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Balkonkraftwerk: Sind 800 Watt jetzt erlaubt?

Die Einspeise-Grenze für Balkonkraftwerke wurde in diesem Jahr auf 800 Watt angehoben. Doch was bedeutet das und worauf ist zu achten?

Eine Familie bringt ein Balkonkraftwerk an einen Zaun an.
Eigenen Strom erzeugen? Mit Balkonkraftwerken ist das gar nicht einmal so unrealistisch. © ebay

Das Solarpaket I, also das neueste Gesetz zum Thema Balkonkraftwerke, ist seit März 2024 in Kraft. Unter anderem beinhaltet es die lang ersehnte Erhöhung der Obergrenze für die Einspeisung. Bisher lag diese in Deutschland bei 600 Watt, jetzt wurde sie auf den europäischen Standard von 800 Watt angehoben. Doch was bedeutet das für alle, die über die Neuanschaffung eines Balkonkraftwerks nachdenken? Und was für diejenigen, die bereits eines besitzen? IMTEST erklärt, was nun zu beachten ist.



Was bedeutet die neue 800-Watt-Grenze?

Hier ist es erst einmal wichtig, die Zahl richtig zuzuordnen. Es gibt nämlich einen Unterschied zwischen der Leistung, die das Balkonkraftwerk erzeugen kann, und der, die tatsächlich ins Hausnetz eingespeist werden darf. Die erzeugte Leistung hängt von der Anzahl der Solarpanels und ihrer Maximalleistung ab. Je nach Anlage liegt die sogenannte Peak-Leistung der Panels meist zwischen 100 und 2.000 Watt. Die Einspeisung ins Stromnetz ist jedoch gesetzlich begrenzt. Bis vor kurzem lag die Obergrenze in Deutschland bei 600 Watt. Das neue Solarpaket 1 erlaubt nun eine Einspeisung von bis zu 800 Watt für Balkonkraftwerke.

Das entscheidende Bauteil für die Begrenzung der eingespeisten Leistung ist dabei der Wechselrichter. Er wandelt den von den Panels erzeugten Gleichstrom in Wechselstrom um, der im Haushalt verwendet wird, zum Beispiel für Kaffeemaschinen, Fernseher oder Waschmaschinen. Zudem kontrolliert er, wie viel Strom ins Netz fließt.

Neue Balkonkraftwerke werden demnach wohl nur noch mit Wechselrichtern ausgestattet werden, die 800 Watt ins Hausnetz einspeisen können. Wer bereits ein Balkonkraftwerk hat, kann prüfen, ob der Wechselrichter per Software-Update von 600 auf 800 Watt umgestellt werden kann. Einige Modelle werden auch vom Hersteller automatisch auf die neue Grenze hochgesetzt. Ist beides nicht der Fall ist zur Ausnutzung der vollen Leistung hingegen ein neuer Wechselrichter nötig.



Was muss man bei einer Umstellung auf 800 Watt beachten?

Wichtig zu beachten: Das neue Gesetz legt für die Gesamtleistung der Solarmodule einen Maximalwert von 2.000 Watt fest. Dies soll Nutzenden auch bei schlechtem Wetter einen hohen Ertrag sichern. Der Verband der Elektrotechnik Elektronik Informationstechnik (VDE) sieht darin jedoch ein Sicherheitsrisiko. Er strebt eine erlaubte Höchstleistung von maximal 960 Watt an, um eine Überlastung der Leitungen zu verhindern. Wenn dauerhaft 800 Watt ins Haus eingespeist werden, kann es bei ungünstigen Bedingungen zu Überhitzungen und möglicherweise zu einem Kabelbrand kommen. Laut VDE ist dies wahrscheinlicher, wenn das Balkonkraftwerk maximal 2.000 Watt Leistung erbringen kann, da durchschnittlich nur 700 Watt bei einer Obergrenze von 960 Watt erbracht werden.

Daher gilt: Besitzt das eigene Balkonkraftwerk eine Peakleistung von maximal 960 Watt und keinen Batteriespeicher, ist ein Upgrade des Wechselrichters unproblematisch und kann sofort durchgeführt werden. Liegt die maximale Modulleistung darüber und/oder gibt es einen zusätzlichen Energiespeicher, sollte vor dem Update zur Sicherheit eine Elektrofachkraft konsultiert werden.

Inwiefern beeinflusst die Wattzahl den Nutzen des Balkonkraftwerks?

Für Nutzende eines Balkonkraftwerks können leistungsstarke Solarpanels und eine Speicherlösung im wahrsten Sinne des Wortes auszahlen. Zwar dürfen nur 800 Watt ins Hausnetz eingespeist werden, aber leistungsfähigere Solarpanels können diesen Wert auch bei wolkigem Wetter erreichen. Dadurch steigt die Energieproduktion insgesamt, was Geld spart.

Um den finanziellen Nutzen eines Balkonkraftwerks besser abzuschätzen, hier ein Rechenbeispiel: Ein Zwei-Personen-Haushalt benötigt etwa 2.100 Kilowattstunden Energie pro Jahr. Mit einem Balkonkraftwerk, das eine Gesamtleistung von 2.000 Watt hat, kann der Wechselrichter häufiger die erlaubten 800 Watt ins Haus einspeisen. In Hamburg kann man dann davon ausgehen, dass die jährliche Energieproduktion bei knapp über 600 Kilowattstunden liegt. Bei einem Strompreis von 26 Cent pro Kilowattstunde entspricht das immerhin einer Einsparung von rund 160 Euro pro Jahr. Mit einer Speichereinheit kann man noch mehr der selbst produzierten Energie nutzen und das Sparpotenzial erhöhen, wobei der Speicher selbst ebenfalls Kosten verursacht.

Kann das Balkonkraftwerk hingegen nur 960 Watt leisten und hat keinen Speicher, wie vom VDE bevorzugt, verringert sich die mögliche jährliche Ersparnis. Laut Stecker-Solar-Simulator der Hochschule für Technik und Wirtschaft (HTW) in Berlin liegt das Sparpotenzial in diesem Szenario bei rund 110 Euro.



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Autorinnen-Foto von Dr. Lotta Kinitz in Farbe.

Dr. Lotta Kinitz schloss 2016 ihren Bachelor of Science an der HAW Hamburg ab. Anschließend absolvierte sie in Bonn den Master in Lebensmitteltechnologie und promovierte im Fachbereich für Haushaltstechnik. Ihre Doktorarbeit schrieb sie über mögliche Verbesserungen der Norm zur Prüfung von Geschirrspülmaschinen, um diese relevanter für Verbraucherinnen und Verbraucher zu machen.

Bei IMTEST ist sie seit 2022 ebenfalls vor allem dafür zuständig, dass unsere Produkttests wissenschaftlich, aber auch nachvollziehbar und relevant ablaufen. Dabei testet sie selbst mit Vorliebe alles, was im Haushaltsbereich zu finden ist: Von Küchenmaschinen, über Saugroboter und andere ‚smarte‘ Home-Geräte bis hin zu Waschtrocknern, Backöfen und Kaffeevollautomaten kommt bei ihr alles unters kritische Prüferinnen-Auge. Um stets auf dem Laufenden über Neuerungen zu bleiben, ist sie zudem Mitglied des Fachausschusses für Haushaltstechnik in der Deutschen Gesellschaft für Hauswirtschaft.

Ihre Ausbildung sowie ihre derzeitige, nebenberufliche Tätigkeit als Lehrbeauftrage für Haushaltstechnik und Physik an der HAW Hamburg geben ihr zudem die Grundlage für die Position der IMTEST-Expertin für Energiethemen, wie Balkonkraftwerke und mobile Powerstations.