Erst im Juni nahm das überragende Street Fighter 6 auf dem Prügelspiel-Thron Platz, jetzt rüttelt der erste ernsthafte Herausforderer an dessen Spitzenposition: Mortal Kombat 1. Die beiden Beat’em-Up-Reihen duellieren sich schon seit den 1990ern – Street Fighter 2 revolutionierte damals das digitale Kräftemessen im Ring, Mortal Kombat sorgte mit „lebensechten“ Kämpfermodellen und Unmengen von Blut für Aufsehen. Mittlerweile wäre man bei Mortal Kombat beim zwölften Teil der Hauptserie angekommen, doch anstatt die Nummerierung durchzuziehen, stellt man eine „1“ im Titel dahinter. Das soll den Neustart der Marke versinnbildlichen.
Übersicht
- PS5, Xbox Series X|S, PC, Switch
- 74,99 Euro (Konsole), 69,99 Euro (PC)
- 6-8 Stunden (Story)
- ab 18 Jahren
- 116 GB (Konsole), 100 GB (PC)
- Kampfspiel
Und tatsächlich drehen die Entwickler der in Chicago beheimateten Netherrealm Studios die komplette Story der Reihe einmal durch den Reißwolf. Am Ende von Teil 11 wurde die Figur Liu Kang zum Feuergott und trat ans Stundenglas des Universums. Der weise Krieger entschied sich dafür, die Geschichte der Welt neu zu schreiben, auf dass sie weniger kriegerisch und leidvoll würde als bisher. Damit schlägt man sich als Spieler in Mortal Kombat 1 nun herum: Die Serien-Veteranen Sub-Zero und Scorpion – der blaue und der gelbe Ninja – sind in der neuen Story nun Brüder, Donnergott Raiden ist ein junger Martial-Arts-Azubi und der finstere Magier Shang Tsung fristet ein Dasein als fahrender Händler, wo er möglichst wenig Unheil anrichten kann.
Doch natürlich liefert auch Mortal Kombat 1 keine heile Fantasy-Telenovela mit sporadischen Handkanten-Duellen ab, sondern macht aus einem vermeintlich friedfertigen Kräftemessen der verschiedenen Reiche dann doch wieder eine turbulente Achterbahn-Fahrt. Mit Action, Betrug, Drama und – ja, das auch – dem üblichen Mord und Totschlag.
Kinofilm-Erlebnis deluxe
Schon nach der Online-Demo, die IMTEST im Juni ausprobiert hat, war klar, dass Mortal Kombat 1 ein grafisch sehr gelungenes Prügelspiel wird – diese Eindrücke werden aber geradezu pulverisiert vom Story-Modus des Spiels. Nahtlos gehen sensationell aussehende, minutenlange Zwischensequenzen in derbe Fights über. Elegante Kamera-Schwenks lassen das Bildschirmgeschehen unheimlich dynamisch und druckvoll wirken. Die Filmchen sind voller Comedy und Albernheiten, an anderer Stelle wird es bedrohlich und düster. Man wähnt sich in einem sechs bis acht Stunden langen Fantasy-Actionfilm der Oberklasse. Auch die deutsche Synchro kann sich hören lassen, die Dialoge sind professionell vertont.
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Die Gesichter in den Sequenzen sehen auf der PlayStation 5 beinahe lebensecht aus, Fans der Reihe freuen sich über buchstäblich dutzende Sympathiebolzen, Bösewichte und Kultfiguren. Gleichzeitig gibt es willkommene Überraschungen, weil sich die Macher trauen, die über Jahrzehnte geformten Hintergrundgeschichten und Beziehungen komplett über den Haufen zu werfen. Der Story-Modus in dieser Form stellt klar das Beste dar, was das gesamte Fighting-Genre bisher angeboten hat. So umfangreich und herausragend inszeniert, und dabei auch noch lustig und kurzweilig, hat das noch kein anderes Prügelspiel hinbekommen. Daran müssen sich ab sofort alle Konkurrenten von Tekken bis Soulcalibur, von King of Fighters bis Dead or Alive messen.
Das schönste Prügelspiel
Auch die Grafik in den Kampfrunden selbst ist – gelinde gesagt – eine Wucht. Die Hintergründe sind spektakulär ausgeleuchtet, voller hochaufgelöster Details und laden allein schon in puncto Setting zu einem Streifzug durchs legendäre Mortal-Kombat-Universum ein. Egal ob tarkatanischer Marktplatz, lebender Wald oder Thronsaal von Königin Sindel – die üppig ausgestatteten, sehr abwechslungsreichen Arenen bieten einen tollen Rahmen für die nicht minder sehenswert inszenierten Kämpfen. Die Figuren sehen besser aus als je zuvor in den Seriengeschichte, die Effekte bei Zauberangriffen, Wasserwellen, Giftpfützen oder Blitzattacken runden die Action ab. Und natürlich haben sich die Macher auch bei der Inszenierung der Gewalt sichtlich Mühe gegeben…
Mortal Kombat steht seit dem Jahr 1992 nämlich auch für Kämpfe, bei denen literweise roter Lebenssaft auf den Arenaboden tropft. Und für die Möglichkeit, den unterlegenen Gegner am Ende der letzten Runde ins Jenseits zu schicken. Der Begriff „Fatality“ ging auf unrühmliche Weise in die Games-Geschichte ein, etliche Mortal-Kombat-Episoden wanderten in Deutschland auf den Index. Mittlerweile hat sich der Umgang mit der Reihe in Deutschland gewandelt, trotz immer heftigerer Bildschirmgewalt bekommt die Reihe seit Jahren eine Freigabe ab 18 Jahren; auch weil die Jugendschützer den Slapstick-Faktor und die bis ins Absurde verzerrte Überzeichnung der Brutalität anerkennen.
Überraschenderweise fährt Mortal Kombat 1 den Gewalt-Gehalt im Vergleich zu den beiden letzten Episoden sogar etwas zurück. Die „Fatal Blows“ genannten Knochenbrecher-Attacken während der Runden kommen immer noch sehr schmerzhaft und visuell wuchtig rüber, wie die Fatalitys am Rundenende sind sie meist jedoch auch recht flott wieder vorbei und driften seltener ins Sadistische ab als zuletzt.
Mortal Kombat 1: Schnell und schnörkellos
In spielerischer Hinsicht war Mortal Kombat noch nie so tiefgründig wie ein Virtua Fighter oder Street Fighter. Zwar müssen auch Mortal-Kombat-Spieler viele Kombos sowie das rechtzeitige Blocken und Parieren trainieren, dafür ist der grundlegende Kampfablauf doch recht überschaubar. Zudem fühlen sich alle Figuren einigermaßen gleich an. Natürlich gibt es auch hier Unterschiede beim Tempo und dem gefühlten Gewicht der Kämpferinnen und Kämpfer, die Bandbreite ist allerdings deutlich geringer. Alle Charaktere verfügen über ein paar feurige bis eiskalte Spezialattacken, greifen mit vier Standardschlägen an und schleudern den Feind mit zweierlei Wurfvarianten durch die Arena.
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Dazu gesellen sich – wie in Teil 11 – mit Spezialenergie verstärkte Angriffe und die Fatal-Blow-Manöver. Letztere können nur ausgelöst werden, wenn die eigene Lebensleiste schon fast im Keller ist, diese sehr starken Attacken werden martialisch visualisiert und ziehen dem Gegner extrem viel Energie ab. Sie können zwar relativ leicht geblockt werden, doch ihre Wucht ist bestens geeignet, um das Kampfglück mit dem Rücken zur Wand doch noch zu wenden.
Was es mit den sogenannten Kameo-Kämpfern auf sich hat, welche weiteren Spielmodi warten und wie das finale IMTEST-Urteil ausfällt – all das wartet auf der nächsten Seite.