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ADFC Fahrradklima-Test 2022: Nur ausreichendes Ergebnis

Fahrradfahrer fordern oftmals verbesserte Infrastruktur.

Frau fährt auf einem Fahrradstreifen neben Autos durch die Stadt
© Flyer Bikes | pd-f

Mit der Frage: “Wie ist das Fahrradfahren bei dir vor Ort?” startete der Allgemeine Deutsche Fahrrad-Club e.V. (ADFC) im Herbst vergangenen Jahres seine zehnte große Umfrage in Deutschland. Ziel war es herauszufinden, ob und wie sich das Radfahren in den Städten und Gemeinden zur vorherigen Befragung geändert hat. IMTEST fasst die Ergebnisse zusammen.

245.000 Radfahrende haben an Befragung teilgenommen

Beim zehnten Fahrradklima-Test haben laut ADFC insgesamt 245.000 Radfahrende teilgenommen, 15.000 mehr als bei der letzten Befragung 2020. Insgesamt 1.114 Städte und Gemeinden flossen mit in die Bewertung ein. Punkte, die beleuchtet wurden, waren beispielsweise die Erreichbarkeit des Stadtzentrums, die Breite der Fahrradwege oder die Erreichbarkeit von Nachbarorten im ländlichen Raum. Unter den Teilnehmenden gaben 63 Prozent an, das Fahrrad täglich zu nutzen, 91 Prozent mindestens einmal die Woche.

Es zeigt sich: Wo viel für das Fahrrad und dessen Infrastruktur getan wird, verbessert sich auch das Klima. Allerdings sind die Bewertungen aller Teilnehmenden ernüchtern, dass der ADFC nur eine Gesamtnote von 3,96 für das Fahrradklima in Deutschland vergeben konnte.

Vielerorts entspreche die Infrastruktur noch nicht den Wünschen und Erwartungen der Radfahrenden, so der ADFC. Der Befragung nach finden 80 Prozent die Radwege zu schmal, 72 Prozent sind mit den Falschpark-Kontrollen auf Radwegen unzufrieden und 70 Prozent fühlen sich beim Radfahren einfach nicht sicher. Daher fordert der ADFC nach eigenen Angaben einen Ausbau der Fahrradinfrastruktur und appelliert an die Kommunen, die Fördermaßnahmen des Bundesministeriums für Digitales und Verkehr (BMDV) zu nutzen.

Diese Punkte wurden am besten bewertet:

  • Erreichbarkeit des Stadtzentrums, Note 2,7
  • In Gegenrichtung geöffneter Einbahnstraßen fahren können, Note 2,7
  • Zügiges Radfahren, Note 3,1

Diese Punkte wurden am schlechtesten bewertet:

  • Breite Wege für Radfahrende, Note 4,7
  • Falschparkkontrolle auf Radwegen, Note 4,7
  • Führung an Baustellen, Note 4,7
Grafik von Deutschland, die die Fahrrad-freundlichsten und -feindlichsten Städte zeigt
Der Fahrradklimatest zeigt, dass in den Städten bezüglich der Infrastruktur noch viel getan werden muss. Das Gesamtergebnis ist daher nur ausreichend. © ADFC

 „Der ADFC-Fahrradklima-Test ist ein echtes Stimmungsbarometer. Er zeigt den Kommunen im Detail, wie ihre Maßnahmen bei den Menschen ankommen, wo sie bereits gute Arbeit geleistet haben und wo noch Nachbesserungsbedarf besteht. Leider ist für eine attraktive Radinfrastruktur in Deutschland noch viel zu tun. Radfahrende wünschen sich bessere und breitere Radwege, weniger Konflikte mit Autofahrenden, weniger Falschparker:innen auf Radwegen und sichere Baustellenumleitungen. Einige Großstädte haben investiert und konnten sich verbessern. Auf dem Land hingegen tut sich nicht viel, obwohl es auch hier großes Potenzial und viele Möglichkeiten zur Förderung des Radverkehrs gibt. Viele Radfahrende sind unzufrieden. Wir alle wollen, dass sich das ändert. Damit beim nächsten Fahrradklima-Test das Gesamtergebnis endlich besser wird, müssen alle an einem Strang ziehen und jetzt gemeinsam in die Pedale treten.“

Rebecca Peters, ADFC-Bundesvorsitzende

Insgesamt ist laut ADFC eine leichte Verbesserung bei Großstädten über 500.000 Einwohnern zu erkennen. Diese beziehen sich insbesondere auf eine verbesserte Fahrradförderung in jüngster Zeit, auf das Angebot an öffentlichen Rädern und Abstellanlagen sowie die Falschparkkontrollen. Anders sieht es im ländlichen Raum aus, wo das Fahrradklima stagniert. Zwar gibt es hier insgesamt mehr Platz zum Fahrradfahren und daher weniger Konflikte mit Autos, von einer Verkehrswende sei laut Umfrage nichts zu spüren.

Bremen, Münster und Wettringen mit besten Ergebnissen

Berthold Bültgerds, Dr. Volker Wissing und Ann-Kathrin Schneider hinter einem Rednerpult
Auf einer Pressekonferenz wurde die Ergebnisse des 10. ADFC Fahrradklima-Test bekannt gegeben. © ADFC

Gewinner bei den Metropolen ist Bremen vor Frankfurt und Hannover. Bei den Städten über 200.000 Einwohnern holt sich Münster den ersten Platz, gefolgt von Karlsruhe und Freiburg (Breisgau). Ein Sonderpreis fürs Radfahren im ländlichen Raum geht an Wettringen in Nordrhein Westfalen. Bundesverkehrsminister Dr. Volker Wissing zeichnete die 25 fahrradfreundlichsten Städte aus.

Tabelle, die Informationen darüber gibt, welche Städte am fahrradfreundlichsten sind, nach Größe gestaffelt
Der ADFC hat bei seinen Bewertungen die Größe der Städte und Gemeinden berücksichtigt. © ADFC

„Wir wollen es den Menschen leicht machen, sich für den Radverkehr zu entscheiden. Deshalb unterstützen wir die zuständigen Länder und Kommunen dabei, die Radverkehrsinfrastruktur vor Ort einladend, komfortabel und sicher auszubauen. Wir haben in dieser Legislatur Finanzierungs- und Planungssicherheit für die Kommunen geschaffen. Wir investieren unter anderem in den Aus-, Neu- und Umbau von Radwegen, in die bessere Verknüpfung von Bahn, ÖPNV und Rad, in mehr und sichere Abstellmöglichkeiten an Bahnhöfen. Das stärkt auch das Rad im ländlichen Raum. Der Fahrradklimatest hat deutlich gezeigt, dass die Förderung vor Ort honoriert wird und dies den Erwartungen der Menschen entspricht. Auch die Gewinner des Fahrradklima-Tests bestärken mich, diese Strategie fortzusetzen. Ich gratuliere den Gewinner-Städten und appelliere an alle, die noch aufholen müssen: Nutzen Sie unsere Förderangebote und investieren Sie in den Radverkehr. Wir unterstützen Sie weiterhin gerne. Im Juli starten wir einen neuen berufsbegleitenden Lehrgang „Einladende Radverkehrsnetze planen und umsetzen“, damit sich die Fachkräfte in den Kommunen weiterbilden können und die Kompetenz für den Radverkehr vor Ort weiter gestärkt wird. Der heutige Termin soll auch signalisieren: Wir stehen gemeinsam an Ihrer Seite, damit überall in Deutschland die Menschen gerne aufs Rad steigen.“

Dr. Volker Wissing, Bundesverkehrsminister

Der ADFC ist nach eigenen Angaben die größte Interessenvertretung für Fahrradfahrende weltweit und hat mehr als 215.000 Mitglieder. Der Club setzt sich stark für die Verkehrswende ein, wobei das Fahrrad im Mittelpunkt steht. Ziele sind unter anderem eine fahrradfreundlichere Gesetzgebung, der Ausbau von Fahrradwegen sowie das Ziel, dass Deutschland zum Fahrradland wird.



Fahrradstreifen mit Markierung in einer Stadt.
© Markus Spiske / Unsplash

Fahrradklima-Test: Umfrage vom 1. September bis 30. November

Insgesamt 30 Fragen sollen die Teilnehmenden beantworten. Unter anderem geht es darum, wie oft das Rad genutzt wird, ob Radfahren Spaß oder Stress bedeutet und ob Radwege beispielsweise oft durch Falschparker versperrt sind. Ebenso möchte der ADFC wissen, wie sicher sich Familien mit Kindern beim Radfahren fühlen.



Die Umfrage ist bis zum 30. November freigeschaltet. Die Ergebnisse sollen im Frühjahr 2023 präsentiert werden. Das Bundesministerium für Digitales und Verkehr fördert übrigens den ADFC Fahrradklima-Test aus Mitteln zur Umsetzung des Nationalen Radverkehrsplans. Die Umfrage findet alle zwei Jahre statt. Bei der letzten Durchführung 2020 haben sich 230.000 Radfahrer beteiligt. Bewertet wurden 1.024 Kommunen, wobei je nach Größe der Stadt immer eine gewisse Mindestteilnahme von Personen erforderlich ist.

Ergebnisse von 2020 nur ausreichend

Die Ergebnisse des Fahrradklima-Tests von vor zwei Jahren wertet der ADFC als ernüchternd. Die Fahrradfreundlichkeit liegt demnach, wie auch schon 2018, bei nur 3,9 – also ausreichend. Das Sicherheitsgefühlt, Konflikte mit Autofahrern sowie die Breite und Oberfläche von Radwegen waren dabei die häufigsten Kritikpunkte.



Am wohlsten und sichersten fühlen sich laut der Umfrage von 2020 Fahrradfahrer in Bremen, Hannover und Frankfurt/Main (Städte über 500.000 Einwohner), Karlsruhe, Münster und Freiburg im Breisgau (Städte von 200.000 – 500.000 Einwohner) und in Göttingen, Erlangen und Heidelberg (Städte mit 100.000 – 200.000 Einwohner). Diese Tendenz spiegelt ansatzweise auch die kürzlich veröffentlichte Global Bicycle Index Study 2022 wider.


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Kathrin Schräer

Kathrin Schräer hat an der Hochschule Bonn-Rhein-Sieg Technikjournalismus studiert und ihr Studium als Diplom-Journalistin (FH) erfolgreich abgeschlossen. Anschließend sammelte sie nach ihrem Videojournalismus-Volontariat bei einem Lokal-Fernsehsender mehrere Jahre Erfahrung als Redakteurin bei einer Kölner TV-Produktionsfirma sowie in der Distribution einer Mediaagentur in Hamburg.
Seit 2022 arbeitet Kathrin bei IMTEST, wo sie überwiegend E-Bikes, Gravelbikes und E-Scooter testet, aber auch Zubehör wie Schlösser, Helme und Lichter werden von ihr auf Herz und Nieren geprüft. Als Expertin auf diesem Gebiet schreibt sie zu diesen Themen ebenso Ratgeber, News und Kaufberatungen.