Nicht jeder ist mit einem Handy in der Hand auf die Welt gekommen. Technisch Ungeübte sehen sich mit unzähligen Funktionen, Einstellungen, Extras, Hinweisen, Tipps und Updates konfrontiert. Bei Smartphones erhöht sich das Stress-Level. Schnell verwandeln sich dann Menü-Wege in ein Labyrinth, und seltsame Symbole in Fragezeichen. Für Menschen mit ausgeprägter Sehschwäche oder anderen Behinderungen kommen noch weitere Barrieren hinzu. Die Testkandidaten wollen keine Probleme verursachen, sondern lösen. Sie bieten eine vereinfachte Bedienung, erleichterte Lesbarkeit sowie viele Unterstützungs- und sogar Notfallfunktionen. IMTEST hat fünf Mobilfunkgeräte, vier Smartphones und ein Handy, getestet, die sich vor allem für Senioren, Menschen mit Behinderungen und auch Einsteiger eignen.
Handy oder Smartphone?
Im Grunde gibt es zwei Geräteklassen: Smartphones und Handys. Die großen Bildschirme der Smartphones bieten den Vorteil, dass viel Inhalt sichtbar ist. Dafür sind Menüpunkte und Schriften oft recht klein. Handys besitzen physische Tasten, dafür aber einen kleinen Bildschirm. Generell sind beide Begriffe unter Nutzern nicht immer trennscharf. Viele nennen auch ein Smartphone “Handy”, da das Wort flotter gesprochen und eingängig ist. Insofern bringt es nichts, in Schubladen zu denken. Stattdessen ist es sinnvoll, danach zu schauen, welche Anforderungen so ein Gerät erfüllen soll. Und das beginnt mit einer einfachen Bedienung.
Einfache Menüs und echte Tasten
Das Emporia Smart 5 hat einen großen Bildschirm mit 14 cm Diagonale. Die Menüpunkte sind sehr gut erkennbar und deutlich beschriftet. Auf dem Startbildschirm finden Nutzer nur die wichtigsten Funktionen. Die virtuelle Tastatur überzeugt mit großen Buchstaben. Die mitgelieferte Schutzhülle bietet sogar vier physische Knöpfe für Schnellfunktionen, etwa um Anrufe zu tätigen oder die Taschenlampe zu verwenden.
Dem GS195LS von Gigaset fehlen zwar physische Tasten dieser Art. Die Bedienung der Menüs ist aber ähnlich einfach. Die Symbole sind groß und deutlich erkennbar, die Tastatur macht es auch Anfängern leicht, die Buchstaben zu treffen.
Das Nokia 2720 ist ein klassisches Handy und auf das Wesentliche reduziert. Die meisten Schriften sind groß und gut lesbar. Zwar setzt es auf physische Tasten. Doch das Tippen von Texten auf dem Nummernfeld ist deutlich mühseliger als auf den Smartphones. Die Navigationstasten sind zudem nicht eindeutig benannt und außerdem klein.
Nützliche Apps und Bedienungshilfen
Die Senioren-Smartphones im Test bieten im Gegensatz zum Handy vollen Zugang zum Play Store von Google. Damit erlauben sie die Installation unzähliger Apps. Mit denen lassen sich Fahrpläne von Bussen und Bahnen einsehen, mit Freunden und Verwandten schreiben und der Impfpass digital mit sich führen.
Obwohl das Nokia 2720 Flip hier als Handy den Kürzeren zieht, bringt es das Nötigste mit. Es sind sogar WhatsApp, Google Maps und YouTube installiert. Allerdings ist die Bedienung über die Tasten im Vergleich zum intuitiven Tippen auf den Bildschirm eines Smartphones sehr holprig.
Generell bieten nicht nur die Testkandidaten nützliche Bedienungshilfen. Mit denen lassen sich unter anderem Symbole und Schrift vergrößern und Kontraste verstärken damit Schriften besser lesbar sind. Auch eine Schaltersteuerung sieht Android vor, so dass Menschen mit motorischer Einschränkung das Smartphone über angeschlossene Hebel und Schalter bedienen können. Um diese Hilfen zu aktivieren, ist allerdings eine Reise in die Tiefen des Systems nötig.
Tipp von IMTEST: Unerfahrene Nutzer sollten Freunde oder Verwandte fragen, um gemeinsam die richtigen Einstellungen für Bedienungshilfen zu treffen. So lassen sich auch auf einem herkömmlichen Smartphone größere Schriften und Menüpunkte einstellen.
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(Nicht) aller Anfang ist leicht
Für einen unkomplizierten Einstieg legen Emporia, Gigaset und Beafon ihren Geräten gut verständliche und bebilderte Bedienungsanleitungen bei. Zudem glänzen sie als Ratgeber mit tollen Tipps und Hilfestellungen. Nokia und Doro knausern und geben nur eine Kurzanleitung mit, das vollständige Handbuch gibt es online.
Damit das Aufladen kein nerviges Gefummel am kleinen Kabel-Anschluss erzeugt, haben sich Emporia, Gigaset und Doro etwas einfallen lassen: Emporia und Doro setzen auf eine Ladestation, in die man das Gerät einfach reinsteckt. Beim Gigaset GS195LS ist der Anschluss magnetisch. Das Kabel muss also nur rangehalten werden. Das geht zwar recht einfach, dafür steht der Ladeanschluss am Smartphone hervor.
Senioren-Handys im Test: Notfall!
Die Senioren-Handys im Test sind auch für Notfälle gewappnet. So lässt sich per Knopfdruck ein Notruf aussenden, wahlweise an vorher vom Nutzer festgelegte Kontakte oder die Notrufzentrale (112). Bis auf das Nokia Flip 2720 übermitteln die Smartphones auf Wunsch auch den Standort. Um den Notruf zu tätigen, reicht beim Emporia Smart 5 ein längeres Drücken der Taste auf der Rückseite der Handyhülle – schnell, einfach, bestens für den Fall der Fälle. Ähnlich funktioniert das beim Nokia 2722 Flip. Dem Gigaset GS195LS und dem Beafon M6s fehlt eine physische Notfall-Taste. Der Nutzer muss erst den Bildschirm anschalten und dann den entsprechenden Menüpunkt betätigen – das kostet Zeit.
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Für echte Notfälle ungeeignet: Doro 8080
Das Doro 8080 verfügt zwar über eine physische Notfalltaste, doch die ist klein und schwer erreichbar. Schlimmer noch: Die vorher festgelegten Kontakte werden über eine App verständigt. Die müssen die gewünschten Kontaktpersonen aber erst installieren und einrichten müssen. Für die Verständigung im Notfall ist dann eine Internetverbindung nötig. Das birgt Risiken. Selbst wenn Nutzer über einen entsprechenden Tarif verfügen, kann schlechter oder gar kein Internet-Empfang die Verständigung verhindern. Für Telefonate nutzen Smartphones andere Frequenzen, die zuverlässiger sind. Die Notfall-Funktion des Doro 8080 stufte IMTEST daher als mangelhaft ein.
Tipp von IMTEST: Wer Wert auf Notfall-Funktionen legt und die eigene Gesundheit im Blick behalten möchte, sollte mit der Apple Watch liebäugeln. Die kann unter anderem den Blutdruck, den Sauerstoffgehalt und den Herzrhythmus überwachen und verfügt sogar über eine Sturz-Erkennung mit automatischer Notruf-Funktion bei Verletzungen – was den getesteten Geräten fehlt. Dafür ist allerdings auch ein passendes iPhone nötig und die Anschaffung insgesamt deutlich teurer.
Bildschirme und Lautsprecher im Test
Neben den genannten Besonderheiten sollte das Gerät auch technisch etwas taugen. Bei sehr viel Sonnenlicht lässt sich der Bildschirm nur noch schwer ablesen. Dagegen hilft eine hohe maximale Bildschirmhelligkeit, die sich dann automatisch hochdreht. Die Geräte im Test zeigen allerdings nur eine moderate Bildschirmhelligkeit. Das Doro 8080 erreicht immerhin 412 Candela pro Quadratmeter (cd/qm). In dieser Preisklasse ist das ein guter Wert. Top-Smartphones ab 700 Euro bringen es nicht selten auf 900 bis 1.000 cd/qm und sind für sonnige Tage deutlich besser gewappnet. Die 229 cd/qm des Beafon M6s Premium sind im Vergleich dazu äußerst gering und für sonnige Tage kritisch.
Neben einem gut ablesbaren Bildschirm ist für eine einfache Bedienung auch die Lautstärke wichtig. IMTEST prüfte die Lautstärke sowohl der Hörmuschel als auch der Lautsprecher jeweils beim Telefonieren, sowie die Lautstärke des Klingeltons. Im Ergebnis zeigten alle Geräte eine gute Lautstärke. Besonders laut war das Doro 8080 mit 100 Dezibel an der Hörmuschel und 109 beziehungsweise 110 Dezibel per Lautsprecher und Klingelton.
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Senioren-Handys und Hörgeräte
Wer ein analoges Hörgerät nutzt, kennt vielleicht das Problem: Durch die Funkübertragung des Handys wird das Hörgerät beeinflusst und es treten Störungen auf in Form von Rauschen, Summen oder Brummen. Bei digitalen Hörgeräten besteht das Problem in der Regel nicht. Hier kann das Hörgerät per Bluetooth mit dem Smartphone oder Handy verbunden werden. Alle Testkandidaten verfügen über diese Verbindungsmöglichkeit. Für analoge Hörgeräte eignen sich besonders das Emporia smart.5 und das Doro 8080. Beide Geräte haben eine HAC-Einstufung, was heißt, dass sie nachweißlich der Störung entgegenwirken. Das gilt sowohl für Hörgeräte mit akustischer Kopplung (M-Bewertung), als auch mit induktiver Kopplung (T-Bewertung).
Tipp von IMTEST: Nutzen Sie ein analoges Hörgerät, sollten Sie beim Kauf eines Handys oder Smartphones darauf achten, dass es mindestens über eine M3- oder T3- Einstufung verfügt.
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Fazit: Smartphones für Senioren im Test
Eine einfache Bedienung trotz der komplexen Technik eines Smartphones – das ist eine echte Herausforderung für die Hersteller. Am besten gelingt das Emporia. Das Gerät bietet eine einfache und übersichtliche Bedienoberfläche samt großer Tastatur, eine sehr gute Notruf-Funktion, Unterstützung für analoge Hörgeräte, eine praktische Ladestation und eine Hülle, die das Gerät um physische Tasten erweitert. Überdies ist es gegen Spritzwasser geschützt. Ein echter Preis-Tipp ist das günstige und brauchbare Beafon M6s Premium. Das Nokia 2720 Flip ist kein schlechtes Gerät, bietet als Handy aber nur das Nötigste und kann bei Kamera, Bildschirm, Hilfsfunktionen und mehr leider nicht mithalten.