Der Japaner Shigeru Miyamoto (70) ist seit dem Ende der 1970er Jahre beim Videospielmacher Nintendo angestellt, als Erfinder der Mario-, Zelda- und Donkey-Kong-Spiele ist er der Steven Spielberg der Games-Branche. Mit seinen Spielkonzepten hat er mehrfach Genres definiert, der Levelaufbau von Titeln wie Super Mario Bros. wurde zum Vorbild für Generationen von Spielemachern. Die Inspiration für die Abenteuer-Reihe The Legend of Zelda stammt aus Miyamotos Kindheit, als er die Wälder und Höhlen in der Umgebung seines Heimatorts Sonobe (nahe Kioto) erkundete.
Die Marke Zelda
Das erste Spiel der Reihe erschien 1987 auf der Modulkonsole NES, der Sprung in die dritte Dimension gelang 1998 – Ocarina of Time begeisterte die Generation N64 mit für die damalige Zeit opulenter 3D-Grafik, rückblickend kann es als Blaupause für alle modernen Action-Adventures angesehen werden. The Legend of Zelda-Spiele werden von Nintendo-Fans sehnlichst erwartet, sie verkaufen sich millionenfach und eröffneten oder beschlossen schon mehrfach das Software-Portfolio einer Nintendo-Konsole mit einem Paukenschlag.
Zuletzt geschah das 2017: Als im März die Nintendo Switch auf den Markt kam, erschien gleichzeitig das erste echte Open-World-Zelda: Breath of the Wild. Der gigantische Abenteuerspielplatz verzückte Spieler wie Kritiker gleichermaßen – der Entdeckerlust waren kaum Grenzen gesetzt, Link erkundete und eroberte eine unvergleichliche Terra incognita, deren Detailverliebtheit und Glaubhaftigkeit bis heute ihresgleichen sucht.
Überblick
- Switch
- 69,99 Euro
- 40 Stunden (Story), 100-150 Stunden (100%)
- ab 12 Jahren
- 17 GB
- Action-Adventure
Inhaltsverzeichnis
Zelda: Tears of the Kingdom im Test
Nun ist es an Nintendo, die selbst gesetzte Messlatte zu übertreffen – mit dem direkten Nachfolger The Legend of Zelda: Tears of the Kingdom. Wem die „Tränen des Königreichs“ die Wangen herabrinnen, wird an dieser Stelle nicht verraten, ein paar Worte zum Schauplatz und der Geschichte des neuen Zelda tun aber not: Tears of the Kingdom spielt in derselben Fantasy-Welt wie sein Vorgänger, im Land Hyrule, das sich als ausladende, frei begehbare Open World präsentiert und von schneebedeckten Gipfeln bis hin zu sturmumtosten Klippen reicht.
Zwar gibt es einige bauliche Veränderungen und frische Wetterphänomene, dennoch ist es erstaunlich und – ehrlich gesagt – sogar enttäuschend, dass Nintendo auf genau die Oberwelt setzt, die man als Spieler bereits vor Jahren ausgiebig erkundet hat. Die Neugier, jene große Triebfeder, die auch virtuelle Entdeckerinnen und Abenteuer anschiebt, ist diesmal bei weitem nicht so groß. Nur auf den neuen, schwebenden Himmelsinseln und in einem mysteriösen Schattenland unter der Erde von Hyrule blitzt sie immer wieder auf, die große Freude am Entdecken.
Die Geschichte des Spiels
Die Handlung setzt ein paar Jahre nach den dramatischen Ereignissen von Breath of the Wild ein: Der blonde Held Link erkundet zusammen mit der namensgebenden Prinzessin Zelda die Höhlen unter dem königlichen Schloss. Plötzlich werden die beiden von einem teuflischen roten Nebel überrascht, der eine Mumie zum Leben erweckt. Link wird der Großteil seiner Lebensenergie entzogen und seine legendäre Waffe – das Masterschwert – sieht nach dem Kontakt mit der unheilvollen Substanz aus wie ein rostiger Grillspieß.
Es passiert, was passieren muss – denken sich Zelda-Kenner an dieser Stelle: Link erwacht (nicht zum ersten Mal in der Seriengeschichte) ohne mächtige Klinge, ohne vernünftige Kleidung an einem fremden Ort und schaut verdutzt aus der Wäsche. Wo ist die Prinzessin abgeblieben? Warum befindet er sich auf einer schwebenden Insel? Und was hat es mit den seltsamen Maschinenwesen auf sich, die ihm offenbar freundlich gesinnt sind?
Das Spielprinzip
In den nächsten mindestens 30 – vielleicht auch 120 – Spielstunden werden Spielerinnen und Spieler herausfinden, was in Hyrule passiert ist und wie der finstere Dämonenkönig Ganondorf davon abgehalten werden kann, die Welt ins Chaos zu stürzen. Aus einer übersichtlichen Verfolgerperspektive dirigiert man den jugendlichen Helden über sanfte Grashügel und durch verwunschene Wälder, lässt ihn steile Felsklippen erklimmen und sich um die Belange der Bevölkerung kümmern. Die scheint nur auf einen Recken wie Link gewartet zu haben, überall gibt es Hilfesuchende, die ihn um Unterstützung bitten: Neben seinen Hauptaufgaben – Prinzessinnen-Suche, Hobby-Archäologie und Weltenrettung – gibt es wirklich unzählige Nebenquests, die viel Spaß bereiten. Link arbeitet als Wahlhelfer und assistiert unsicheren Junggesellen bei der Suche nach einem Brautgeschenk. Gerne bewacht er auch die örtliche Kürbisernte oder schießt von Fotos von einem Geisterpferd, das nachts in einem Wald sein Unwesen treibt.
Als Spieler erledigt man die Nebenmissionen vor allem wegen der abwechslungsreichen Betätigungen selbst und weil man spannende Gebiete erkundet oder mit lustigen Dialogen verwöhnt wird. Der Lohn durch den Questgeber fällt meist so überschaubar aus, dass Link mit dem Klopfen von Erz oder der Jagd im selben Zeitraum mehr Rubine aufs virtuelle Bankkonto geschaufelt hätte. Die verdiente Kohle investieren Switch-Abenteurer in hübsche Kleidung mit allerlei Spezialeffekten (Schutz gegen Kälte, schnelleres Klettern, etc.), eine stärkende Nacht in einer Herberge oder Crafting-Materialien beim Krämerladen nebenan. An überall im Land verteilten Ställen wiederum parkt Link gezähmte Wildpferde oder schnappt Hyrule-Gossip von Reisenden auf. Das Schlendern durch die kleinen Dörfer sorgt immer wieder für gute Laune, auch weil der charakteristische Grafikstil bei den schrillen Charakteren und urigen Häuschen gut zur Geltung kommt.
Kämpfen und Kochen
Mit einer Vielzahl von Knüppeln, Schwertern, Lanzen oder Streitkolben geht Link auf Tuchfühlung mit feindlich gesinnten Kobolden, Fledermäusen, Zyklopen und anderen Fantasy-Schergen. Auf Knopfdruck nimmt er die Widersacher ins Visier und umrundet sie, gegnerischen Attacken kann er mit einem Seitwärtssprung ausweichen oder sie per Schild blocken. Besonders versiert ist der blonde Held mit Pfeil und Bogen, neuerdings klebt er allerlei Items – von der Bombenfrucht bis zur Feuerblume – an die Pfeilspitzen und sorgt so für noch mehr Schaden. Allen drei Arten von Ausrüstungsgegenständen (Klingen, Bogen, Schilde) ist gemein, dass sie bei eifriger Nutzung rasch zerbrechen. Zwar ist das ist großes Problem, weil Link ständig Nachschub aufgabelt – eine Lieblingswaffe schmieden, reparieren und aufleveln, das geht in Zelda aber nicht.
Viel Feind, viel Hunger: Damit Link unterwegs nicht die Lebensherzen ausgehen, ist es ratsam, immer ein paar eingetupperte Mahlzeiten im Reiserucksack zu haben. Am Lagerfeuer mixt man diese Gerichte aus zahllosen Zutaten, die der Held vorher in der Wildnis gesammelt hat. Manche Portionen spenden nur Lebensenergie, anderen erhöhen die Angriffskraft, lassen Link im Dunkeln leuchten oder steigern seine Ausdauer. Apropos Ausdauer: Der grüne Kringel in der Bildmitte ist – wie in Breath of the Wild – ein zentrales Spielelement, markiert er doch die Kondition des Helden. Geht ihm beim Kämpfen, Flüchten, Klettern, Schwimmen oder Fliegen die Puste aus, dann hat das Konsequenzen. Link muss innehalten und Luft holen, rutscht eine Felswand wieder hinab oder versinkt im Meer wie ein Stein. Zum Glück kann man beide wichtigen Balken – Lebensenergie und Ausdauer – im Verlauf des Abenteuers deutlich erhöhen.
Eine Frage der Fortbewegung
Unser Held ist viel auf Schusters Rappen unterwegs und kann die Welt auf dem Pferderücken erkunden, solange es nicht zu steil oder felsig wird. Einen stattlichen Anteil der Reiserouten quer durch Hyrule legt man auch mit einem praktischen Flugtuch – dem sogenannten Parasegel – zurück. Im freien Fall genügt ein Knopfdruck zum Aufspannen, das verhindert in erster Linie Fallschaden. Gleichzeitig kann Link damit Steilküsten hinabgleiten, Schluchten überqueren oder von hohen Türmen aus flugs in den Nachbar-Region segeln. Dieses Parasegel ist ein überaus praktisches und angenehmes Feature, das Zelda-Profis natürlich schon aus Breath of the Wild kennen.
Fans, die sich die stets neuesten Trailer zum Spiel angeschaut haben, wissen auch, dass es in Tears of the Kingdom noch eine andere Art der der Fortbewegung wartet: In Hyrule hält nämlich die Elektromobilität Einzug. Link findet überall in der Welt Bauteile (oder erwirbt sie an Verkaufsautomaten), aus denen man allerlei Gefährte basteln kann. Aus drei Baumstämmen und einem Ventilator wird ein rudimentäres Floß mit Windantrieb, einen langsamen Gleiter baut man durch das Anbringen von Raketen zu einem Fantasy-Jet um. Sogar eine Art Monster Truck mit Flammenwerfer und Granatwerfer am Kühlergrill ist möglich.
All diese Technikteile brauchen Strom, die sie aus einer Batterie-Einheit am Gürtel des Helden beziehen. Ist die alle, kann das Fluchtfahrzeug vor der Monsterhorde ganz schnell zur Todesfalle oder ein eleganter Himmelsflieger zur Bleiente werden. Umsichtige Heldinnen und Helden sorgen vor: Sie erweitern Links Hüft-Akku an speziellen Stationen oder löten ein paar zusätzliche Batterien auf die Vehikel.
Links magische Fähigkeiten
Bei solchen Bauvorhaben kommt die Ultra-Hand zum Einsatz, das ist eine von vier magischen Fähigkeiten, die in Links kleinem Reisecomputer schlummern. Das Technik-Gadget wurde von Hyrules führenden Wissenschaftlern entwickelt und erinnert optisch sicher nicht zufällig an eine… Nintendo Switch. Auf Knopfdruck schnappt sich Link per Ultra-Hand ein bewegliches Objekt, das man daraufhin in der Luft bewegen, drehen und an andere Bauteile kleben kann. Ein innovatives Werkzeug, das viel Sinnvolles und noch mehr Schabernack hervorbringt, die Handhabung per Switch-Controller will aber gelernt sein. Auch nach Stunden kann es noch vorkommen, dass man sich auf dem sehr voll belegten Gamepad verdrückt. Wie schon bei Breath of the Wild ist die Steuerung per Pro Controller (oder einem vergleichbaren Dritthersteller-Pad) den Joy-Cons klar vorzuziehen.
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Waffenschmiede
Ähnlich wie die Ultra-Hand funktioniert die Waffen-Synthese: Damit schmiedet Link zwei beliebige Klingen, z. B. Langschwert und Dreizack, aneinander, um Angriffsstärke oder Reichweite zu erhöhen. Wer ein Feuer-Modul an die Spitze des Kehrbesens klebt, freut sich über hitzige Angriffspower. Verbindet man einen Felsbrocken mit einer Keule, dann entsteht ein Werkzeug, mit dem man sich durch von Steinen versperrte Höhleneingänge meißeln kann. Für andere Zwecke ist die sogenannte Zeitumkehr gedacht, mit der Link die Bewegungen von Objekten rückwärts ablaufen lassen kann. In der Spielpraxis nutzt man das vor allem zur Lösung von Umgebungsrätseln: Zum Beispiel kann Link ein flussabwärts treibendes Floß gegen die Strömung zurückschicken oder die Drehung eines gigantischen Uhrwerks umkehren.
Link sprengt aber nicht nur die Grenzen der Zeit, sondern auch die der Materie: Beim Deckensprung schlüpft der Held auf Knopfdruck durch Holz, Erdreich und sogar Gestein. Das ist enorm praktisch, wenn z. B. die Treppe zum Obergeschoss im Schloss kaputt ist und Link sich so direkt vom Thronsaal in den Raum darüber teleportiert. Vor allem in eigens designten Rätselräumen ist der Einsatz dieses magischen Gimmicks unerlässlich – und davon gibt es im neuen Zelda jede Menge.
Kleine Schreine, große Tempel
Überall im Land findet man grün-blau schimmernde Megalithe, die den Eingang zu über 100 kleinen Rätselkammern markieren. Darin werden Links Fähigkeiten fein portioniert auf die Probe gestellt: Man muss Kugeln bugsieren, Räder in Gang bringen, Fackeln anzünden und zig andere Dinge erledigen. Es gibt auch Gefechte in diesen Mini-Dungeons, der Fokus liegt aber auf dem Einsatz der beschriebenen Fähigkeiten. Die Zelda-Reihe war schon immer berühmt für kluge Umgebungsrätsel, bei denen die Spieler um die Ecke denken müssen – Tears of the Kingdom setzt diese Tradition fort.
Dennoch muss Einsteigern nicht bang sein, mit Ausprobieren und einem wachen Blick sind die Rätselräume meist gut machbar. Wer einen Schrein gemeistert hat, der bekommt als Belohnung ein Segenslicht, das Link an Götterstatuen als Opfer darbringt: Für je vier Lichter erhält er ein zusätzliches Herz oder eine Prise mehr Ausdauer. Wir halten fest: Das Absolvieren der Kammern macht also nicht nur Spaß, sondern ist unerlässlich, damit Link stark genug für spätere Herausforderungen wird.
Dazu zählen auch große Rätsel-Tempel, die man im Umfeld der Siedlungen von vier befreundeten Völkern findet. Um die Unterstützung von z. B. den Erd- oder Wasserwesen Goronen und Zora – klangvolle Namen für Zelda-Kenner – zu erhalten, muss Link in ihre Regionen reisen. Dort knobelt er sich dann durch die verschachtelten Mechaniken der Rätseltempel und legt gewaltige Bossgegner aufs Kreuz. Diese Abschnitte kommen den klassischen Zelda-Dungeons, welche die Serie seit Super-Nintendo-Zeiten auszeichnen, am nächsten. Und sie treten an die Stelle der tierischen Titanen aus Breath of the Wild. In puncto Leveldesign und spielerischem Anspruch zählen sie zu den Highlights des Abenteuers.
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Grafik und Sound
Auf einer sechs Jahre alten Konsole, die schon zum Release nicht mit der damaligen Konkurrenz PS4 und Xbox One mithalten konnte, darf man keine grafischen Wunder erwarten. Dafür punktet Zelda: Tears of the Kingdom mit einem charmanten Art-Stil und läuft meist mit einer sauberen Bildrate von 30 fps. Vom optischen Pomp, den Zocker aus Elden Ring, Horizon: Forbidden West oder Assassin’s Creed Valhalla gewohnt sind, ist dieses Zelda aber meilenweit entfernt. Verwaschene Texturen, in der Ferne aufploppende Objekte und viel Kantenflimmern gehören ebenso zu Tears of the Kingdom wie sein stummer Held.
Link spricht traditionell nicht in seinen Abenteuern, doch 2023 wirken ellenlange Text-Dialoge mit Questgebern und Händlern ziemlich altbacken. Lediglich in den Zwischensequenzen plaudern die Hauptfiguren der Handlung mit gelungenen deutschen Sitmmen. Zwischen diesen seltenen Momenten lesen die Spielerinnen und Spieler aber zu viele Zeilen Bildschirmtext. An anderer Audio-Stelle glänzt das Spiel: Das Sound-Design sitzt auf den Punkt, charakteristische Effekte mit Wiedererkennungswert vermitteln dem Spieler, dass eine Waffe zerbirst, ein Krog-Wichtel aus dem Baum geschüttelt wurde oder Link ein Rätsel gelöst hast. Obendrein untermalt der Soundtrack die schönen Lichtstimmungen gekonnt und spielt in dramatischen Kampfmomenten pompös auf.
Fazit
Ein Videospiel mit einer Note von 1,5 auszeichnen und trotzdem ein bisschen enttäuscht sein – ergibt das Sinn? Um diese Einordnung nachvollziehen zu können, muss man sehen, wo die Serie herkommt. In diesem Fall ist dies Zelda: Breath of the Wild. Und das staubte überall Höchstwertungen ab und wird von seinen Fans fast kultisch verehrt. Tears of the Kingdom macht seine Sache ebenso gut, ihm fehlt aber der Zauber des Neuen, der den direkten Vorgänger auf ein neues Level erhob. Hat man als Spieler den ersten „Das kenne ich doch schon“-Schock verdaut und die gute, aber sehr voll belegte Steuerung verinnerlicht, dann kann der große Spaß beginnen. Spannende Haupt- und Nebenaufgaben halten die Motivation konstant hoch, das Rätsel-Lösen und Bauen wird dank Links neuer Fähigkeiten zum Vergnügen.
Schließlich ist dieses Open-World-Abenteuer auch ein Plädoyer an die Freiheit – ohne Gängelung durch natürliche Grenzen oder das Leveldesign kann man als Spieler immer dorthin gehen, wo es gerade am Schönsten oder Spannendsten aussieht.
- PRO
- gigantischer Umfang, kluge Denkaufgaben, extrem freies Erkunden, kreativer Fahrzeugbau
- KONTRA
- schwache Grafik, Welt großteils bekannt, dezent überfrachtete Steuerung
IMTEST Ergebnis:
sehr gut 1,5