text stammt aus dem Ratgeber “Der Pflegekompass” von Jochen Mertens e.K., 3. Auflage erschienen 2022 bei der Funke Mediengruppe.
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