Google und Aktion Mensch analysieren gemeinsam die Barrierefreiheit. Das Ergebnis: Nur jeder fünfte der meistbesuchten Webshops in Deutschland ist barrierefrei. Dabei gilt Barrierfreiheit als ein wesentliches Qualitätsmerkmal für einen “guten Onlineshop”, so Google Inklusionsbauftragte Isabelle Joswig. Und obendrein: “betriebswirtschaftlicher Unfug”, wie Jürgen Dusel festhält, Beauftragter der Bundesregierung für die Belange von Menschen mit Behinderungen.
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PlayStation hat sich beim Thema Inklusion ins Zeug gelegt.
Studie zeigt: Vier von fünf Online-Shops in Deutschland nicht barrierefrei
Eine aktuelle Untersuchung der Aktion Mensch und Google offenbart gravierende Mängel bei der digitalen Barrierefreiheit deutscher Online-Shops. Nur etwa 20 Prozent der 71 meistbesuchten Shopping-Portale erfüllen dem zur Folge grundlegende Kriterien für eine barrierefreie Nutzung.
Die Studie, die zum zweiten Mal durchgeführt wurde, zeigt keine Verbesserung im Vergleich zum Vorjahr. Lediglich 15 der 71 getesteten Webseiten sind über die Tastatur bedienbar – eine Grundvoraussetzung für viele Menschen mit Behinderungen.
Häufige Barrieren sind beispielsweise fehlende Kontraste, ein unlogischer Seitenaufbau und störende Banner. Viele Seiten bieten darüber hinaus keinen sichtbaren Tastaturfokus, was die Navigation für sehbehinderte Nutzer erschwert. Auch eingeblendete Inhalte wie Cookie-Overlays stellen oft unüberwindbare Hindernisse dar.
Barrierefreiheit hat nichts mit “Nettigkeit” zu tun
Christina Marx von der Aktion Mensch betont: “Es ist an der Zeit, digitale Barrieren abzubauen – zumal es in einem Jahr keine Ausreden mehr gibt.” Ab Juni 2025 tritt die EU-Richtlinie zur digitalen Barrierefreiheit in Kraft, die Unternehmen zur barrierefreien Gestaltung ihrer Online-Angebote verpflichtet.
Dusel rät Unternehmen, hier nicht bis zu letzten Sekunde zu warten. Barrierefreiheit, so der Beauftragte, habe nichts mit “Nettigkeit” zu tun. Es sei ein Grundrecht. Zudem hofft er auf die Motivation von Unternehmen, neue Nutzergruppen für sich zu erschließen. Immerhin seien knapp 12,5 Millionen Menschen deutschlandweit von Einschränkungen betroffen und könnte beispielsweise Onlinehops oder Formulare nicht adäquat nutzen. Sei es auf Grund einer Sehbehinderung, motorischen oder kognitiven Einschränkungen.
KI als Schlüssel zu mehr Inklusion
Trotz der ernüchternden Ergebnisse sehen Experten Potenzial in neuen Technologien. Michael Wahl von der Überwachungsstelle des Bundes für Barrierefreiheit von Informationstechnik hebt die Möglichkeiten künstlicher Intelligenz hervor: “KI hat ein großes Potenzial, Barrierefreiheit im Netz zu verbessern und Menschen neue Möglichkeiten zu eröffnen.” Beispielsweise könne KI Bilder oder Graphen beschreiben, die eine normale Audiounterstützung nicht erfassen oder nicht präzise beschreiben könne.
Die Initiatoren der Studie planen, den Test im kommenden Jahr zu wiederholen und lancieren zusätzlich eine Videokampagne mit Handlungsempfehlungen für Webseitenbetreiber.