Der erste Schultag ist wohl einer der wichtigsten und bedeutendsten Meilensteine im Leben eines Kindes. Mit der steigenden Vorfreude beginnen auch die Planungen für den großen Tag. Die Feier mit der Familie, die Besorgungen der ganzen Schreib-, Mal- und Bastelutensilien und natürlich das Aussuchen des Schulranzens. Die große Auswahl an Farben und Muster lässt Kinderherzen höherschlagen, macht aber die Entscheidung nicht leichter. Ein guter Sitz, angepasst an den Rücken und die Statur des künftigen Erstklässlers, ist dabei ebenso relevant. IMTEST hat fünf aktuelle Modelle von ergobag, Beckmann McNeill, Scout und DerDieDas auf Ergonomie, Ausstattung und Handhabung getestet.
Perfekt ausgestattet für die Schulzeit
Laut Statista sind im Schuljahr 2023 / 2024 so viele Kinder eingeschult worden wie seit 20 Jahren nicht mehr, nämlich 830.600. Demnach gabe es 17.000 Schulanfänger mehr als im Vorjahr. Und all diese Kinder benötigen einen Ranzen. Natürlich übernehmen auch einige Kinder die Taschen ihrer Geschwister oder bekommen einen guten Gebrauchten, aber ein Großteil wird sicher mit einem neuen Modell ins Schulleben starten. Eine gute Gelegenheit für die Ranzenhersteller wieder um die Gunst der Kinder und Eltern buhlen.
Unter den von IMTEST getesteten Modellen sind vier Ranzen, die als Set mit Zubehör wie Federmäppchen, Turnbeutel und weiteren Utensilien ausgestattet sind. Nur einer, der von Beckmann, ist wahlweise solo oder als Set erhältlich. Mit 169 Euro als Einzelpreis, beziehungsweise 249 Euro als Set, ist er der günstigste, die andere liegen mit Set-Preisen zwischen 270 und 300 Euro etwas darüber. Ein stolzer Preis, wenn man bedenkt, dass Schulranzen “eigentlich nur” etwas bessere Rucksäcke sind. Aber was macht die Ranzen so besonders? Welche Ausstattungsdetails sind empfehlenswert? Und womit punkten die einzelnen Hersteller?
Die 5 Testkandidaten im Kurzüberblick
Für einen starken Rücken: Ergonomie und Trageeigenschaft der Schulranzen
Bücher, Arbeitshefte, Stifte, Freundschaftsalbum, Pokémon-Sammlung, Brotdose, Trinkflasche – in einen Ranzen müssen viele wichtige Dinge rein, die mitunter richtig schwer werden können. Umso wichtiger, dass der Schulrucksack gut auf dem Rücken sitzt, damit das Kind auf lange oder kurze Sicht keine Kopf- oder Rückenschmerzen bekommt.
Worauf Eltern beim Kauf achten müssen und wie der Ranzen idealerweise sitzen muss, hat IMTEST Univ.-Prof. Dr. med. Renkawitz, Ärztlicher Direktor der Orthopädischen Universitätsklinik Heidelberg gefragt.
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Des Weiteren rät Univ.-Prof. Dr. med. Tobias Renkawitz, dass Eltern darauf achten sollten, dass Gurte nicht über den Nackenbereich der Kinder laufen, damit kein unangenehmer Druck oder Reibung entsteht. Ein Becken- beziehungsweise Hüftgurt sorgt dafür, dass das Gewicht des Ranzens auf den Beckenkamm verlagert werden kann und er zudem nicht hin- und herrutscht. Ebenso verhilft ein Brustgurt zu mehr Stabilität beim Tragen.
Da so ein Ranzen ja idealerweise über die gesamte Grundschulzeit, also mindestens vier Jahre, getragen werden soll, sind vier der Modelle mitwachsend, also auf die Größe des Kindes anpassbar. Während der Schulrucksack von ergobag stufenlos für Körpergrößen von einem Meter bis 1,50 Meter verstellbar ist, gibt es bei McNeill drei, bei Scout vier und bei DerDieDas fünf vorgegebene Stufen. Lediglich der Beckmann bietet keine Verstellmöglichkeiten, verspricht aber, dass er von Kindern mit einer Größe von 1,16 Metern bis 1,40 Metern getragen werden kann.
So schlagen sich die Schulranzen im Labor von Qima
Wie es bei den Testkandidaten tatsächlich um Ergonomie und den Tragekomfort bestellt ist, hat IMTEST beim akkreditierten Prüflabor von Qima testen lassen. Dort mussten sich die fünf Testkandidaten vier Prüfungen unterziehen, die in der Norm DIN 58124 verankert sind, darunter:
- Für einen angenehmen und schmerzfreien Tragekomfort ist es wichtig, dass die Schultergurte im Auflagebereich über die gesamte Gurtbreite gepolstert sind. Dabei muss die Breite mindestens 40 Millimeter betragen.
- Der Hals des Schulkindes darf durch die Schultergurte nicht eingeengt werden. Zudem müssen die Gurte einhändig, gleichmäßig und stufenlos verstellbar sein und dürfen sich nicht unbeabsichtigt lockern oder lösen. Als Länge sind mindestens 500 Millimeter vorausgesetzt.
- Die Tragegriffe beziehungsweise -schlaufen müssen mindestens 80 Millimeter lang sein und bequem zu tragen sein.
- Die Auflagestellen am Rücken müssen gepolstert sein und keine scharfen Kanten aufweisen. Ebenso dürfen keine Druckstellen vorhanden sein.
Das Erfreuliche ist, dass fast alle Ranzen alle Anforderungen komplett erfüllt haben. Lediglich beim Modell von Beckmann beträgt die Gurtbreite an der schmalsten Stelle “nur” 35,7 Millimeter und ist damit knapp unter der geforderten Norm.
Fliegengewicht oder schwere Tasche
Während die Volumenempfehlung bei allen Ranzen gegeben ist, ist der IMTEST-Redaktion jedoch eine Sache aufgefallen: Das von Qima und IMTEST gemessene Gewicht weicht teilweise bis zu 300 Gramm nach oben ab, zudem, was alle Hersteller für ihre Schulrucksäcke angeben.
Zwar ist bei Scout beispielsweise vermerkt, dass das Gewicht ohne den Hüftgurt gilt, dieser sollte jedoch genutzt werden, um die komplette Last von den Schultern zu nehmen. Ebenso hat IMTEST beim ergobag und DerDieDas die Heftbox als festen Bestandteil des Ranzens betrachtet und mitgewogen. Leichteste Modelle sind der Active Air FLX von Beckmann mit 1.140 Gramm und der DerDieDas mit 1.130 Gramm, während der Ergo Complete von McNeill mit 1.450 Gramm und der Genius von Scout mit 1.470 Gramm die beiden schwersten Testkandidaten sind. Auch der ergobag liegt mit 1.400 Gramm noch über den Empfehlungen von Univ.-Prof. Dr. med. Renkawitz.
Setzt man das Volumen zum Gewicht ins Verhältnis, sprich, welcher Ranzen im Verhältnis zu seinem Volumen das geringste Gewicht ausweist, hat der Ranzen von Beckmann hier ganz klar die Nase vorn, gefolgt von Ergoflex Easy von DerDieDas.
Schließsystem der Ranzen: Vor- und Nachteile
Nichts ist nerviger, als wenn Kinder lange an den Verschlüssen fummeln müssen, um an ihre Hefte und Stifte zu kommen. Das einfachste Öffnungssystem im Test zeigten die Kandidaten von Scout und DerDieDas, bei denen das Kind einfach und ohne Kraft den Griff nach oben ziehen muss und schon ist der Ranzen auf. Auch der Magnetverschluss von ergobag und der Drehverschluss von McNeill sind relativ einfach und schnell zu bedienen. Allen vieren gleich ist das Schließen des Ranzens, wo das Kind quasi nur den Deckel fallen lassen und vielleicht noch einen Blick drauf werfen muss, ob der Verschluss “eingerastet” ist. Ein Kordelzug beim pack von ergobag fixiert den Inhalt zusätzlich. Der Rucksack von Beckmann hat für sein Hauptfach einen Reißverschluss, für den das Kind immer beide Hände braucht, um ihn zu Öffnen und Schließen.
Alle Schulranzen, außer das Modell von McNeill, haben zusätzliche Reißverschlussfächer zum Verstauen von kleinen Habseligkeiten, Geld und Schlüssel oder der Brotbox. Beim McNeill sind die zusätzlichen Fächer nur mit einer Klettlasche fixierbar, sodass Kleinigkeiten nicht so gut gesichert sind und schnell rausfallen könnten, wenn der Ranzen im geöffneten Zustand umfällt.
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Was die Ranzen von Scout, DerDieDas und ergobag bezüglich ihres einfachen Verschlusssystems zum Vorteil haben, entpuppt sich an anderer Stelle zum Nachteil. IMTEST hat mit den Ranzen einen Falltest durchgeführt und sie dabei hochgeworfen, sodass sie aus etwa drei Meter wieder auf den Boden gefallen sind. Das Modell von DerDieDas ist dabei jedes Mal mit geöffnetem Deckel gelandet und auch den ergobag und Scout hat es ab und zu erwischt. Wenn Kinder wild spielen und die Ranzen beispielsweise als Fußballtoren nutzen, kann es bei diesen Modellen durchaus vorkommen, dass bei einem (unbeabsichtigten) Tritt gegen die Tasche der ganze Inhalt im Dreck landet. Allerdings sei hinzugefügt, dass der Inhalt beim ergobag gesichert ist, wenn das Kind den Kordelzug zuvor zugezogen hat.
Auch im Dunkeln sicher unterwegs
Gerade in der dunklen Jahreszeit ist es wichtig, dass Kinder von anderen Verkehrsteilnehmern gut gesehen werden. IMTEST hat im Punkt Sichtbarkeit nicht nach der DIN-Norm getestet, aber überprüft, ob die Rucksäcke mit reflektierenden Elementen ausgestattet sind. Auch wenn die Dicke und Breite der reflektierenden Elemente unterschiedlich sind und das Modell von ergobag sogar übersät damit ist, lässt sich sagen, dass alle Ranzen von allen Seiten gut bestückt sind. Vorne am Schultergurt, an den Seiten sowie an der Rückseite haben alle Schulrucksäcke reflektierende Elemente. Der Scout Genius ist zudem mit fluoreszierenden Flächen ausgestattet, um die passive Sicherheit im Straßenverkehr bei Dämmerung zu erhöhen.
Schutz vor Feuchtigkeit
Während der Grundschulzeit müssen Ranzen so einiges aushalten, dazu gehören auch einige Regengüsse oder das Abstellen auf nassem Untergrund. Grundsätzlich sind alle Ranzen wasser- und staubabweisend, die beiden von Scout und McNeill sind darüber hinaus mit einem wasserdichten Boden in Form einer Plastikwanne ausgestattet. Bei einem starken Regen ist eine Schutzhaube auf jeden Fall empfehlenswert. Diese gibt es im Lieferumfang nur beim Modell von Beckmann, für alle anderen Ranzen muss dieser separat erworben werden.
Aber nicht nur Feuchtigkeit durch Regen ist mitunter ein Problem, auch tropfende Trinkflaschen oder ein kaputt gegangener Joghurt können Eltern zur Verzweiflung bringen. Bis auf den Scout Genius haben alle Schulrucksäcke ein Trinkflaschensteckfach an der Seite. Der Scout hat hingegen zwei Reißverschlusstaschen, die zwar für kleinere Trinkflaschen geeignet sind, größere ab etwa 500 Milliliter passen mitunter nicht so gut hinein. Durch diese praktischen Taschen ist vorgesorgt, dass die Flasche erst gar nicht in den Ranzen muss.
Die Ranzen von Beckmann, ergobag, DerDieDas und Scout haben zudem ein separates Außenfach für die Brotdose. Beckmann und ergobag geben dazu an, dass dieses mit einem wasserdichten Stoff vom Hauptfach getrennt ist. Für oben beschriebene “Unfälle” ist dies sehr hilfreich.
Alle IMTEST-Testergebnisse im Detail
Die Qual der großen Auswahl
Die Entscheidung, welcher Ranzen es tatsächlich werden soll, liegt mit Sicherheit im Detail. Während einige Modelle eine sehr klassische Form haben, wirken andere eher wie ein cooler Rucksack. Das Modell von Beckmann beispielsweise ist aufgrund seines geringen Gewichts und seiner Passform eher für kleinere und dünnere Kinder gemacht. Als Besonderheit hat der Active Air FLX eine Art Kissen aus Luft und Schaumpolsterung im Rückenbereich. Dadurch können Hohlräume zwischen Rücken und Rucksack immer ausgeglichen werden, was mehr Halt und Stabilität garantieren soll. Zudem lässt sich das Volumen um fünf Liter erweitern, in dem man einfach einen Reißverschluss öffnet.
Fast alle Schulrucksäcke haben ein solides und neutrales Grunddesign und können anhand von Buttons und Anhängern nach Geschmack individualisiert werden. Die Modelle von Beckmann haben meist schon ein Motiv aufgedruckt. Durch eine wendbare Vordertasche kann der Rucksack praktischerweise im Handumdrehen bei Bedarf neutraler gestaltet werden.
Während der Ergo Flex Easy von DerDieDas “nur” elf Designs zur Auswahl stellt, kann beim pack von ergobag zwischen 29 entschieden werden. Darüber hinaus bieten einige Hersteller noch passende Extras an, wie etwa Regenschirme, Brotdosen oder Trinkflaschen.
Was ist sonst noch wichtig zu beachten, wenn man einen Ranzen für Grundschüler sucht? Eltern und Kinder können gucken, welche Art der Einteilung für sie am sinnvollsten ist. Die Modelle von Ergobag und DerDieDas bieten eine Art Aufbewahrungsbox für Hefte und Ordner, die vor Eselsohren schützen soll. Der McNeill hat als Pendant ein sehr stabiles, aber nicht herausnehmbares Fach für diesen Zweck. Die Schulrucksäcke von Beckmann und Scout haben zwar ein abgetrenntes Fach für Hefte, allerdings bieten diese keinen “Knickschutz”.
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Fazit
Alle Schulranzen sind sicher und alltagstauglich und die Unterschiede liegen im Detail, sodass Kinder und Eltern bei der Auswahl aus dem Vollen schöpfen können. Bezüglich Ergonomie gibt es bis auf die Gurtbreite beim Beckmann keine Kritikpunkte. Wer eher auf eine lässigere Rucksackform steht, wählt den Testsieger von ergobag. 29 Design-Motive sowie Buttons und Anhänger lassen Erstklässler-Herzen höherschlagen. Um 30 Euro günstiger ist der Preis-Leistungssieger von DerDieDas. Das Set hat mit fünf Teilen allerdings auch ein Utensil weniger und es stehen “nur” elf Farbmotive zur Auswahl. Richtig sparen können Eltern, wenn sie den Rucksack von Beckmann wählen. Er ist als einziger Testkandidat auch ohne Set zu kaufen und kostet solo 169 Euro.