Mit Jagged Alliance 3 tritt Entwickler Haemimont Games in große Fußstapfen. Der Vorgänger aus dem Jahre 1999 zählt unter Kennern auch heute noch als ein Meilenstein der Runden-Strategie. Entwickler Sir-Tech schuf zum Jahrtausendwechsel ein anspruchsvolles Taktikspiel mit knallharten Gefechten, markanten Charakteren und Spieler-Entscheidungen, die teils harte Konsequenzen nach sich zogen. Sein Humor, die glaubwürdige Spielwelt und seine anspruchsvolle Spielmechanik machten Jagged Alliance 2 zu einem echten Klassiker.
Produktdetails
- PC
- 44,99 Euro
- über 60h
- Ab 16
- 15GB (Steam)
- Runden-Strategie
Kein Wunder, dass die halbherzigen Nachfolger-Versuche „Flashback“ oder „Rage“ nie an die Qualität des zweiten Teils anschließen konnten. Doch mit Jagged Alliance 3 wendet sich das Blatt. Anstatt nämlich auf Vereinfachung und Zugänglichkeit zu setzen, bekommen Spieler hier das volle Taktik-Brett serviert, dass sich trotz klar erkennbarer Einflüsse deutlich von Titeln wie der beliebten X-Com Reihe absetzt. Gelingt Haemimont Games – bekannt für Tropico und Surviving Mars – hier etwa der große Wurf?
So spielt sich Jagged Alliance 3
Jagged Alliance 3 inszeniert klassische Runden-Strategie mit starken Rollenspiel-Elementen. Aus der Draufsicht bewegt der Spieler seine Kämpfer rundenweise über eine Karte, die von Bösewichten und Zivilisten bevölkert ist. Während erstere ausgeschaltet werden müssen, sollten die friedlichen Bewohner des fiktiven, afrikanischen Staates Grand Chien bestenfalls nicht ins Kreuzfeuer geraten. Während der Einsätze hat man dabei die volle Kontrolle über die Spielfiguren. Egal ob Haltung, Deckung, Spezialaktionen oder das Zielen auf bestimmte Körperteile der Feinde: Alles ist über das Menü am unteren Bildrand oder mit einem Klick auf die Gegner komfortabel einstellbar.
Jedes Mitglied der eigenen Truppe besitzt dabei acht Werte, die von Gesundheit bis zum Umgang mit Schusswaffen oder Heilfähigkeiten reichen. Wie bei einem Rollenspiel sind die Figuren auf bestimmte Talente spezialisiert und sammeln Erfahren, können also bei erfolgreichen Aktionen im Level aufsteigen. Dann können in einem Fähigkeitenbaum neue Skills freigeschaltet werden – etwa verbesserte Heilung oder Unterbrechungsangriffe, wenn ein Gegner danebenschießt. Grundsätzlich lohnt es sich also, das eigene Team zusammen und am Leben zu erhalten. Denn bei Jagged Alliance heißt tot auch tot. Bricht eine Figur unter feindlichem Beschuss zusammen und wird nicht sofort medizinisch versorgt, verblutet sie auf dem Schlachtfeld. Dann hilft nur noch ein beherzter Druck auf die Schnell-Lade-Taste, wenn man den Verlust nicht hinnehmen möchte.
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Der Kampf gegen Geld
Doch nicht nur der Tod führt dazu, dass Mitglieder dem eigenen Kampfverband von der Fahne gehen. Denn bei Jagged Alliance 3 kommandiert man einmal mehr eine Operation einer Söldnergruppe – und deren Mitglieder kämpfen nur gegen Bares. Geht die Kohle auf dem Bankkonto zur Neige, können eventuell relevante Mitglieder nicht mehr bezahlt werden. So geht es nicht nur gegen die Paramilitärs der „Legíon“, sondern auch immer gegen den nahenden Bankrott der Einsatzgruppe.
Die grundlegende Story von Jagged Alliance 3 ist dabei schnell erklärt. Der Präsident von Grand Chien ist von den Paramilitärs der Legíon entführt worden. Die Familie des Staatsoberhauptes engagiert Elite-Söldner der PMC-Organisation „Adonis Corporation“, welche die Ordnung im Staat wiederherstellen sollen. Dafür ziehen die Söldner gegen Banditen und Paramilitärs in den Kampf. Typisch für die Reihe findet das Spiel dabei nicht nur auf der Taktik-Karte statt, auf der die Figuren im Mittelpunkt stehen.
Zusätzlich gibt es eine Strategie-Karte. Hier bewegt man die eigene Söldnertruppe, führt Heil-, Rast- und Reparaturaktionen durch oder bildet Milizen aus. Dabei muss man gut planen, wie lange die eigene Gruppe für eine Reise braucht, welche Feinde wie überwunden werdenund wie lange die Verträge der eigenen Kämpfer noch gültig sind. Mit Erschöpfung, Verletzungen und beschädigter Ausrüstung der eigenen Truppe müssen hier unterschiedlichste Ressourcen gleichzeitig im Blick behalten werden. Dadurch wird jeder Kampf, jede Reise und jede Rast wichtig.
Jagged Alliance 3: Harte Entscheidungen, packende Spielwelt
Insgesamt erinnert das Szenario mit seinen Blutdiamanten und marodierenden Mörderbanden dabei an reale Konflikte in West- und Zentralafrika und bietet mit Städten, Sümpfen, Savannen, Dschungel und felsigen Küsten reichlich visuelle und spielerische Abwechslung. Gleichzeitig kommt aber auch in dem eher unwirtlichen Szenario auch der stilprägende Humor der Reihe nicht zu kurz. Neben Charakterköpfe in den eigenen Reihen, wie etwa dem großmäuligen US-Krieger „Grizzly“ oder der mit anzüglichen Anspielungen nur so um sich werfenden „Fox“ stößt man auch in Siedlungen immer wieder auf bizarre Figuren.
Da ist zum Beispiel ein Möchtegern-Ché-Guevara Chimurenga, der die „Revolution“ in einem kleinen Wüstennest ausgerufen hat. Das wirkt etwas albern – der Revoluzzer führt allerdings eine schlagkräftige Miliz an, die dem Spieler im Kampf immer wieder zur Seite steht. Allerdings besetzt sie auch eine Diamantenmine in der Nähe, bei der sich der Pseudo-Kommunist jegliche Einmischung verbietet. Genau diese Diamantenminen braucht der Spieler allerdings, um die Operation fortsetzen zu können.
Lohnt es sich also, das Risiko eines Konfliktes einzugehen, oder kann man auch von einer friedlichen Kooperation profitieren? Diese Entscheidungen und Gespräche, die auch immer wieder die Fähigkeiten der Figuren mit einbeziehen, spinnen spannende Nebengeschichten, die Grand Chien in einen lebendigen Schauplatz verwandeln. Etwas schade ist nur, dass die wenigsten Konflikte anders als mit Gewalt gelöst werden können. Meist müssen alle Feinde erledigt werden – weitere Missionsziele gibt es oft nicht.
Angriff oder Verteidigung?
Hierbei hilft auch die Tatsache, dass eroberte Siedlungen, Stützpunkte und Minen nicht zwangsläufig dauerfhaft in Spielerhand bleiben. Die Legíon startet immer wieder heftige Gegenangriffe, gegen die man gerüstet sein muss. Hier empfiehlt sich die Ausbildung lokaler Milizen – das kostet zwar ordentlich Geld, kann aber einen wichtigen Außenposten sichern, wenn sich die eigene Söldnergruppe mal wieder auf einem Einsatz am anderen Ende der Karte befindet.
Doch nicht nur Geld ist knapp: Die medizinische Versorgung der eigenen Söldner braucht Medizin, die von Sträuchern gepflückt oder Feind-Verstecken gesammelt werden kann. Für Reparaturen braucht es Teile, die aus zerlegten Waffen oder technischen Geräten gewonnen werden – und nicht zuletzt muss genug Munition vorhanden sein, damit die Söldner ihre mit Visieren, Griffen oder Mündungsbremsen aufrüstbaren Waffen auch benutzten können.