Veröffentlicht inGaming

EA Sports FC 24 im Test: Auch ohne FIFA ins Kreuzeck

EAs Fußball-Serie heißt anders, bleibt sich aber treu.

Artwork aus dem Spiel FC 24.
© EA Sports

Karriere als Spieler oder Trainer?

Neben normalen Online-Partien, der Möglichkeit, einen Club zu gründen, oder diversen Online-Ligen (auch kooperativ) bietet FC 24 zwei große Karriere-Modi an. In der (erneut nur mit Männern bestreitbaren) Spieler-Karierre wählt man entweder einen echten Kicker oder erstellt im Editor einen No-Name-Sportler. Dann erfolgt die Wahl eines Vereins und der lange Weg nach oben beginnt. Mit viel Trainingsfleiß und tollen Aktionen in den begrenzten Einsatzzeiten buhlt man um die Gunst des Trainers, denn nur wer regelmäßig in der Startelf steht, kann sich entwickeln, höhere Boni fordern oder auf den Transfer zu einem Top-Club hoffen. Gut sind die sehr flexiblen Optionen, wie lange die Partien dauern: Man kann das Training skippen, lahme Vorbereitungsspiele simulieren lassen oder auf Wunsch nur die Offensiv-Highlights selbst spielen – das ist wirklich vorbildlich.

In der Trainer-Karriere legt EA mehr Wert auf die Geschehnisse abseits des Rasens. Das macht aus dem Spielmodus zwar keine Managment-Sim mit Stadionbau und Bratwurst-Kalkulation, doch viele neue Features lassen mehr Einfluss auf das Managen der Mannschaft zu. Das geht z. B. beim Einsatz-Ort der Scouts los, setzt sich bei den Assistenz-Trainern und den Entwicklungszielen für junge Spieler fort und endet nicht bei den Transfer-Verhandlungen mit live im Gespräch abgegebenen Geboten. Schade, dass sich beim Wechsel von Stürmer-Star Darwin Núñez von Liverpool zu Arsenal die Trainer Arteta und Klopp zwar ansehnlich modelliert im virtuellen Vereinsgebäude gegenübersitzen, solche Szenen aber lausig animiert und nicht vertont sind.

Ein Screenshot aus dem Spiel FC 24. Zu sehen sind Spieler beim Feiern eines Tores.
Das englische Männer-Team feiert nach einem Tor mit den Fans. Die Präsentation von FC 24 ist schon richtig stark. © EA Sports

Aus FUT wird UT: Ultimate Team in FC 24

Seit Jahren ist der Sammelkarten-inspirierte Dreamteam-Modus Ultimate Team die Dauerbeschäftigung der FIFA-Community. Die Modi-Vielfalt innerhalb von Ultimate Team selbst ist groß, es gibt zum Beispiel ganze Streaming-Kanäle, die sich nur mit dem Kaufen und Öffnen von Kartenpaketen beschäftigen; derweil streiten sich FIFA-Fans und -Kritiker Jahr für Jahr über die Pay-to-Win-Problematik. Denn nach wie vor gilt: Wer hartes Echtgeld in sein virtuelles Team buttert, der läuft schon bald mit einer Weltauswahl auf und hat natürlich Vorteile in den Online-Partien.

Ein Screenshot aus dem Spiel FC 24. Zu sehen ist eine Mannschaft aus dem Modus Ultimate Team.
Gut 20 Euro in Spieler-Packs stecken in diesem Ultimate Team. Wer nur Spieler jenseits der 85er-Wertung haben will, muss mehr investieren oder sehr lange spielen. Und neuerdings mischen hier auch weibliche Stars mit. Tut gar nicht weh. © EA Sports

Und natürlich führt EA seinen Goldesel-Modus auch in der FC-Serie fort. Nur das F im Kürzel fehlt, aus FIFA Ultimate Team (FUT) wird also Ultimate Team (UT). Sogar die virtuelle Währung kann mit einem Knopfdruck vom FIFA-23-Konto in FC 24 übertragen werden. Innerhalb von Ultimate Team gibt es nun die Möglichkeit, Spieler durch das Erfüllen von Vorgaben weiterzuentwickeln – eine spaßige, sinnvolle Neuerung und ein weiterer Grund, regelmäßig ein bisschen zu zocken. Ansonsten gibt es tagesaktuelle Challenges, viele Möglichkeiten, mit Freunden gemeinsam zu spielen, und natürlich den Shop. 100 Punkte koste 99 Cent, ein Gold-Spieler-Paket mit ein paar bekannten Kickern und Dreingaben wie Fangesängen, Vertragsboni oder Trikotfarben kommt damit auf umgerechnet 1,50 Euro. Kein schlechter Preis für ein Päckchen virtueller Panini-Bilder und einen kurzen Adrenalinkick!

Endlich: Frauen in Ultimate Team

Die deutlichste Neuerung sind aber die gemischten Teams und damit auch die gemischten Packs in Ultimate Team. Soll heißen: Männer und Frauen stehen in den Dreamteams gleichberechtig nebeneinander in der Aufstellung und natürlich auch auf dem Platz. Das ist spielerisch sinnvoll gelöst und fühlt sich auf dem Rasen total organisch an. Auch an die in Ultimate Team so wichtige Mannschafts-Chemie hat EA gedacht – Spielerinnen und Spieler aus einem Club, der sowohl ein Damen- als auch ein Herrenteam hat, freuen sich über den Chemie-Bonus. Lina Magull und Leon Goretzka aus den Bayern-Mannschaften zum Beispiel. Oder Alexia Putellas und Robert Lewandowski, beide beim FC Barcelona spielend.

Die Öffnung von Ultimate Team für Frauen sorgt leider, aber leider auch wenig überraschend für Unmut in der männlich dominierten Streamer-Szene rund um die Spiele-Reihe. Plötzlich purzeln nicht mehr nur die üblichen männlichen Stars aus den Gold-Packs, sondern eben auch gute bis herausragende Spielerinnen von Lyon, Chelsea oder Wolfsburg. IMTEST meint: Wer nicht mit der Zeit geht, der geht mit der Zeit. Die Intregration weiblicher Fußballstars in Ultimate Team ist ein überfälliger, aber dennoch mutiger und wichtiger Schritt von EA, der der ständig wachsenden Popularität des Frauenfußballs Tribut zollt.

Ein Screenshot aus dem Spiel FC 24. Zu sehen ist Robert Lewandowski beim Freistoß-Training.
Robert L. aus Bay… äh Barcelona beim Freistoß-Training. Ruhende Bälle sind in FC 24 mindestens ebenso spaßig wie in FIFA 23. © EA Sports

Fazit

Drei wesentliche Learnings gibt es in FC 24: 1. Der Wegfall des Begriffs FIFA im Namen hat dem Spiel inhaltlich nicht geschadet – der Umfang ist enorm, die Performance auf dem Platz dank des niedrigeren Tempos und mehr Körperlichkeit sogar etwas besser. 2. Electronic Arts hat seine Lizenz-Hausaufgaben gemacht, der erste Teil der FC-Serie bietet dasselbe unschlagbare Paket aus Spielern, Teams, Ligen, Stadien und Logos wie man es von FIFA gewohnt war. 3. Mehr weibliche Teams und das Auftauchen von Spielerinnen in Ultimate Team ist kein Problem, sondern eine logische Weiterentwicklung. Und es fühlt sich in der Praxis auf dem Rasen sehr natürlich an.

Gleichzeitig schleppt FC 24 ein paar typische FIFA-Probleme mit: Ein motivierender Story-Modus fehlt erneut, Volta wird kaum noch verbessert und die Spieler-Karriere dürfte ruhig etwas cineastischer und abwechslungsreicher werden. Dafür gibt es endlich mehr Tiefgang in der Trainerkarriere. Unterm Strich ist FC 24 also nicht perfekt, aber ein grafisch wie spielerisch sehr gutes Sportspiel, das alternativlos für alle jene ist, die auch in dieser Saison mit den neuesten Kadern, Trikots und Spielerbewertungen virtuell Fußball spielen wollen.

  • PRO
    • Beeindruckende Grafik, das volle Lizenz-Paket, Spielablauf etwas realistischer, Frauen in Ultimate Team.
  • KONTRA
    • Ultimate Team immer noch Pay-to-Win, kein Story-Modus, auf dem Platz zu wenig Neuerungen.

IMTEST Ergebnis:

gut 1,7

Portrait Matthias Schmid

Matthias Schmid wollte im Berufsleben "irgendwas mit Video- und Computerspielen" machen – deshalb studierte er nach dem Abitur Informatik, um selbst Spiele zu entwickeln. Nach dem Studium kam die 180-Grad-Wende: Matthias wechselte in die schreibende Zunft, absolvierte ein Volontariat bei einer renommierten Spiele-Fachzeitschrift und wurde 2004 Videospiel-Redakteur in Vollzeit. Damit lebt er seit nunmehr 19 Jahren seinen beruflichen Traum: Spiele testen und darüber schreiben. Diese Jobbeschreibung greift freilich zu kurz: Matthias hat Spiele-Magazine und -Webseiten mitkonzipiert, Fachmessen in aller Welt besucht und Entwicklern bei der Arbeit über die Schulter geschaut. Er hat ebenso großen Spaß mit Action-Blockbustern wie mit kleinen Indie-Spielen und liebt es nachzuforschen, wer die Macher hinter den Spielen sind. Neben Video- und Computerspielen faszinieren ihn aktuelle Top-Smartphones und – als begeisterter Vogelbeobachter – alles, was mit Ferngläsern zu tun hat.