Die Siedler ist noch immer eine der beliebtesten Aufbau-Strategie-Reihen überhaupt. Erfunden hat die knuffige Aufbau-Wuselei aus dem Jahre 1993 das deutsche Entwickler-Urgestein Volker Wertich, der bis heute nicht vom Genre lassen kann. Sein neuester Streich: Pioneers of Pagonia, das IMTEST auf der Gamescom 2023 erstmals spielen konnte.
Pioneers of Pagonia: Aufbau-Strategie, die den Namen verdient
Auf den ersten Blick ähnelt Pioneers of Pagonia seinem berühmten Vorbild deutlich. Aus der Draufsicht werden Gebäude errichtet, Wege gezogen, Warenketten geplant und neue Länder erschlossen. Dabei ist Wertich, der IMTEST sein neues Spiel auf der Gamescom persönlich präsentiert, besonders wichtig, dass hier wirklich alles simuliert ist. So ist jeder Bewohner, von denen es im späteren Verlauf einer Partie mehrere Tausend in einer Siedlung geben soll, laut dem Kreativkopf eine eigens berechnete Entität. Dazu gehören ein Tagesablauf genauso wie Bedürfnisse und der Beruf. Der Spieler muss bei Pioneers of Pagonia also eine Siedlung planen, die genug Rohstoffe und Waren bereitstellt, um stetig zu wachsen und seine Bewohner zufriedenzustellen.
Genau wie im Klassiker Die Siedler 2 stehen bei Pioneers of Pagonia dabei die Wege im Zentrum der Planung. Jedes händisch platzierte Gebäude, von der Holzfäller-Hütte bis zur Gildenhalle, braucht einen Anschluss ans Wegenetz. Das besteht zunächst nur aus Trampelpfaden, die aber im Spielverlauf zu gepflasterten Wegen ausgebaut werden können. Diese Wege haben allerdings nur eine begrenzte Kapazität. Ballen sich an einer Stelle die Waren und Träger, kommt es an anderer Stelle zu Engpässen. Entsprechend klug muss man seine Produktionsgebäude platzieren – auch, um die Wege zwischen den Abbaustätten und weiterverarbeitenden Betrieben möglichst kurzzuhalten. Damit ein Gebäude errichtet wird, müssen zunächst die Baumaterialien herangeschafft werden. Dann wird von eifrig schaufelnden Einwohnern planiert, bevor die Häuser mit Hammer und Nagel hochgezogen werden.
Waren, so viele Waren
Damit Genre-Fans auch richtig was zu tun bekommen, setzt Pioneers of Pagonia auf ein sehr umfassendes Warensystem. Anstatt zum Beispiel den Holzfäller einfach nur Bäume fällen zu lassen, die im Anschluss vom Sägewerk in Bretter verwandelt werden, gibt es im Aufbauspiel gleich drei Arten von Holz. Neben Feuerholz, das im Wald entsteht, wenn ein Holzfäller die Stämme entastet, findet sich hartes und weiches Holz. Dies wird in unterschiedliche Bretter geschnitten, die dann wieder unterschiedliche Funktionen erfüllen – eine Sorte wird zu Bauholz, die andere in Werkzeugen verarbeitet.
Wertich betont, dass man dem Spieler mit dieser vordergründigen Komplexität klarer vermitteln möchte, welche Waren er wofür wirklich braucht. So sei es einfacher zu erkennen, wie viel Holz sich für Baumaßnahmen wirklich im Lager befindet, als bei gemeinsamer Verwertung. Gleichzeitig dürfte die Detailfülle der Systeme Aufbau-Fans begeistern. So können Förster etwa das liegengebliebene Feuerholz bei ihren Anpflanz-Ausflügen aufsammeln. Dies kann der Spieler aber auch per Klick im Gebäude untersagen, damit die Wälder schneller wachsen.
Generell kann der Spieler sehr viele Entscheidungen selbst treffen. So können Holzfäller zum Beispiel per Markierung auf ein Gebiet fokussiert werden. Gleichzeitig kann man entscheiden, ob alle Bäume gefällt werden sollen, oder nur die ausgewachsenen. Letzteres ist effizienter, zumal große Bäume den Wald selbstständig weiter ansäen. Soll allerdings ein Baubereich geräumt werden, müssen auch die Sprösslinge möglichst schnell weg. Das klingt zunächst kompliziert, soll aber vor allem Entscheidungsfreiheit treffen. Laut Wertich soll es auch möglich sein, einfach die Gebäude zu platzieren, damit alles einigermaßen funktioniert. Wer aber alles bis ins letzte Detail optimieren möchte, dürfte bei Pioneers of Pagonia ebenfalls glücklich werden. Natürlich gibt es auch Lagerhäuser, deren Inhalt manuell bestimmt werden darf.
Hübsche Kulisse, hoher Wuselfaktor
Schön ist auch, dass Pioneers of Pagonia keineswegs nur auf mechanischer Ebene einen guten Eindruck macht. Die Kulisse ist farbenprächtig und verspielt. Der Look ist fantasievoll und eher comichaft, zeigt gleichzeitig aber nette Details, etwa wenn Einwohner im Wirtshaus verweilen oder Träger ihre Last abladen. Zudem ist der klassische “Wuselfaktor” hoch. Überall tummeln sich die kleinen Figuren, schleppen, hacken, klopfen oder sägen. An jeder Ecke lohnt es sich, näher an die Aktionen der Arbeiter heranzuzoomen. Das ist schön und prägt den pittoresken Charme dieser Aufbau-Hoffnung.
Militärisch wird es übrigens auch: Ähnlich wie in Die Siedler 2 können die Spieler dabei zwar ihre Truppen ausbilden und ausrüsten, es wird aber keine direkt gesteuerten Schlachten im Echtzeit-Strategie-Spiel geben. Stattdessen sollen indirekte Befehle erteilt werden können, aus denen die Truppen des Befehlshabers dann das Beste machen. Vorher muss natürlich die entsprechende Industrie hochgezogen werden – mit allen Warenketten, die dazu gehören. Die möglichen Feinde sind übrigens auch recht fantasievoll. So soll es Werwölfe geben, die aus den getöteten Pionieren des Spielers neue Truppen rekrutieren. Auch Geister und Banditen werden dabei sein.
Keine Kampagne zum Start
Zum Early-Access-Start am 13. Dezember wird es keine Kampagne geben. Stattdessen setzen die Entwickler auf prozedural generierte Umgebungen, damit genug Abwechslung im Spiel bleibt. Auch der kompetitive Mehrspieler-Modus ist nicht dabei. Stattdessen stellte Wertich den möglichen Start des kooperativen Bauens in Aussicht.
Vorab-Fazit
Wenn nicht noch richtig was schiefgeht, dürfte Pioneers of Pagonia zum Early-Access-Start am 13. Dezember genau das Spiel werden, das sich Fans von “Die Siedler” seit Jahren wünschen. Knuffige Optik, tiefgehende Wirtschaftssysteme, viel planerischer Anspruch und der obligatorische Wuselfaktor machen aus der neuen Aufbau-Strategie von Branchenveteran Volker Wertich einen echten Hoffnungsträger. Falls dann noch Langzeitmotivation und Militär-Part passen, steht dem Aufbau-Spaß nichts mehr im Wege.