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Hohe Strompreise: VDA fordert bezahlbare Mobilität

Hohe Strompreise, sinkende Fördergelder. IMTEST will wissen, wie die Zukunft von Elektroautos in Deutschland aussieht und hat dazu Hildegard Müller, Präsidentin des Verbands der Automobilindustrie (VDA) interviewt.

Elektroauto beim Aufladen
© Kindel Media / Pexels

Die deutsche Automobilindustrie investiert massiv in Forschung, Entwicklung und Produktion von Elektroautos. Das Ziel ist klar: klimaneutrale Mobilität. Und das kommt auch bei den Verbrauchern gut an. Während es im Jahr 2021 laut Statista 309.083 zugelassene Elektroautos gab, waren es im April 2022 bereits doppelt so viele. Doch aktuell machen es steigende Strompreise und sinkende Fördergelder den Menschen schwer, sich für ein neues E-Auto zu entscheiden. Zu ungewiss sind die etwaigen Kosten. IMTEST hat bereits ausführlich über dieses Thema berichtet.



Hildegard Müller, Präsidentin des VDA, über die Zukunft der E-Mobilität

Im Interview spricht IMTEST mit Hildegard Müller, Präsidentin des Verbands der Automobilindustrie, über ihre Einschätzung zu dieser Lage. Der Verband der Automobilindustrie hat sich zur Aufgabe gesetzt, für die richtigen Rahmenbedingungen zu sorgen, damit Unternehmen ihre Visionen realisieren und ihre Angebote erfolgreich auf den Markt bringen können.

Hildegard Müller, Verband der Automobilindustrie
Hildegard Müller, Präsidentin des Verbands der Automobilindustrie © VDA / Butzmann

IMTEST: Die Förderung für Elektroautos soll Ende 2022 auslaufen. Wie ist Ihre Einschätzung dazu? Werden sich die Menschen ab 2023 noch für Elektroautos interessieren und kaufen? Was sollte die Politik Ihrer Meinung nach tun? Dass E-Autos zwar teuer in der Anschaffung aber günstig im Betrieb sind – das wird es ja bald nicht mehr geben. Die Entwicklungen scheinen für E-Auto-Besitzer ja kaum mehr planbar und vorhersehbar. Wie kann man Menschen, die aktuell bereits ein E-Auto besitzen, die Angst nehmen?

“Die Zahlen sprechen eine eindeutige Sprache: Die Förderung durch den Umweltbonus wirkt und beschleunigt den Umstieg auf die Elektromobilität. Durch die Aufstockung der Förderung im Juni 2020 haben sich die E-Neuzulassungen von 20.000 pro Monat auf weit über 50.000 pro Monat erhöht. Umso bedauerlicher ist es, dass die Politik hier kein ausreichendes Signal für eine Fortführung gibt. 

Hinzu kommt: Die hohen Strompreise werden zu einer immer größeren Belastung. Bleiben sie dauerhaft so hoch, wären auch sie Gift für die zuletzt erfreulichen Zahlen beim Hochlauf der Elektromobilität. Fakt ist: Mobilität muss bezahlbar und für alle zugänglich bleiben. Denn Mobilität bedeutet soziale Teilhabe.

Die explodierenden Energiekosten sind eine enorme Belastung. Die Politik muss jetzt alles dafür tun, um die Energiekosten für die Verbraucherinnen und Verbraucher zu senken und gleichzeitig die Wettbewerbsfähigkeit für die Unternehmen zu gewährleisten. Das heißt: Die Stromsteuer muss schnellstmöglich auf das europäische Mindestmaß abgesenkt werden. Auch ein Industriestrompreis würde zu einer entsprechenden Entlastung führen.

Hildegard Müller, Präsidentin Verband der Automobilindustrie

Über 100 E-Auto-Modelle deutscher Hersteller

IMTEST: Die Menschen, die mit dem Gedanken gespielt haben, sich ein E-Auto zuzulegen, für die ist ein Verbrenner ja aktuell wieder viel attraktiver. Wie kann man sie trotzdem vom Gegenteil überzeugen?

Der Zuspruch der Menschen für die E-Mobilität ist groß: Jedes vierte in Deutschland neu zugelassene Auto ist ein E-Auto. Schon heute gibt es gut 100 E-Modelle deutscher Automobilhersteller. Bis Ende 2024 werden es 150 sein, vom Kleinwagen bis zur Oberklasse – da ist für jeden etwas dabei.

Klar ist: Der Erfolg der E-Mobilität steht und fällt mit dem Ausbau der Ladeinfrastruktur. Die Menschen brauchen die Gewissheit, überall und zu jeder Zeit unkompliziert laden zu können. Das zeigen Umfragen immer wieder. Bei der Ladeinfrastruktur aber hinkt Deutschland massiv hinterher. Wir brauchen jetzt einen Turbo beim Ausbau: mehr Lademöglichkeiten in den Innenstädten, entlang der Fernstraßen und Autobahnen, beim Handel, an Tankstellen, in Parkhäusern, überall.

Hildegard Müller, Präsidentin Verband der Automobilindustrie

Ziel: 15 Millionen E-Auto bis 2030 auf deutschen Straßen

IMTEST: Eigentlich sollten Elektroautos ja maßgeblich zur Verkehrswende beitragen. Wie sehen Sie die Zukunft?

“Die deutsche Automobilindustrie steht aus fester Überzeugung hinter den Pariser Klimazielen und will und wird schnellstmöglich klimaneutrale Mobilität realisieren. Auf diesem Weg hat die Elektromobilität eine Schlüsselrolle. Die deutsche Automobilindustrie tätigt deshalb massive Investitionen: Bis 2026 investiert sie rund 220 Milliarden Euro in Forschung und Entwicklung, 100 Milliarden Euro in den Umbau von Werken kommen bis Ende des Jahrzehnts hinzu.

Klar ist: Das Ziel der Koalition von 15 Millionen E-Autos in Deutschland bis 2030 darf gerade mit Blick auf die aktuelle Situation keine unerreichbare politische Wunschvorstellung sein! Es braucht die entsprechenden Rahmenbedingungen für die Industrie sowie für die Verbraucherinnen und Verbraucher, um das Vorhaben tatsächlich erfolgreich zu realisieren.”

Hildegard Müller, Präsidentin Verband der Automobilindustrie

Fazit

Bleiben die Strompreise allerdings weiter hoch oder steigen sogar noch weiter, könnte es zu Kaufblockarden bezüglich E-Autos kommen. Wenn auch die Förderung dieser Autos niedriger wird, entfällt fast jeglicher finanzieller Anreiz, sich für ein Elektroauto zu entscheiden. Dies gilt auch für Wasserstoff betriebene Autos.

Wer trotzdem umweltfreundlich und günstig Auto fahren möchte, hat aktuell wenige Alternativen. Für Hausbesitzer könnte eine Photovoltaikanlage inklusive Wallbox eine Möglichkeit darstellen.



Sharing statt Kaufen

Da eine PV-Anlage aber für Bewohner eines Mehrfamilienhauses beziehungsweise für Mieter nicht in Frage kommt, fährt man vielleicht aktuell am Besten damit, sich ein Auto bei Bedarf zu mieten statt neu zu kaufen. So kann man zum einen den Markt eine Weile beobachten und zum anderen verschiedene Modelle testen und dann zuschlagen, sobald die Preise wieder sinken.



Portrait Kathrin Schräer

Kathrin Schräer hat an der Hochschule Bonn-Rhein-Sieg Technikjournalismus studiert und ihr Studium als Diplom-Journalistin (FH) erfolgreich abgeschlossen. Anschließend sammelte sie nach ihrem Videojournalismus-Volontariat bei einem Lokal-Fernsehsender mehrere Jahre Erfahrung als Redakteurin bei einer Kölner TV-Produktionsfirma sowie in der Distribution einer Mediaagentur in Hamburg.
Seit 2022 arbeitet Kathrin bei IMTEST, wo sie überwiegend E-Bikes, Gravelbikes und E-Scooter testet, aber auch Zubehör wie Schlösser, Helme und Lichter werden von ihr auf Herz und Nieren geprüft. Als Expertin auf diesem Gebiet schreibt sie zu diesen Themen ebenso Ratgeber, News und Kaufberatungen.