Straßenlärm, U-Bahn-Rattern, weinende Kinder: Ein Tag in der Großstadt kann die Ohren ganz schön strapazieren. Kopfhörer mit aktiver Geräuschunterdrückung (ANC) helfen dabei, lästigen Umgebungslärm eindrucksvoll zu dämpfen. Der Sony WH-1000XM5 ist der Nachfolger eines der beliebtesten Over-Ear-Kopfhörer mit dieser Funktion und will die Technik noch effektiver einsetzen. So viel vorweg: Das gelingt dem WH-1000XM5 sehr gut, doch auch an vielen anderen Stellen hat Sony sinnvoll am Gerät geschraubt. Stets behutsam, aber doch deutlich erkennbar. Wie schlägt sich der Kopfhörer im Test?
Produktdetails
- Preis: 419 Euro
- Akkulaufzeit: Rund 30 Stunden mit ANC
- Gewicht: 250 Gramm
Sony WH-1000XM5: Gewohnt anders
Bei seiner WH-1000-Serie bewies Sony stets Fingerspitzengefühl. Technisch entwickelte man die Kopfhörer mit jeder Version spürbar weiter, änderte an der Optik aber nur kleine Details. Mit dem WH-1000XM5 ändert sich jetzt etwas mehr: So verabschiedet man sich von der gegabelten Aufhängung der Hörmuscheln, stattdessen trägt jetzt ein durchgängiger Bügel die Ohrstücke. Der Bügel selbst wurde schmaler gestaltet und lässt sich nun stufenlos auf die gewünschte länge einstellen, ohne mit jedem Schritt einzurasten oder dabei von selbst zu rutschen. So kompakt faltbar wie der Vorgänger ist der neue Kopfhörer jetzt aber nicht mehr.
Das verwendete Material erinnert an Sonys kürzlich erschienene LinkBuds. Der Kunststoff, aus dem die WH-1000XM5 gefertigt sind, fühlt sich ähnlich samtig und und hochwertig an. Auf die Beigabe von der umstrittenen Ressource “Glimmer” verzichtet man dieses Mal aber dankbarer Weise. Das schöne Material ist allerdings durch die raue Oberfläche anfällig für Verschmutzungen. In den Farben “Schwarz” und “Silber” erhältlich macht der Kopfhörer optisch einen guten Gesamteindruck, wobei er aber zu den weniger schlanken Geräten zählt. Mit rund 250 Gramm Gewicht ist er aber trotzdem lange tragbar (und nur unwesentlich schwerer als etwa Boses QC 45) ohne zu stören – was nicht zuletzt an den hervorragenden Ohrpolstern liegt, die sich sehr angenehm an das Ohr schmiegen.
Am linken Hörer verbaut Sony einen Ein/Aus-Schalter, der gleichzeitig auch für die Steuerung der Bluetooth-Verbindung dient. Darüber ruht der Knopf zur Aktivierung der Geräuschunterdrückung. besser gesagt: zum umschalten in den Ambient-Mode, der Außengeräusche wieder hindurch lässt. Ein Eingang für eine 3,5-Millimeter-Klinge findet sich ebenfalls linksseitig, ein entsprechendes AUX-Kabel liegt dem Lieferumfang bei und verbirgt sich in der ebenfalls mitgelieferten Tragebox. Die besteht ihrerseits aus gewebtem Textil, mutet im Inneren aber etwas an wie ein Eierkarton. Ebenfalls dabei: Ein USB-C-Kabel zum Aufladen der Sony WH-1000XM5. Der entsprechende Anschluss steckt im rechten Hörer.
So bedient sich der WH-1000XM5
Um den Kopfhörer zu steuern setzt Sony auf eine berührungsempfindliche Oberfläche und unterschiedliche Wischgesten. Das klappt aber nur am rechten Hörer, was für Linkshänder irritierend erscheint. Immerhin lässt sich der Kopfhörer nahezu vollständig und sehr intuitiv mit dem Touch-Feld bedienen, wobei eingaben in 95 Prozent der Fälle präzise erkannt werden. Wer etwa einen Song überspringen will, wischt von hinten nach vorne. Die Lauter/Leister-Steuerung funktioniert mit Wischgesten nach oben und unten. Es lassen sich aber auch Lieder vorspulen, indem der Finger beim nach Vorne wischen noch am Hörer gehalten wird. Sehr komfortabel. Nur mit nassen oder leicht schwitzigen Fingern gerät die Bedienung fummelig, weil die Fingerspitze dann stockend über die Touch-Fläche gleitet.
Wer den WH-1000XM5 auf mittlerer Lautstärke und mit ANC benutzt, kann im Schnitt rund 30 Stunden Musik damit hören. Sollte das Gerät kurz vor der Abreise in den Urlaub einmal komplett leer sein, erlaubt eine Schnellladefunktion das Auftanken auf drei Stunden Spieldauer in nur drei Minuten an der Steckdose. Das ist ein netter Zusatz, unterm Strich glänzt der Kopfhörer aber mit einer nur durchschnittlichen Akkulaufzeit. Bei bedarf lässt sich der Hörer auch als Headset zum Telefonieren benutzen oder einsetzen, um der Sprachassistentin auf dem Handy einen Befehl zuzufunken. Sony hat mithilfe einer KI weiter an der Telefonqualität geschraubt und filtert Wind und Umgebungslärm gut aus Unterhaltungen heraus, allerdings ist die Mikrofonqualität im besten Fall “annehmbar”.
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Weiterhin ist Sony nicht um Bedienungs-Extras verlegen. Wer will, aktiviert in der zugehörigen Headphones-App die “Speak to Chat”-Funktion, bei der der WH-1000XM5 automatisch die Musik pausiert und auf den Ambient-Modus umschaltet, wenn man zu sprechen beginnt. Wer nur kurz seine Umgebung checken möchte, legt die Handfläche flach auf den Hörer, um schnell in den Awareness-Modus zu wechseln. Bis zu zwei Geräte koppeln sich mit dem Kopfhörer und verbinden sich etwa bei einem eingehenden Anruf selbstständig. Außerdem pausiert der Hörer automatisch, wenn man ihn abnimmt. Der Sensor dafür ist jetzt, anders als beim Vorgänger, unsichtbar in der Hörmuschel platziert.
360°-Sound und Equalizer
Die erwähnte Headphones-App steuert neben dem neuen Sony WH-1000XM5 auch alle weiteren modernen Sony-Kopfhörer. Entsprechend aufgeräumt und umfangreich ist das Programm, das neben dem obligatorischen Equalizer mit verschiedenen Klangprofilen auch eine Geräteanleitung enthält. Die Steuerung des Kopfhörers ist über die App individualisierbar, genau wie das neue ortsbasierte und adaptive Noise Cancelling. Damit regelt sich nicht nur die Intensität des ANC automatisch, sondern merkt sich die Voreinstellung für spezielle Orte wie etwa das Büro. In der Praxis ist diese Funktion aber nur wenig nützlich und fühlt sich wie ein Vorwand an, um Standortdaten zu sammeln.
Deutlich sinnvoller ist da das Vermessen der eigenen Ohren. Mithilfe der App schießen Nutzerinnen und Nutzer Fotos der eigenen Lauscher, um dann die Kopfhörer für Sonys “360 Reality Audio”-Funktion kalibrieren zu lassen. Das klappt spielend einfach dank vertonter Anleitung. Leider bieten nur wenige Dienste wie Deezer oder Tidal eine spärliche Auswahl an Musikstücken an, die die Technik nutzen.
So klingen die Sony WH-1000XM5
Aber: Auch ohne 360 Reality Audio spielen die Sony WH-1000XM5 ganz oben in der Liga der Consumer-Headphones mit. Von Haus aus geben die Hörer einen sehr warmen, schmeichelnden Klang aus. Sony setzt übrigens auf 30-mm-Treiber und bleifreies, goldhaltiges Lötmaterial. Davon verspricht man sich eine verlustfreie Datenübertragung und tatsächlich: Stimmen, Lieder oder Hörspiele gibt der Kopfhörer sehr präzise wieder. Bei klassischen Chören lässt sich etwa eine Vielzahl der Stimmen einzeln ausmachen. Harter Techno beginnt nie zu dröhnen, wilder Metal scheppert nur so doll, wie er soll. Wie so oft scheinen aber auch die WH-1000XM5 auf einen poppigen Sound mit Hang zum Bass optimiert. Dank des LDAC-Audicodecs von Sony ist außerdem die Übertragung von High-Resolution-Audio auch über Bluetooth möglich.
Ebenfalls erstklassig: das Noise Cancelling. Ob adaptiv gesteuert oder nicht, die zwei verbauten Prozessoren und ihre acht umliegenden Mikrofone sorgen im Zusammenspiel dafür, dass selbst der Hamburger Berufsverkehr in weite Ferne rückt. Dabei gibt es auch kein passives rauschen. Oft verursacht eine Geräuschunterdrückung nämlich selbst noch etwas Lärm. Die WH-1000XM5 filtern Lärm aber so gut, dass das einzig hörbare Rauschen im Test der eigene leichte Tinnitus war.
FAZIT
Es ist immer schön, wenn ein Hersteller eine Produktreihe nicht nur aktualisiert, sondern spürbar verbessert. Sony hat hinsichtlich des Designs und der technischen Qualität an den richtigen Stellen geschraubt, aber eben glücklicher Weise keinen Vorschlaghammer benutzt. Der WH-1000XM5 ist somit besser als das Vorgängermodell, aber nicht grundlegend anders. Wer guten Klang und noch besseres Noise Cancelling sucht, wird hier fündig. Besonders das ANC macht viel Freude und wäre sogar ein annehmbarer Grund, um vom Sony WH-1000XM4 auf das aktuelle Modell zu wechseln.
- PRO
- Sehr starkes Noise Cancelling, hervorragender Klang, umfangreiche Funktionen.
- KONTRA
- Akkulaufzeit und Mikrofonqualität eher Mittelmaß.
IMTEST Ergebnis:
gut 1,7