Fujifilms APS-C-Familie bekommt Nachwuchs: Während die X-H2 und X-H2S höchsten Ansprüchen genügen sollen und sich dies auch entsprechend bepreisen lassen, ist die X-S20 deutlich erschwinglicher. Das verlockt umso mehr mit Blick auf die technischen Daten, wobei es fast so scheint, als habe Fujifilm den Rotstift nur beim Preis, nicht aber bei der technischen Ausstattung angesetzt. Umso mehr lohnt ein ausführlicher Test in Praxis und Prüflabor, der Klarheit schafft. Die Fujifilm X-S20 im Test.
Verbesserte Akkulaufzeit
Die X-S20 hat es nicht gerade leicht. Es sind große Fußstapfen, die die Vorgängerin X-S10 hinterlassen hat. Mit dem sehr kompakten Gehäuse, dabei leistungsstark, videotauglich und ausgestattet mit Features der Flaggschiff-Reihe, erfreute sie sich großer Beliebtheit. Allerdings enttäuschte sie in einer Hinsicht: die schwache Akku-Laufzeit. Laut CIPA-Standard lag diese bei 325 Aufnahmen. In der Praxis zeigte sich bei vielen Nutzern allerdings, dass der Energietank vor allem mit aktivierten Extras wie höherer Bildwiederholrate des Suchers und erhöhter Monitor-Helligkeit schon deutlich früher leer war. Das ist vor allem unvorteilhaft für eine Kamera, die eigentlich ideal für Reisen wäre.
Vor allem diesen Schwachpunkt möchte Fujifilm nun mit der X-S20 beseitigen – und zwar gründlich. In der Praxis war der Tank alles andere als schnell leer zu kriegen. Plausibel erscheint das durch die Kombination der Komponenten. Der Bildsensor X-Trans CMOS 4 war zwar schon im Vorgänger verbaut. Neu ist dafür der X-Prozessor 5, der auch in Flaggschiffen wie der X-H2S für Speed sorgt. Trotz deutlichen Geschwindigkeitszuwachs verbraucht er etwa 20 Prozent weniger Energie, bildet laut Fujifilm zusammen mit dem Bildsensor in der X-S20 sogar die sparsamste Kombination der gesamten X-Serie. Der Hersteller beziffert die Laufzeit auf sagenhafte 750 Aufnahmen im Standard-Modus, also mehr als das Doppelte im Vergleich zum Vorgänger – enorm!
Fujifilm X-S20 im Test: Leichtgewicht
Eine Zunahme von Gewicht und Größe des Bodys ist erfreulicherweise kaum festzustellen. Das bloße Kamera-Gehäuse wiegt mit 410 Gramm fünf Gramm weniger, kann dafür den Akku beheimaten, der auch in Top-Modellen der X-Serie steckt, und kommt damit auf 491 Gramm. Das ist minimal mehr als der beladene Corpus der X-S10 (465 Gramm). Die Ausmaße bleiben nahezu identisch, wodurch auch dieses Modell äußerst kompakt und leicht zu verstauen ist. Wie schon die X-S10 will sich die X-S20 damit für Ausflüge und Reisen eignen, bei denen jedes eingesparte Gramm zählt. Mehr noch: Dank der erhöhten Ausdauer löst sie dieses Versprechen besser ein als die Vorgängerin und erspart auch das Schleppen von vielen Ersatz-Akkus.
Kompakt, aber nicht komprimiert
Obwohl es deutlich größere Kameras gibt, die viel Raum für prägnante Tasten, definierte Einstellräder und unverfehlbare Navigationskreuze bieten, lässt die X-S20 all das nicht vermissen – zumindest erging es den Testern so, bei denen sowohl große Handflächen mit kräftigen Fingern, als auch kleine Griffel die Bedienung der Fujifilm X-S20 im Test prüften. Es herrschte Einigkeit: Das Bedien-Konzept ist schlichtweg sehr gut durchdacht, im Vergleich zur Vorgängerin mit leichten Verbesserungen.
Die Tasten sind für einen kompakten APS-C-Body angenehm groß und damit leicht zu treffen. Auch der passende Abstand der Bedienelemente zueinander verhindert den Eindruck eines gedrängten Layouts, das zu Fehleingaben führt, selbst für Umsteiger. Zwei Einstellräder mit hervorragender Gängigkeit sind verbaut, eines vorne, eines hinten. Der Joystick dient zur Navigation durch Menüs und für Funktionen wie die Positionierung des Fokusfelds, wirkt zunächst winzig im Vergleich zu Funktionsrädern, wie man sie bei einer Sony Alpha findet, reagiert aber präzise mit knackigem Druckpunkt und spart dabei Platz. Der Handgriff ist etwas gewachsen, fast schon (angenehm) überproportional zum kompakten Gehäuse, womit die Kamera noch fester in der Hand liegt.
Der LCD-Monitor misst diagonal 7,6 cm, lässt sich auch per Touch bedienen und ist schwenkbar, somit auch geeignet für Vlogger. Die Menüführung ist übersichtlich gestaltet, Einstellungen sind klar benannt und logisch untergebracht, somit auch leicht zu finden. Das ist vorbildlich und zeitgemäß, darum auch ein Lob wert. Denn die Einstellungs-Menüs vieler Hersteller vernachlässigen genau diesen Aspekt, vermutlich weil ihre Schöpfer davon ausgehen, dass sich die meisten Nutzer aufgrund jahrelanger Übung schon irgendwie zurechtfinden – mag sein, aber keine gute Ausrede.
Autofokus ohne Abstriche?
Der identische Bildsensor zum Vorgänger lässt wenig Raum für Spekulationen hinsichtlich der Bildqualität, erhöht aber die Spannung bei der Frage: Wo verbergen sie sich denn die Abstriche, die den niedrigen Preis begründen? Die Erfahrungen aus dem Praxistest und die Messergebnisse aus dem Labor stellen klar, dass man diese Abstriche zumindest nicht beim Autofokus findet. Der schnellere Prozessor kommt der Kamera auch hier zugute. Im Test erreichte der Autofokus der Fujifilm X-S20 mit Auslöseverzögerung zügige 0,18 Sekunden.
Erweiterte Motiverkennung
Die hohe Rechenleistung ermöglicht zudem eine umfangreiche Motiverkennung. Die umfasst die Erkennung von Fahrzeugen, Flugzeugen, Zügen, Menschen bis hin zu Tieren und speziell Insekten und Vögel. Klingt nach Top-Modell? Ja, durchaus, denn eine so umfassende Motiverkennung kennt man sonst von den Fujifilm-Flaggschiffen der X-Serie wie der X-H2s. Überraschend und frech zugleich: Den Platzhirschen hat die günstigere Fujifilm X-S20 sogar etwas voraus. Im Automatik-Modus wählt sie die passende Motiverkennung automatisch, je nach dem, was auf dem Motiv zu sehen ist. Das erinnert etwas an Smartphones, mit denen Nutzer sich keine Gedanken über die richtigen Einstellungen machen müssen und solche Entscheidungen lieber dem Gerät überlassen. Damit ist die X-S20 vor allem für Einsteiger und Schnappschuss-Jäger eine sehr attraktive Wahl.
Bildqualität: Praxis & Prüflabor
Im Praxis-Test setzte die Redaktion die Fujifilm X-S20 in ganz unterschiedlichen Situationen ein. In Verbindung mit dem zeitgleich vorstellten Ultraweitwinkel-Objektiv XF8mmF3.5 R WR (Test ebenfalls in dieser Ausgabe 5/23), aber auch klassisch mit einem Standardzoom, ebenso mit einem lichtstarken XF 56mm f1.2. Die Praxis-Tests erfolgten bei einer ISO-Empfindlichkeit bis 800, am Testchart mit idealer Beleuchtung dann auch bis ISO 3.200. Unter freiem Himmel wie auch in Innenräumen zeigten die Aufnahmen dabei eine außergewöhnlich hohe Detailauflösung. Bildrauschen war nur bei starker, digitaler Vergrößerung am Computer von 200 Prozent auszumachen. Farben wirken auch unbearbeitet angenehm gesättigt, nicht übertrieben knallig oder fahl.
Fujifilm X-S20 im Testlabor
Das Testlabor beziffert die Bildqualität der Fujifilm X-S20 dann ganz genau. Dabei bestätigt sich der Praxis-Eindruck. Die Aufnahmen zeigen eine für einen APS-C-Sensor herausragende Detailauflösung und übertreffen bei Weitem die Nyquist-Frequenz bis ISO 800 mit Bestwerten. Ab ISO 1.600 verliert das Bild etwas an Details, ist aber immer noch hoch aufgelöst, ab ISO 12.800 dann deutlich geringer. Die Kantenschärfung gelingt überaus präzise und ausgewogen, erhöht noch den Schärfeeindruck. Der Bildkontrast ist exzellent, die Eingangsdynamik durchweg gut mit geringen Schwankungen über die ISO-Bereiche hinweg. Einzig der gemessene Signal-Rausch-Abstand drückt etwas auf die Note, ist ab ISO 3.200 messbar und sichtbar gering, somit hohes Bildrauschen. Eine typische Grenze für die verhältnismäßig kleinen APS-C-Sensoren. Insgesamt verpasst die Fujifilm X-S20 mit der gemessenen Bildqualität nur knapp eine sehr gute Note, die sie wiederum bei der visuellen Beurteilung erreicht.
Für Videos und Vlogger
Zu den weiteren Neuerungen zählt der verbesserte Bildstabilisator, der nun laut Fujifilm Verwacklungen bis zu sieben Blendenstufen kompensiert statt wie noch beim Vorgänger bis zu sechs. 4K-Videos zählen jetzt 60 statt wie beim Vorgänger noch 30 Bilder pro Sekunde. Die maximale Auflösung beträgt 6,2K mit 30 Bildern pro Sekunde. Für das Vlogging gibt es sogar einen eigenen Modus am Programmwahlrad. Vlogger freuen sich dann über Extras wie die Produkt-Priorität oder die Hintergrund-Unschärfe, die sich unkompliziert per Touchscreen aktivieren lassen. Zur modernen Aufstellung passt auch, dass die Kamera für das Streamen und als Webcam gewappnet ist, ebenfalls in 4K-Auflösung mit 60 Bildern pro Sekunde. Fujifilm bietet einen zusätzlich erhältlichen Tripod speziell für Vlogger. Für längere Film-Sessions lässt sich erstmals ein Lüfter anbringen, der Überhitzung und einen frühzeitigen Cut vermeidet.
Fazit
Die Fujifilm X-S20 zählt zu den besten ihrer Zunft. Mit der sehr hohen Bildqualität und dem großen Funktionsumfang übertrifft sie die Kontrahenten in diesem Preisbereich sogar um Längen. Die Verbesserungen bei Video-Tauglichkeit, Autofokus und Akkulaufzeit beseitigen die größten Schwächen des Vorgängers. Besser schnitten im Test nur die Canon EOS R7 und die Fujifilm X-H2s ab – beide deutlich teurer.
- PRO
- Hohe Fotoqualität, enormer Funktionsumfang, 4K-Auflösung mit 60 Bildern pro Sekunde, umfangreicher und schneller Autofokus, sehr gutes Preis-Leistungsverhältnis
- KONTRA
- Bei hoher ISO wenig Details und recht hohes Rauschen, nur micro-HDMI-Anschluss, Bildschirm nicht neigbar.