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Prince of Persia: The Lost Crown im Test: Neuer Prinz, neues Glück?

Endlich: Der persische Prinz kehrt auf die Bildschirme zurück!

Titel-Grafik des Spiels Prince of Persia The Lost Crown.
© Ubisoft

Lange ist es her, dass die Worte “Prince of Persia” den Titel eines Videospiels zierten. Die letzten starken Action-Adventure der Sands-of-Time-Trilogie feiern ihre zwanzigsten Geburtstage, der letzte große Teil erschien 2010. Der Grund: Assassin’s Creed hatte die Marke als führendes Abenteuer aus dem Hause Ubisoft abgelöst. Doch jetzt wagt ausgerechnet Ubisoft Montpellier mit Prince of Persia: The Lost Crown den Neustart der Marke. Und das ließ hoffen – immerhin können die Franzosen Qualität, wie Valiant Hearts, Rayman Legends oder ZombieU beweisen.

Prince of Persia: The Lost Crown

  • PC, PS5, PS4, Xbox Series X, Xbox One, Switch
  • 49,99 Euro
  • 25 Stunden (Story)
  • Ab 12 Jahren
  • Min. 25 GB (Konsole) bzw. 30 GB (PC)
  • Action-Adventure

Die Rückkehr des persischen Prinzen

Grundsätzlich kehrt Prince of Persia mit The Lost Crown zum spielerischen Ursprung der Reihe zurück. Das erste Abenteuer von Broderbund aus dem Jahre 1989 war nämlich ein Action-Adventure aus der Seitenansicht. Der Prinz musste Fallen überwinden, Feinde besiegen und aus dem Kerker entkommen, um letztlich den fiesen Großwesir Jaffar zu überwältigen. Diesen spielerischen Faden greift The Lost Crown auf – und verbindet ihn mit so ziemlich allen Mechaniken, welche die Spiele-Welt in den letzten 35 Jahren für das mittlerweile Metroidvania genannte Sub-Genre erdacht hat. Dieser Name ist übrigens an die beiden stilprägenden 2D-Action-Adventure ihrer Zeit angelehnt: Metroid und Castlevania.

Screenshot aus Prince of Persia: The Lost Crown. Die Spielfigur steht links neben einem goldenen Baum mit weißer Krone.
Am Wak-Wak-Baum wird gespeichert. Die Kulisse verlässt sich auf einen Comic-Inspirierten Look. © Ubisoft / IMTEST

Die Story von The Lost Crown ist dabei recht einfach erzählt: Protagonist Sargon ist ein junger Kämpfer im persischen Reich, der das Land gemeinsam mit den “Immortals” gegen Invasoren verteidigt. Kurz nach einem großen Sieg wird der persische Prinz von einem Mitglied der Unsterblichen entführt. Die Königin befiehlt die sofortige Verfolgung, welche die Gruppe in den Berg “Qaf” führt. Dieser ist das Reich von Simurgh, Gott der Zeit und des Wissens. Das Problem: Der Gott ist verschwunden. Seine Heimat ist gefangen in einem Fluch der Zeit, der Zeitlinien verwirbelt und negativen Einfluss auf die Bewohner hat. Natürlich gibt es während des Abenteuers einige unerwartete Wendungen – grundsätzlich bleibt die Handlung interessant, aber weitestgehend im Hintergrund.

Prince of Persia: The Lost Crown – die hohe Kunst des Metroidvanias

Und das ist gut so, denn spielerisch ist Prince of Persia: The Lost Crown ein modernes Metroidvania im Stil von Hollow Knight, Ori and the Will of the Wisps oder Metroid Dread. Sargon erkundet eine riesige, halboffene Welt, deren Bereiche auf zweidimensionaler Ebene, also oben, unten, links und rechts angeordnet sind. Im Fokus steht dabei die akrobatische Bewegung des Kämpfers. Der geschmeidige Held kann sich von Wänden abstoßen, an Stangen schwingen und mithilfe der nach und nach gesammelten Zeit-Fähigkeiten auch schnell zur Seite ausweichen.

Screenshot aus Prince of Persia: The Lost Crown.
Fiese Fliegeviecher: Auch Mini-Dämonen mit Flügeln gibt es. © IMTEST / Ubisoft

So erschließt man auf der Suche nach dem jungen Thronfolger zahlreiche, abwechslungsreiche Level, die mit einer Vielzahl von Fallen und Feinden aufwarten. Gespeichert und gerastet wird an goldenen Wak-Wak-Bäumen. Hier füllt sich die Lebensleiste des Kämpfers und auch seine Heiltränke werden wieder einsatzbereit gemacht. Zudem kehrt man nach einem Tod direkt zum letzten Speicher-Baum zurück. Das erinnert etwas an die typische Soulslike-Formel, allerdings geht glücklicherweise keine Beute beim Bildschirmtod verloren.

Im Kampf tritt Sargon mit seinen beiden Klingen an, die sich gegen gesammelte Zeitkristalle und seltene Ressourcen aufwerten lassen. Zusätzlich erlangt der Held einen Bogen, mit dem er auch Feinde in der Luft effizient ausschalten kann. Weiterhin kann der Spieler Medaillons ausrüsten, welche jeweils eigene Effekte mitbringen. So gibt es Anhänger, die die Lebensleiste erweitern oder ihn nach dem ersten Tod effektvoll wiederbeleben. Sargon kann alle Ausrüstungsgegenstände im zentralen Hub-Bereich der Karte bei einer Schmiedin aufwerten. Hierfür werden neben den aus besiegten Feinden ploppenden Zeitkristallen allerdings seltene Materialien und Währungen benötigt, für die zum Teil ziemlich anspruchsvolle Sprungpassagen oder Kämpfe gemeistert werden müssen.



The Lost Crown: Mit Gefühl und Präzision

All das klingt zunächst vielleicht nicht besonders neu, Ubisoft Montpellier gelingt es aber, die einzelnen Elemente unheimlich passgenau zusammenzufügen. Zudem brillieren die Entwickler bei der Steuerung. Denn egal, ob im dynamischen Kampf oder bei einer blitzschnellen Sprungpassage: Sargon besitzt eine Fülle von Manövern, die mit etwas Übung am Controller sehr präzise ausgelöst werden können. Das kommt auch den Kämpfen mit fiesen Zombie-Kriegern, Riesen-Wildschweinen oder tiermenschlichen Wald-Schamanen zugute. Das Monster-Design ist übrigens durchweg abwechslungsreich und gelungen. Sargon begegnet der ganze Feind-Palette: von farbenfrohen Vögeln und schleimige Wurm-Türen, über laufende Bäume und Giftpfeil-bewehrte Rattenkrieger.

Screenshot aus Prince of Persia: The Lost Crown
Cooles Gegnerdesign: Die Feinde passen immer zur Umgebung. Dieses Wildschwein will Ärger. © IMTEST / Ubisoft

Die Fieslinge attackieren Sargon mit einer Mischung aus unblockbaren Attacken, parierbaren Standard-Angriffen oder heftigen Sonder-Angriffen, die allerdings mit einem gut abgepassten Block in einen brutalen Konter-Angriff verwandelt werden können. Der Spieler muss den Attacken gezielt ausweichen, schnelle Gegenschläge setzen oder die Gegner gezielt in die Luft schleudern, um sie hier weichzuklopfen. Zudem besitzt der Kämpfer sogenannte Atha-Angriffe. Das sind Spezialmanöver, die über eine aufladbare Leiste ausgelöst werden. Es gibt zwei Stufen dieser Angriffe, wobei immer nur jeweils eine ausgerüstet werden kann. Der Held lernt im Spielverlauf eine ganze Reihe dieser Attacken, die je nach Bedarf ausgetauscht werden können.

Leicht sind die Kämpfe aber nicht: schon zu Beginn teilen die einfachen Kämpfer und Bogenschützen ordentlich aus. Später gibt es dann noch gemeine Sonderkandidaten wie unsichtbare Geister, die Sargons Lebensleiste mit einem hinterhältigen Griff dauerhaft auf ein Minimum reduzieren. Es gibt sogar einen immer wieder auftauchenden Feind, den der Held erst im Spielverlauf nach Erlernen einer Zeit-Fähigkeit in die ewigen Jagdgründe schicken kann.

Eine Welt voller Möglichkeiten

Auch das Weltdesign ist den Entwicklern gleich auf mehreren Ebenen richtig gut gelungen. Sargon streift durch lichtdurchfluteten Säle, reist in die vermoderte Kanalisation. Er erkundet düstere Wälder, verwunschene Bibliotheken und sandgefüllte Abgründe. Jeder Abschnitt fühlt sich frisch und unverbraucht an, bringt neue Gegner und eigene Stimmungen mit sich. Bei der Navigation der Gebiete bedienen sich die Entwickler dabei eines wohlbekannten Tricks. Oftmals gibt es einen direkten Weg, der allerdings zunächst versperrt ist. Sargon muss zunächst die längere Route wählen, Abgründe, Stacheln oder Sprungpassagen überwinden nur um von der anderen Seite wieder vor genau der gleichen Tür zu stehen, um die Abkürzung zu öffnen. Wie für das Genre üblich gibt es natürlich auch an jeder Ecke unerreichbare Wege, für die Sargon zunächst eine neue Fähigkeit oder einen Gegenstand braucht, um sie beschreiten zu können.

Auch spielerisch ist die Welt von Prince of Persia: The Lost Crown unheimlich kurzweilig entworfen. Jeder neue Abschnitt bringt auch eine neue Spiel- oder Rätselmechanik mit, auf die man sich einstellen muss. Mal hängt die Existenz von Plattformen von der Laufrichtung der Spielfigur ab, mal müssen Sprungpassagen absolviert, mal Dimensionsglocken aktiviert werden. Das macht richtig Spaß, denn auf diese Weise ist jederzeit die eigene Auffassungsgabe und Geschicklichkeit gefordert. Zumal The Lost Crown viele kleine Rätsel einstreut, die den Sprung- und Kampf-Alltag gekonnt auflockern.

Screenshot aus Prince of Persia: The Lost Crown. Die Spielfigur schaltet effektvoll einen Feind aus.
Finish him! Starke Konter werden effektvoll in Szene gesetzt. © IMTEST / Ubisoft

Gleichzeitig gibt es überall wahnsinnig viel Sinnvolles zu finden und entdecken. So gibt es geheimnisvolle Truhen, die meist erst nach einer Rätsel-Aufgabe oder einem harten Kampf geöffnet werden können. Zusätzlich gibt es immer wieder extra schwere Sprung-Herausforderungen, um an versteckte Münzen und Ressourcen zu gelangen. Zudem sind neun teils richtig umfangreiche und anspruchsvolle Nebenaufgaben in der Welt verstreut, bei denen Sargon den Bewohnern des Berges unter die Arme greift.

Prince of Persia: The Lost Crown – Harte Schule, gutes Spiel?

Es lässt sich vielleicht erahnen: Prince of Persia: The Lost Crown ist kein einfaches Spiel. Ja, es gibt eine Vielzahl von Zugänglichkeitsoptionen und Schwierigkeitsgraden, darunter die Möglichkeit sehr schwere Passagen mit einem Portal zu überspringen. Auf dem normalen Schwierigkeitsgrad zieht der Anspruch aber spätestens nach dem ersten richtigen Bosskampf ordentlich an. Dabei ist das Abenteuer aber immerhin nie unfair, erfordert aber Geduld, Ausdauer und ein grundlegendes Geschick am Controller. Im Test gab es immer wieder Momente, die viele Versuche erforderten – dank toller Steuerung und fairer Rücksetzpunkte aber gleichzeitig auch immer zur Perfektionierung der eigenen Fähigkeiten motivierten.

Eine weitere Herausforderung von Prince of Persia: The Lost Crown ist die Orientierung in der verwinkelten Welt. Die gute Karte markiert nämlich nur die wichtigsten Elemente – verschlossene Neben-Durchgänge oder Ressourcen werden selbst im “geführt”-Modus, der mehr Symbole einblendet, nicht angezeigt. Hier setzt Ubisoft Montpellier auf ein Erinnerungs-System mit Screenshot-Funktion: Der Spieler kann per Tastendruck eine Markierung auf der Karte hinterlassen. Hier wird ein Screenshot abgelegt, der das Gebiet an dieser Stelle zeigt – inklusive aller nicht erreichbaren Durchgänge oder Schätze.

Screenshot aus Prince of Persia: The Lost Crown. Die Spielfigur steht auf einer Plattform, oben drehende Stachelwalzen, unten grünes Abwasser.
Ganz schön eklig: Manche Umgebungen erinnern an Super Meat Boy. © Ubisoft / IMTEST

Diese Mechanik ist eine sehr elegante Lösung, zumal die begrenzten Erinnerungen eine weitere Ressource darstellen. Es ist nicht möglich, jede zweite Tür zu markieren, entsprechend muss man sich gut überlegen, welche Bereiche man auf der Karte hervorheben möchte. Zusätzlich gibt es ein Schnellreise-System, das zwischen bestimmten Punkten der Welt eine Verbindung herstellt. Das ist praktisch, da so die längsten (und komplexesten) Wege effizient abgekürzt werden können.

Brachiale Bosse

Neben großen Zwischengegnern gerät Sargon in Prince of Persia: The Lost Crown auch immer wieder an echte Bossgegner, die mit ihren Attacken den ganzen Bildschirm in Flammen setzen. Hier muss man gerade im späteren Spielverlauf all sein Können fokussieren, um in den knallharten Auseinandersetzungen Land zu sehen. Die großen Monstren beherrschen vom Laser-Auge bis zum Dimensions-Teleport angemessen viele Angriffsmuster, teilen brachial aus und stecken mehr ein, als ein Einbrecher im Juweliergeschäft. Entsprechend lange dauern die Kämpfe, erzeugen aber das übliche Wohlgefühl des Triumphes wenn der Feind nach einem Dutzend Versuche endlich im Staub liegt. Fair: Nach einem Tod lässt das Spiel einem die Wahl. Will man direkt in den nächsten Versuch starten oder zunächst zum letzten Speicherpunkt zurückkehren um z.B. die Ausrüstung zu verbessern?

Das Ausrüstungs-Menü von Prince Of Persia: The Lost Crown. Rechts die Halskette mit Amuletten, links die Auswahl.
Wähle weise: Die Zahl der Amulett-Plätze an der Halskette ist beschränkt. © IMTEST / Ubisoft

Sicherer Stil, solide Technik

Visuell ist The Lost Crown ein sehr stilsicheres, im Detail aber etwas angestaubtes Abenteuer! Die Entwickler verzichten auf überbordende Detail-Feuerwerke sondern setzen auf klare Linien und einen Comic-Stil mit gewissen Anime-Anleihen bei der Inszenierung von Spezial-Attacken oder Zwischensequenzen. Das wirkt im Detail zunächst etwas altbacken, vor allem Oberflächen oder Charaktermodelle hätten etwas mehr Details verdient gehabt. Das bewegte Gesamtbild mit tollen 3D-Hintergründe inklusive ihrer eindrucksvollen Architektur, spektakulären Panoramen oder finsteren Katakomben ist aber sehr überzeugend. Dazu kommen wunderbar akzentuierte, ebenfalls von Comics inspirierte Effekte, die vor allem die Manöver, Treffer und Paraden visuell unterstreichen.

Technisch gibt sich das auf der Unity-Engine basierende Abenteuer auf der PS5 zu keinem Zeitpunkt eine Blöße. So liefert das Spiel jederzeit blitzsaubere 60 FPS bei 4K-Auflösung – im Performance-Modus sind bis zu 120 FPS möglich. Nicht ganz so gut sieht es auf der Switch aus. Zwar verspricht Ubisoft hier sowohl im Dock als auch im Handheld-Mods ebenfalls 60 FPS, die sind aber nicht immer stabil. Dies kann sich gerade bei komplizierteren Passagen durchaus negativ auf das unheimlich knackige Spielgefühl auswirken, von dem die PS5-Version profitiert.

Fazit

Wer dem Verfasser dieser Zeilen vor einigen Monaten gesteckt hätte, dass das erste Action-Highlight des Jahres 2024 mit “Prince of Persia” beginnt, der hätte wohl bestenfalls ein müdes Lächeln geerntet. Doch The Lost Crown ist genau das! Ein herrlich konsequentes, wunderbar selbstbewusstes, technisch hervorragendes und spielerisch faszinierendes Metroidvania, das zeigt, warum das Studio Ubisoft Montpellier eine der Kronjuwelen des Franko-Kanadischen Publishers ist. In rund 25 Stunden erlebt man eine abwechslungsreiche, actiongeladene und herausfordernde Metroidvania-Achterbahnfahrt, die sich den Granden des Genres annähert ohne plump zu kopieren. Schön ist auch der Umgang mit der Marke Prince of Persia: Die graue Vergangenheit und etwas jüngere Erfolge der Reihe werden gekonnt in ein neues Abenteuer gegossen. So wird Sargons Odyssee zum Defibrillator für eine längst totgeglaubte Marke – die Lust auf größere Abenteuer des Helden macht.

  • PRO
    • gute Technik, präzise Steuerung, abwechslungsreiche Spielwelt, knallharte Bosse, coole Zeit-Fähigkeiten, anspruchsvolle Sprung- und Denk-Rätsel.
  • KONTRA
    • im Detail etwas veraltete Kulisse, teils etwas hoher Schwierigkeitsgrad, wechselhafte Performance (Switch), etwas hoher Preis

IMTEST Ergebnis:

gut 1,7

Portraitfoto des IMTEST-Redakteurs Eike Cramer

Eike ist Spiele- und Hardware-Redakteur aus Leidenschaft: Nach seinem abgeschlossenen Studium der Politikwissenschaft zog es ihn direkt zur Spieleredaktion 4players.de in Hamburg, bei der er zwischen 2013 und 2023, mit einem zweijährigen Zwischenstopp beim Musikmagazin Metal Hammer, als Redakteur und Video-Redakteur beschäftigt war. Eike ist dabei ein echter Alleszocker, der, egal ob Indie oder AAA-Blockbuster, auf PC und Konsole zwischen Strategie, Action-Adventure, Rollenspiel und Shooter kaum ein Genre auslässt. Derzeit ist er als freier Autor aktiv.