Der Läufer von heute ist leider oft sein eigener Mediziner. Wer Schmerzen hat, fragt sich selbst. Und wenn das nicht erfolgreich ist, liefert spätestens „Dr. Google“ Antworten auf alle Sportler-Fragen. Unser Kolumnist kommt zu einer klaren Diagnose: Finger weg von vagen Vermutungen oder Netz-Experten.
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„Ich muss mal die Experten hier fragen: Ich habe Knieprobleme. Beim Orthopäden war ich. Der sagte, ich solle ein paar Übungen zur Muskelstärkung machen. Und Einlagen hat er mir verschrieben. Sorry, aber der Arzt kann doch nix. Ich trau dem nicht. Was meinen die Experten? Woran kann es liegen, dass die Knie schmerzen?“. Es ist der gefühlt tausendste Interneteintrag in einem Forum zu einer Gesundheitsfrage, den ich heute in der Art gelesen habe. Und man möchte der Schreiberin zurufen: Ist klar, besser man fragt die Experten in einem Forum nach einer Diagnose, anstatt sich vielleicht eine zweite Arztmeinung einzuholen. Selbstverständlich. Wer geht denn heute noch zum Arzt? Wie Oldschool ist das denn?
Medizin aus dem Netz, ein Angst-Treiber
Für jeden Hypochonder ist das Internet der komplette Alptraum. Ein Kratzen im Hals reicht für einen Freund von mir aus, und er taucht über Stunden hinweg im Netz ab. Er stellt am Ende seiner Recherche fest: Er hat nur noch einen Tag zu leben. Wenn überhaupt. Vor lauter Schreck ist das Kratzen im Hals weg. Ein anderer enger Freund war sich sehr sicher, dass er vom Laufen einen Ermüdungsbruch erlitten hatte. Das jedenfalls wurde ihm von nahezu allen Hobby-Sportmedizinern im Netz klar diagnostiziert. Aus der Ferne natürlich. Ich bin sehr sicher: Internetexperten haben seherische Fähigkeiten. Sie können auch über hunderte von Kilometern quasi die Verletzung fühlen, nein sie riechen sie. Durch das Glasfasergabel hindurch, das Internet ist so wunderbar. Und wie gut, dass es Dr. Google gibt. Er hat garantiert zu jedem Schienbeinkantensyndrom, jedem Leistenbruch, jedem Sehnenabriss eine gute Idee. Ach, am Ende kann man ja alles mit einem Laufbandtest operieren. Da sind sich so ziemlich alle Internetexperten in allen Foren einig. Und wenn es nicht der Laufbandtest ist, der schwere Ermüdungsbrüche wieder zusammennagelt, dann vielleicht die richtigen Laufschuhe. Und deshalb sollte man auch gerade bei der Laufschuhauswahl so aufpassen. Denn wer sich die falschen aussucht, der stirbt. An einem Herzinfarkt. Beim Marathon.
Alles eine Frage der Ernährung?
Und wenn gar nichts mehr geht, dann muss der kranke Läufer einfach eine Low Carb Diät machen. Kombiniert mit Low Fat. Das wirkt präventiv gegen eigentlich alle Läuferbeschwerden, vor allen Dingen besonders gut gegen das Läuferknie. Das absolute Zauberwort ist allerdings „vegan“. Wer sich vegan ernährt, heilt quasi alles. Vor allen Dingen aber die inneren Organe, zudem werden Entzündungen im Körper deutlich reduziert, das böse Fleisch ist ja schließlich für alles Negative verantwortlich. Liebe Läuferin, lieber Läufer. Foren, Communities, Magazine und Tageszeitungen sind dazu da, um sich auszutauschen. Sich zu informieren, sich zu motivieren. Sich selbst und andere. Wenn es aber um den Körper geht, wenn Ihr Schmerzen habt fragt die, die sich damit auskennen. Und geht lieber zu zwei oder gar drei verschiedenen Ärzten. Die Sprechstunden bei Dr. Google fressen ganz sicher mehr Zeit. Und – man mag es kaum glauben – Ärzte haben irgendwann einmal studiert. Wenn sie sich sehr anstrengen, können sie Euch sogar helfen. Verrückt.
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Auf den Körper hören
Mein Lieblingssatz von vielen Läufern in diesem Zusammenhang: „Man muss nur auf den eigenen Körper hören, in sich hinein spüren, und entsprechend handeln“. Das klingt schön, das klingt logisch, das klingt vernünftig, und grundsätzlich ist daran nichts falsch. Das setzt allerdings voraus, dass man den eigenen Körper wirklich gut kennt, sich lange mit ihm beschäftigt hat. Viel wichtiger: Man handelt nach dem „Hineinspüren“ dann auch entsprechend. Ich kenne sehr viele Läufer, die die Schmerzen gut lokalisieren können, auf den Zentimeter genau, ohne zu wissen, was da eigentlich los ist. Die perfekte Heilmethode ist für viele: „Ach, das laufe ich mir raus“. Was meint das? Es bedeutet, man läuft einfach weiter, man versucht den Schmerz zu ignorieren, in der Hoffnung, dass dieser irgendwann von selbst verschwindet, oder besser mit viel Training. Das mag bei einem Muskelkater noch funktionieren, auch wenn es alles andere als gesund ist. Ich möchte mir allerdings nicht vorstellen was passiert, wenn man versucht, sich einen Ermüdungsbruch „raus zu laufen“!
Das Rauslaufen ist übrigens ein Thema, worüber sich Läufer im Netz sehr gerne austauschen. Meist sind das harte Kerle, die natürlich keinen Arzt brauchen. Also geht es weiter. „Laufen bis der Arzt kommt“ bekommt so plötzlich eine ganz neue Bedeutung. Passen Sie bitte gut auf sich auf!