Wer für eine Systemkamera samt Objektive nicht so tief in die Tasche greifen möchte und dabei eine kompakte Lösung sucht, dürfte schnell feststellen, dass nur eine Kamera mit APS-C-Sensor infrage kommt. Für genau diese Zielgruppe hält Sony die 6000er-Serie seiner Alpha-Kameras bereit. Im Gegensatz zu den ZV-Modellen sind sie nicht auf das Vlogging spezialisiert, zugleich aber kompakter und erschwinglicher als die Vollformat-Alphas und bringen trotzdem viele Top-Featues mit. Das neueste Modell fährt eine Reihe von Neuheiten auf, die etwa die Alpha 6600 noch vermissen ließ. Die Sony Alpha 6700 im Test.
Kompakt, griffig, anpassungsfähig
Ausgepackt, angepackt, klargestellt: Die Alpha 6700 behält das kompakte, leicht zu handhabende Design der Alpha-Serie bei. Die Gehäuse-Ausmaße sind gering, ebenso das Gewicht mit nur 409 Gramm ohne Akku und 491 Gramm mit. So handliche Systemkameras haben oft den Nachteil, dass die Bedienelemente zu gedrängt platziert sind und der Handgriff zu klein ausfällt. Die Sony Alpha 6700 macht in beiderlei Hinsicht alles richtig. Dank ausgeprägtem, tiefem Griff und rutschfester Gummierung sitzt sie exzellent in der Hand. Nur eine Kleinigkeit ist wie auch bei anderen 6000er-Modellen etwas gewöhnungsbedürftig. Der Sucher sitzt auf der linken Seite. Möchte man mit der linken Hand etwa die Menütaste auslösen, verdeckt man den Sucher-Sensor und schaltet damit das Display aus. Immerhin ragt der Sucher dadurch nicht nach oben aus dem Gehäuse, wodurch der Body platzsparend bleibt.
Es gilt also: Bedienung nur mit der rechten Hand. Das funktioniert dann auch bestens, alle Bedienelemente sind hervorragend erreichbar, auch besagte und mittig platzierte Menütaste. Belegbare Funktionstasten sorgen zusammen mit den anpassbaren Einstellungen für eine sehr hohe Konfigurierbarkeit. Die meisten Schnell-Einstellungen gelingen dabei über das Sony-typische Vierwege-Kreuz, das auch als Drehrad fungiert. Ein dediziertes Rädchen für die Belichtungskorrektur neben dem Programmwahlrad, wie man es bei den Vollformat-Modellen der Alpha-Serie etwa findet, fehlt. Stattdessen führt der Weg hierzu über das Steuerkreuz, mit dem man die Einstellung aufruft und per Drehung auswählt. Neben dem Programmwahlrad sitzt das hintere Einstellrad – vielseitig einsetzbar. Neu bei der Alpha 6700 und unter anderem bei der Alpha 6600 noch schmerzlich vermisst: ein vorderes Einstellrad. Das ist nun endlich mit an Bord und befindet sich vorne unterhalb des Auslösers. Der ist leicht geneigt, sodass der Finger ohne Verrenkungen auf ihm ruhen kann, bietet einen großzügig großen Knopf und einen hervorragenden Druckpunkt.
Einsteigerfreundlich und konfigurierbar
Jede Menge Möglichkeiten der Tastenbelegung und weiteren Anpassungen lassen dem Nutzer Freiraum bei der Individualisierung der Bedienung. Im Test verwendeten wir etwa das vordere Einstellrad für das schnelle Einstellen der Blende. Möglich ist aber auch eine der vielen anderen Schnellfunktionen, die zur Auswahl stehen. Die Menüführung geht in Ordnung, ist nicht mehr mit absurd unverständlichen Abkürzungen übersäht, wie bei älteren Modellen, und gut gegliedert. Der seitliche elektronische Sucher zeigt wie bei der Alpha 6600 mit 2,6 Millionen Pixeln zwar kein herausragend scharfes Bild, dafür wirkt es aber dank hoher Bildwiederholrate geschmeidig. Eine Neuerung gibt es beim Monitor. Der lässt sich nicht mehr hochklappen wie noch bei der Alpha 6600, dafür aber seitlich ausklappen. Geschmackssache, ob das eine Verbesserung ist.
Nachteilig ist die Bauweise beim Fotografieren und Filmen aus Hüfthöhe, wobei ein hochklappbarer Monitor unabdinglich ist. Einen Vorteil bringt er dafür, wenn sich Filmende selbst aufnehmen und das Aufnahmebild dabei im Blick behalten wollen, was vor allem für Vlogger nützlich ist. Die dürften sich auch über die dazu passende Erweiterung der Touchscreen-Funktionalität freuen. Wie bei Modellen der ZV-Serie lassen sich nämlich eine Vielzahl an Einstellungen per Fingertipp auf den Bildschirm ausführen, etwa Fokus, ISO-Empfindlichkeit, Motiverkennung und
mehr. Das erleichtert auch Einsteigern den Zugang, wenn diese die Smartphone-Nutzung gewöhnt sind. Wer aber auf Vlogging-Features besonderen Wert legt, sollte lieber mit der ZV-Serie liebäugeln. Die umfasst für jeden Geldbeutel ein Modell mit nützlichen Extras, speziell für Vlogger, wie den automatischen Fokus-Wechsel zwischen Moderator und einem von ihm präsentierten Produkt.
Sony Alpha 6700 im Test: Verbesserte Videofähigkeit
Schon die Alpha 6600 machte wenig Abstriche bei den Videofunktionen, die Alpha 6700 allerdings noch weniger. So sind Videos in 4K-Auflösung nun mit 60 Bildern pro Sekunde möglich, statt wie zuvor mit nur 30. Zeitlupen-Aufnahmen zählen bis zu 240 Bilder pro Sekunde. Der Bildsensor ist zur Bildstabilisierung auch hier beweglich gelagert und soll damit bis zu fünf Blendenstufen verwacklungsfreie Aufnahmen liefern. Kräftig aufgerüstet hat Sony den Autofokus, der natürlich nicht nur beim Filmen, sondern auch beim Fotografieren unterstützt. Der Hybrid-Autofokus, bestehend aus Phasenvergleichs- und Kantenkontrast-Autofokus, übertrifft mit 759 Messfeldern die 425 Messfelder der
Alpha 6600. Ihr voraus hat das neue Modell auch die Echtzeiterkennung von Motiven, ganz wie bei den Top-Modellen, etwa der Alpha 7R V. Erkennbar sind Gesichter, Augen, Tiere, Vögel, Insekten, Fahrzeuge, Flugzeuge und Züge – das ist in dieser Preisklasse beachtlich! Wer nicht über das Quickmenü die Motiv-Art wechseln möchte, kann das noch schneller mit einem Fingeripp auf den Touchscreen erledigen. Im Testlabor bewies der flotte Autofokus dann, was sich schon in der Praxis bemerkbar machte. Nur 0,16 Sekunden brauchte es, um das Bild inklusive Auslöseverzögerung scharf zu stellen. Für eine Kamera dieser Preisklasse ist das pfeilschnell. Nur sehr wenige und dann auch deutlich teurere Modelle sind schneller als eine Millisekunde, etwa die Nikon Z 8 mit 0,09 Sekunden (Test in der Ausgabe 4/23).
Bildqualität in der Praxis
Bevor es an die technischen Messungen im Testlabor ging, musste sich die neue Sony Alpha 6700 in der Praxis beweisen. Dabei kamen verschiedene Objektive vom Weitwinkel bis zum Standardzoom zum Einsatz. Das Unwetter machte es der Kamera nicht leicht: Dicke Wolkendecke, trübe Lichtverhältnisse, prasselnder Regen – aber so ist das eben in der Praxis. Zurück im Testlabor geht es für die Begutachtung an den kalibrierten Monitor (Eizo ColorEdge CS2731). Die Aufnahmen überzeugten dabei mit sehr hoher Detailauflösung und sehr hohem Bildkontrast. Zwei Beispiele: Bei kurzer Belichtungszeit von 1/1.250 Sekunde ließen sich die feinen Regetropfen auf dem Federkleid einer Ente glasklar einfangen (Brennweite 105 mm beziehungsweise kleinbildäquivalente 157 mm).
Trotz der dabei eingestellten ISO von 5.000 ist in der fokussierten Bildmitte erst bei deutlicher Vergrößerung von 200 Prozent das feine Bildrauschen sichtbar. Einen kleinen Wasserfall, der über einen dunklen Felsvorsprung ragt, lichtet die Kamera mit hohem Bildkontrast ab: Schattige Bereiche sind tiefdunkel, lassen aber Details zu, während das feinperlige, zerstäubte Wasser an der Prallzone hell erscheint, aber nicht undifferenziert und strahlend, sondern mit feinen Grauabstufungen. Die Farben bei Aufnahmen von Gebäuden, Blättern und Blüten wirkten weder übertrieben knallig noch blass, sondern sehr natürlich.
Sony Alpha 6700 im Test: Prüflabor
Aber ganz genau beziffern erst die technischen Messungen die Bildqualität. Mit Blick auf das Datenblatt ist von dem APS-C-Sensor mit 26 Megapixeln und der Bildgröße von 6.192 x 4.128 Pixeln einerseits keine überaus hohe Detailauflösung zu erwarten. Das theoretische Maximum für die Bildhöhe liegt rein rechnerisch bei 2.064 Linienpaaren. Unter APS-C-Sensoren gibt es schärfere Mitstreiter, etwa die Canon EOS R7, auf deren Bildsensor 32,5 Megapixel kuscheln. Andererseits weiß die Alpha 6700 die Auflösung effektiv zu nutzen. Die relative Auflösung übersteigt das theorische Maximum mit 103 bis 107 Prozent und das bis ISO 800, liefert bis ISO 3.200 eine sehr hohe und bis ISO 25.600 noch eine hohe Auflösung. In absoluten Zahlen ausgedrückt sind das über 2.000 Linienpaare pro Bildhöhe bis ISO 800, darüber hinaus sinkt der Wert – insgesamt immer noch gut.
Die Kantenschärfung ist effektiv und ausgewogen, bevorzugt nur leicht dunkle Kantenseiten, unterstützt aber insgesamt die sehr scharfe Bilddarstellung. Das Bildrauschen ist visuell durchweg sehr gering. Der Abstand von Signal und Rauschen allerdings ist eingangs hoch, ab ISO 1.600 kritisch, sodass Aufnahmen deutlich messbares Rauschen vorweisen. Heißt: Wer Aufnahmen für den Druck oder digital stark vergrößern möchte, sollte bei geringer ISO bleiben. Der Weißabgleich arbeitet tadellos. Die Farbwiedergabe ist ungewöhnlich genau, wobei die Sättigung nur minimal das Original übersteigt.
Fazit
Eine APS-C-Kamera sollte idealerweise nicht zu teuer, aber trotzdem leistungsstark und kompakt sein. Genau diese Stärken vereint die Sony Alpha 6700. Gemessen am Preis ist sie mit Technik und Funktionalität großzügig bestückt, vor allem dank neuem Autofokus, verbesserter Videofähigkeit sowie der hohen Bildqualität. Der Body bleibt trotz alledem schlank und das Gewicht gering – geeignet für Ausflüge und Reisen.
- PRO
- Hohe Detailauflösung, sehr großer Video-Funktionsumfang, schlankes, leichtes Design, umfangreicher Autofokus.
- KONTRA
- Bei höheren ISO-Empfindlichkeiten hohes Rauschen.