Unberechtigte Bußgelder, überhöhte Mieten oder verspätete Flüge: In solchen Fällen sein Recht zu bekommen, ist für Laien oft mit viel Stress, Aufwand und Ärger verbunden. Sogenannte Legal Techs wollen das Prozedere vereinfachen. Doch gibt es einen Haken?
Legal Tech: Automatisierter Rechtsbeistand
Die Digitalisierung dringt langsam aber sich auch ins Rechtswesen vor. Erstaunlich, schließlich galt bis vor kurzem in dieser Branche noch das Fax als das wichtigste Kommunikationsmittel. Auch bei den Kanzleien selbst hielt sich das Interesse am technischen Fortschritt in Grenzen, schließlich lassen diese sich persönliche Beratung teuer bezahlen. Aus diesem Grund springen jetzt vermehrt Start-Ups in die Bresche. Das Zauberwort lautet „Legal Tech“.
„Legal Tech“ galt bis vor kurzem noch als der Einsatz von Technik in Anwaltskanzleien, zum Beispiel fürs Praxismanagement, die Buchhaltung, die Rechnungsstellung sowie die Archivierung von Dokumenten. In letzter Zeit hat sich der Begriff jedoch weiterentwickelt und beinhaltet nun auch Online-Lösungen, die mithilfe moderner Technologie den Umgang mit Rechtsthemen für die Menschen generell vereinfachen und oft sogar ohne den Einsatz eines Anwalts auskommen. Schnell, unkompliziert und digital soll die Rechtsberatung vonstattengehen.
Schnelle Hilfe bei einfachen Fällen
Wie das Prinzip funktioniert, zeigen Portale wie Helpcheck, Flightright und Myright, die beispielsweise juristische Unterstützung bei Themen wie verspäteten Flügen, überhöhten Mieten, Verkehrsunfällen, Bußgeldern oder falsch verkauften Lebensversicherungen bieten. Aus Kundensicht bieten die Dienste vor allem zwei Vorteile:
- Bequem: Das Ganze lässt sich einfach und unkompliziert vom eigenen Schreibtisch aus erledigen. Es gilt lediglich das entsprechende Thema zu wählen und anschließend die erforderlichen Daten und Dokumente zu übertragen.
- Risikolos: Der Dienst prüft dann die Sachlage. Das übernimmt ein echter Anwalt, der meist innerhalb weniger Tage zu einem Ergebnis kommt. Falls Aussicht auf Erfolg besteht, übernimmt das Legal Tech das Mandat. In diesem Fall tritt der Klient die Ansprüche an den Dienst ab, der dann die weiteren rechtlichen Schritte in die Wege leitet. Bei Erfolg erhält sie einen bestimmten Prozentsatz des erstrittenen Geldes als Provision. Anders ausgedrückt: Eine Honorarzahlung wird erst dann fällig, wenn der Klient sein Recht bekommt.
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Legal Tech ersetzt keine Anwälte
Rightnow hat laut eigenen Angaben schon über 500.000 Kunden geholfen. Und Helpcheck will schon über 15 Millionen Euro für seine Kunden durchgesetzt haben. Das Geschäftsmodell dahinter: Die Legal Techs kaufen ihren Kunden ihre Ansprüche ab und gibt diese an selbst beauftragte Anwälte weiter. Dabei verdienen die dahinterstehenden Unternehmen einerseits an der Differenz zwischen dem Wert der Forderung und dem, was die Kunden bekommen, und andererseits an den Vermittlungsgebühren, die Anwälte zahlen müssen. Denn Anwälte werden auch bei Legal Techs gebraucht. Die Technik ersetzt keine Juristen, sondern unterstützt diese lediglich, zum Beispiel beim Erledigen repetitiver Aufgaben.
Legal Tech: Verbraucherschützer kritisch
Verbraucherschützer sehen das Geschäftsmodell aber kritisch. Verbraucher müssten für den Komfort Abzüge in Kauf nehmen, meint die Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbz) auf ihrer Internetseite: Durch die Inanspruchnahme eines kommerziellen Legal-Tech-Angebots gäben aufgrund des Erfolgshonorars einen Teil ihrer berechtigten Ansprüche an den Legal-Tech-Anbieter ab. Erfolgshonorare würden allerdings dem Grundsatz im deutschen Recht widersprechen, dass Gläubiger ihren Anspruch vollständig inklusive seiner Rechtsdurchsetzungskosten durchsetzen können soll. Zwar steht die vzbz Legal Tech nicht grundsätzlich ablehnend gegenüber, fordert aber eine stärkere Regulierung der Angebote.