Rund elf Jahre sind vergangen, seit Diablo 3 über die Konsolen- und PC-Bildschirme geflimmert ist. Nun steht ein erneuter Ausflug im Kampf gegen machtdürstige Höllendämonen auf dem Programm. Wie schlägt sich das neue Diablo 4 IMTEST?
Produktdetails
- PC, PS4, PS5, Xbox Series X|S
- 69,99 Euro
- 20 Stunden (Story) – 500 Stunden (Endgame)
- Ab 16 Jahren
- 80 GB (PC), 75 GB (Konsolen)
- Action-Rollenspiel
- Getestet auf Playstation 5
Schon die äußerst gruselig inszenierte und aufwändig produzierte Eingangssequenz macht dem Spieler unmissverständlich klar, auf was für eine besondere Art der Bedrohung er sich in Diablo 4 gefasst machen muss. Lillith, die Tochter des Hasses, ist eine Dämonenfürstin von höchsten Gnaden und setzt nach ihrer Erweckung alles daran, die Spielwelt Sanktuario mit Grauen, Tod und Terror zu überziehen. Doch sie hat ihre Rechnung ohne den Spieler gemacht. Denn in den folgenden 25 bis 500 Stunden setzt dieser entweder alleine, im Couch-Koop oder mit bis zu drei Freunden im kooperativen Online-Modus alles daran, der Geweih-tragenden Scheußlichkeit und ihren höllischen Vasallen Einhalt zu gebieten.
Was ist Diablo?
Wie seine Vorgänger ist auch Diablo 4 dem Genre des Action-Rollenspiele zuzuordnen. Der Spieler sieht die Spielwelt und die Figuren aus einer isometrischen Perspektive, die weder zoom- noch drehbar ist. Das grundlegende Spielprinzip ist dabei recht einfach. Per Tastendruck schlägt, schießt oder zaubert der Spieler – je nach gewählter Klasse – auf eine unzählbare Anzahl verschiedenster großer, größerer und riesenhafter Monster ein und sorgt dafür, dass die Unholde möglichst schnell das Zeitliche segnen. Das klappt bei den kleinen Varianten meistens recht schnell, für die dickeren Ableger braucht es schonmal ein paar Sekunden oder Minuten mehr.
Doch der stetige Einsatz lohnt sich. Denn alle Gegner lassen nach ihrem Ableben, Goldmünzen, Waffen- und Rüstungsteile fallen, die dazu dienen, die Kampfkraft der eigenen Spielfigur nach und nach immer weiter zu verbessern. Diese Jagd nach immer besserer Ausrüstung nennt sich Loot-Spirale. Gehören Sie zu den Spielern, die für diese Art von Mechanik empfänglich sind, dann sind Sie bei Diablo 4 an genau der richtigen Adresse. Die von Monstern fallengelassenen Gegenstände unterliegen einer Farbcodierung, die meistens noch vor dem Aufsammeln Aufschluss darüber gibt, wie laut der Freudenschrei ausfallen soll.
Weiße Schätze sorgen für ein müdes Lächeln, blaue Versionen in den ersten zwei Spielstunden für hochgezogene Augenbrauen, leuchtet es gelb, wird es langsam interessant und spuckt der besiegte Gegner einen orangefarbenen Gegenstand aus, dürfen sich mal kurz die Nachbarn „freuen“. Denn diese legendären Schätze bringen den Spielcharakter deutlich nach vorne, was die DPS angeht. Dieses Kürzel steht für „Damage per Second“, also den Schaden, den die Figur des Spielers pro Sekunde austeilt, wenn die Finger nicht stillstehen. Dazu kommen regelmäßige Stufenaufstiege, die es dem Spieler ermöglichen, einen Punkt in einem riesigen Fähigkeitenbaum zu vergeben und die Figur auf diesem Weg mit den Manövern auszustatten, die einem am besten gefallen. Dieser Mix aus Schätze finden, Ausrüstung verbessern, Stufenaufstiege verwalten und sich so für die immer schwierigeren Herausforderungen zu wappnen, ist und bleibt das Herzstück. Die faszinierende Kombination wurde allerdings bisher noch nie so gut umgesetzt, wie in Diablo 4.
Die Qual der Wahl
Bevor es losgeht, muss sich der Spieler für eine von fünf unterschiedlichen Charakter-Klassen entscheiden. Zur Wahl steht der bärenstarke Barbar, der hinterhältige Jäger, der düstere Totenbeschwörer, der naturkundige Druide oder ein blitzschleudernder Magier. Alle Klassen sind in einer weiblichen oder männlichen Variante verfügbar.
Erkunden, sammeln, staunen, vernichten
Ist die Wahl der Klasse getroffen, muss noch ein Schwierigkeitsgrad festgelegt werden. Die dritte Stufe ist allerdings erst wählbar, wenn die Hauptgeschichte einmal komplett abgeschlossen wurde. Dann geht es los mit dem großen Abenteuer. Das Spiel startet in einem verschneiten Eisgebiet, folgen Sie der Geschichte geht es Schritt für Schritt in exotische Wüsten, faulige Sümpfe, vertrocknete Steppen oder einen verregneten Wald. Die Gebiete sind wunderhübsch und abwechslungsreich gestaltet und bieten die Gegner, die man dort auch erwarten würde. In Eis und Schnee warten Wölfe, Bären und durchgeknallte Höhlengoblins. Die Wüste bietet naturgemäß eklige Käfer und zu groß geratene Skorpione und richtig gefährlich und giftig wird es dann natürlich im Sumpfgebiet. Aber keine Sorge, denn zwischen allen Höhlen, Kellern und Ruinen wartet auch immer ein Rastpunkt in Form einer Siedlung oder Stadt, in die sich der Spieler dann jederzeit per Knopfdruck teleportieren kann.
Das ist auch bitternötig, denn der Rucksack ist schneller voll, als man Diablo buchstabieren kann. In der Enklave ist es dann möglich, nutzlose Sachen zu verkaufen oder zu zerstören, um wichtige Rohstoffe zu erhalten. Ebenfalls kann die bisherige Ausrüstung nach und nach in vier Stufen verbessert werden – oder man kleidet sich mit dem gefundenen Zeug einfach ganz neu ein. Das Führen des eigenen Haushalts stellt in Diablo 4 einen nicht unerheblichen Teil der Spielzeit dar. Sind mehrere Spieler zusammen unterwegs, kann es schon einmal 30 Minuten dauern, bis alle wieder bereit sind, das Teleportations-Portal zurück zum Ausgangspunkt zu durchwandern.
Das Ziel ist klar! Oder nicht?
Selbst wenn man einfach nur der Hauptgeschichte, deren Marschrichtung auf der riesigen Karte der Spielumgebung gut sichtbar per gelber Raute vorgegeben ist, widmen möchte, warten auf jedem Weg unzählbare und sicherlich lohnenswerte Geheimnisse darauf, entdeckt zu werden. Nebenaufgaben führen die Spieler an entlegene Orte und die neuen Welt-Ereignisse sorgen dafür, dass sich die Kampftruppe „mal eben kurz“ einer knackigen Aufgabe widmen muss. Hier warten Herausforderungen, die besonders Neueinsteiger ganz schön ins Schwitzen bringen können, da die wilden Horden von allen Seiten heranpreschen. Der Lohn der Mühe in Form einer dicken Schatzkiste, die bei erfolgreicher Erledigung vor dem Spieler wuchtig auf den Boden knallt, macht aber alle Sorgen schnell vergessen. Wenn es ganz gut – oder auch schlecht – läuft, dann begegnet der Spieler in jedem der Biome auch einem eigenen Weltenboss.
Nicht zu verwechseln mit den Endgegnern, welche die Story des Spiels bereithält, sind diese sehr starken und nur mit bester Taktik zu besiegenden Monster Grund genug, dass auch andere Spieler helfen dürfen, die sich ebenfalls mit dem Spieler auf dem Server befinden. Und selbst dann ist das Ungetüm in den nur 15 Minuten, die bis zum Sieg verbleiben, in den ersten 50 Spielstunden kaum zu schaffen. Erst viel, viel später ist der Spieler stark genug, um sich auch dieser Aufgabe erfolgreich stellen zu können. Abseits der Hauptgeschichte warten so viele und interessante Nebenbeschäftigungen, dass es zu jeder Zeit schwer ist und bleibt, dem roten Faden zu folgen.
Soll und Haben
Vom ersten Moment an begeistert die hübsche, atmosphärische und extrem detailreiche Optik von Welt und Gegnern. Schummrige Höhlen samt klappernder Skelette oder die knarzenden Dielen eines vergessenen Kellers, in dem sich Spinnen von der Größe eines Kleinlasters eingenistet haben, erlebt der Spieler im Wechselspiel mit dem phantastischen Design der großen Oberwelt und so vielen unterschiedlichen Gegnern und deren Unter- oder Überarten, dass einem fast schwindelig wird. Dazu kommt die eingangs erwähnte Faszination der Loot-Spirale mit tausenden von Rüstungsteilen, Waffen und Möglichkeiten, die Spielfigur nach und nach zu einer extrem potenten Kampfmaschine auszubauen. Das war noch nie besser, als in Diablo 4. Und wenn beim Kampf gegen die Monsterhorden der gesamte Bildschirm von eigenen und gegnerischen Zaubern wie gleichzeitigen Blitzen, Giftwellen, Meteor-Schauern und feinsten Todesanimationen der Unholde in Beschlag genommen wird, dann sorgt dieses Netzhautgewitter bei butterweichen 60 Bildern pro Sekunde für ein breites Grinsen in den Reihen der Heldentruppe.
Das Spielprinzip ist und bleibt dabei über die gesamte Spielzeit natürlich sehr abwechslungsarm und gleichförmig. Die Entwickler haben sich auf die „sichere Bank“ verlassen und bieten auch im neuen Teil der Monsterschnetzelei wieder exakt das gleiche Gameplay, wie in den Vorgängerspielen der Reihe. Nun allerdings in deutlich hübscherer Optik und mit vielen Funktionen, die besonders das Management der eingesammelten Gegenstände deutlich erleichtert. Etwaige grobe Schnitzer, wie der Umstand, dass die Juwelen im Inventar keinen eigenen Reiter haben und somit wichtigen Platz verschwenden können und sollten allerdings im Nachklapp unbedingt noch verbessert werden.
Das Ende ist der Anfang
Mit dem Abschluss der Hauptgeschichte ist in Diablo 4 noch lange nicht Schluss. Denn erst dann stehen dem Spieler weitere Schwierigkeitsgrade zur Auswahl – und das ist nicht alles. Da die Hauptgeschichte im zweiten Anlauf komplett übersprungen werden kann, gibt es dann die Möglichkeit sich auf das Wesentliche zu konzentrieren. Mit neuen, sehr schweren Dungeons und weiteren Aufgaben, gibt es dann die Möglichkeit sich an maximalem Mikromanagement zu erfreuen. Nun muss man sich die eigene Spielfigur wie das Werk einer Schweizer Uhr vorstellen: Die Abstimmung aller Komponenten, kann dann so feingliedrig erfolgen, wie es nur vorstellbar ist. Ein neuer Talentbaum tut sich auf, der die bisherigen Fähigkeiten auf Wunsch noch weiter in die gewünschte Richtung erblühen lässt und weitere, fast unendliche Möglichkeiten zur Verbesserung des Charakters stehen so zur Verfügung.
Bietet selbst die Spielwelt in dieser „Endgame“ genannten Phase noch viele bis dato unbekannte Neuerungen, wollen auch die Entwickler nicht auf der faulen Haut verweilen. Neben den obligatorischen Zusatzkapiteln, welche die Geschichte in Zukunft noch weiterspinnen, gibt es jeden Monat eine neue Saison. Dort werden nicht nur neue, kleine Geschichten erzählt, auch der Spieler wird vor unbekannte Herausforderungen gestellt. Auf diesem Weg wollen die Entwickler sicherstellen, dass Diablo 4 mindestens noch ein bis zwei Jahre lang frisch bleibt und es immer Neues zu entdecken und zu erspielen gibt. Der für das Spiel fällige Kaufpreis von rund 70 Euro sollte sich also auf jeden Fall rentieren, wenn es die eigene Motivation hergibt.
Fazit
Erliegt der Spieler dem seit 30 Jahren gereiften Spielprinzip, gibt es kein Entkommen! Das gilt sowohl für die Dämonen, als auch für die Mitspieler an anderen Gamepads, Mäusen oder Tastaturen. Tolle Optik, fantastische, fast fühlbare Brachialität beim Kämpfen und ein ausladendes Gebiet zum Erkunden können locker über die etwas nachlässig und unspannend erzählte Geschichte hinwegtäuschen. Der Spielspaß steigt hier exponentiell mit der Anzahl der Mitspieler, aber auch Solo-Freunde kommen hier auf ihre Kosten. Mit Diablo 4 wandeln die Entwickler zwar auf sicheren Pfaden, so stringent durchdesigned und perfekt auf Spielspaß getrimmt, war aber bis jetzt kein Teil der erfolgreichen Serie.
Wichtig ist allerdings, dass man sich mit dem doch recht eintönigen, weil immer gleichen Spielprinzip, anfreunden kann, sonst ist schnell die Luft raus. Was schade wäre, da hier sicherlich noch eine Menge Überraschungen und Abenteuer in Zukunft auf die Spieler warten. Noch eine Anmerkung für alle Leser, denen etwaige Mikrotransaktionen Kopfschmerzen bereiten. In Diablo 4 können nur kosmetische Gegenstände gegen den Einsatz von Echtgeld erworben werden, die alles zerschmetternde Super-Axt oder einen Bonus, der den eigens erlittenen Schaden halbiert, sind nicht mit von der Partie.
- PRO
- Feine Optik, viele verschiedene Gegner, robustes Rüstungssystem, motivierende Loot-Spirale.
- KONTRA
- Eintöniges Spielprinzip, Layout der Höhlen wiederholt sich ab und zu, Edelsteine ohne eigenen Tab.
IMTEST Ergebnis:
gut 1,6
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