Mit dem Shure MV7 will der Hersteller seine große Mikrofon-Erfahrung an eine neue Zielgruppe bringen. Das USB-Mikro zielt auf Podcaster, Streamer und Influencer. IMTEST hat den Praxis-Check gemacht.
MV7: Wieso eigentlich Shure?
Shure ist auf dem Gebiet der Mikrofone eine Instanz. Auf fast jeder Bühne, vom kleinen Jugendzentrum bis zur Festival-Mainstage findet sich der Live-Klassiker SM58. Und auch im Studio ist Shure omnipräsent. Das altehrwürdige SM7B ist ein dynamischer Allrounder, der sich für Gesang beinahe genauso gut eignet wie für Voiceover-Aufnahmen, Podcasts oder Livestreams. Heutzutage hängt in fast jedem Spiele-Raum von ambitionierten Influencern eines der 1973 als SM7 erstmals veröffentlichen Mikrofone.
Doch die Profi-Mikros eignen sich nicht zwangsläufig für den einfachen Einsatz in den eigenen vier Wänden. Durch die analoge XLR-Schnittstelle muss das Signal durch ein USB-Interface geschickt werden, um am PC genutzt werden zu können. Das kostet nicht nur extra, sondern hat auch maßgeblichen Einfluss auf die Audio-Qualität. Zudem muss das Signal im Anschluss auch noch richtig verarbeitet werden. Nutzer ohne Kenntnisse im Audio-Bereich müssen sich hier zunächst einarbeiten, um gute Ergebnisse bei ihren Projekten zu erzielen.
Das hat auch Hersteller Shure erkannt und veröffentlichte 2020 mit dem MV7 ein USB-Mikrofon, dass sich explizit an Podcaster und Streamer richtet. Das Gerät mit eingebautem Vorverstärker gibt sein Signal direkt über ein USB-Kabel an den PC weiter – zusätzliche Hardware ist hier nicht nötig.
Gleichzeitig hat Shure seine Mikrofon-Expertise in das neue Feld mitgenommen. Zwar bekommt man für rund 320 Euro nicht das gleiche, hochwertige Unidyne-III-Aufnahme-Element (Kapsel) des SM7B (499 Euro), allerdings bringt Shure Jahrzehnte der Erfahrung im Bereich Tonwandler mit.
Das MV7 von außen
Äußerlich ist die entfernte Verwandtschaft zum SM7B recht klar zu erkennen. Shure hat das MV7 aber etwas kleiner und rundlicher gestaltet. Die dynamische Kapsel mit Nieren-Charakteristik zeigt nach vorne und wird, genau wie beim SM7B, auch direkt von vorne besprochen. Zudem sind alle relevanten Anschlüsse an der Rückseite des länglichen Gehäuses angebracht. Praktisch: Neben dem Mini-USB-Anschluss gibt es auch beim MV7 einen klassischen XLR-Ausgang. Dieser ermöglicht die nahtlose Einbindung in einen Studio-Kontext und macht das MV7 multifunktional. Gleichzeitig klingt das MV7 über den XLR-Anschluss besser – solange man entsprechend hochwertige Verstärker, Wandler oder Interfaces in der Audio-Kette nutzt. Zudem ist auf der Rückseite ein 7,5 mm Klinkenanschluss für Kopfhörer vorhanden.
Der als Poppfilter auf der Front aufgesetzte Schaumstoff ist nicht fest am Gehäuse fixiert. Hier kann man vermuten, dass er mit der Zeit ausleiern könnte und sich bei nach unten gerichtetem Mikro möglicherweise von selbst löst. Zudem versteckt sich die Kapsel hinter einem klassischen Korb aus Metallgeflecht – das SM7B setzt hier auf eine etwas ausgefeiltere Konstruktion, die den Klang mitformt. Wertig verarbeitet ist das MV7 trotzdem. Das recht schwere Mikro (550g) ist fest mit einem Stativ-Mount verbunden. Das Material wirken solide und robust, die Schrauben für die Kipp-Einstellung stabil.
Auf der Oberseite befindet sich zudem eine Touch-Oberfläche, die mit LEDs bestückt ist. Hier kann per Wisch-Geste die Aufnahme-Lautstärke des Mikros justiert werden. Auch die Kopfhörer-Lautstärke wird über dieses Touchfeld eingestellt.
Gute Software für Einsteiger
Aber Shure liefert nicht nur solide Hardware sondern auch erstaunlich gute Software zum Mikro. Mit “ShurePlus Motiv”, einer gratis herunterladbaren App für Windows, MacOS, iOS und Android, kann die volle Variabilität des MV7 ausgeschöpft werden. In den einfachen Einstellungen kann etwa zwischen Nahbereich, also wenigen Zentimetern zwischen Mund und Mikro, und größerer Aufnahme-Entfernung, etwa beim Betrieb auf dem Tisch, gewählt werden. Dies passt vor allem das Input-Gain, also die Eingangs-Lautstärke an. Hier muss bedacht werden, dass “lauter” automatisch auch mehr Raum-Hall oder Nebengeräusche bedeutet. Die automatische Gain-Steuerung funktioniert aber gut und verhindert das Übersteuern zuverlässig.
Dazu stehen drei Klangprofile “Dark”, “Neutral”, “Bright” zur Verfügung, die im Grund genau das tun, was sie versprechen. Dark hebt Bass und tiefe Mitten an, während Bright eher den oberen Bereich betont. In der Praxis passte “Bright” am besten zur Stimme des Testers, während “Dark” etwas zu dumpf wirkt. Zusätzlich gibt es einen erweiterten Modus, in dem das Mikro viele genauere Einstellungen zulässt. So gibt es etwa mehrstufige Einstellungen zur Kompression, vier Equalizer-Presets, Gain-Einstellungen von 0 bis 36 dB und einen automatischen Limiter. Auch hier wird man nicht mit Kurven und Parametern überfrachtet, sodass sich auch Einsteiger nach etwas Ausprobieren gut zurechtfinden sollten.
Der Ton des Shure MV7
Klanglich gibt sich Shure beim MV7 keine Blöße. Zwar gibt es im direkten Gegenhören ein paar Unterschiede zum deutlich teureren SM7B, insgesamt überzeugt der Sound aber mit einer angenehmen Klangformung, die vor allem im Nahbereich den typischen, warm-bassigen Shure-Sound erzeugt. Zudem wirkt der mittlere Frequenzbereich leicht angehoben, was für eine Abstimmung auf Sprechaufnahmen spricht. Gerade für Podcasts dürfte dieser Klang somit sehr gut funktionieren, zumal sich das Mikro auch bequem an Mikro-Arme hängen lässt. Im Aufnahme-Einsatz zeigte sich allerdings auch, dass der Schaumstoff-Poppschutz im Nahbereich schnell etwas überfordert ist. Hier empfiehlt sich je nach Sprecher ein weiterer Filter.
Im Praxis-Check war die “Bright”-Einstellung für die Sprecherstimme optimal, da sie die höheren Frequenzen boostet und so etwas mehr Brillanz in den Klang bringt. Dies kann sich aber von Person zu Person unterscheiden. Generell ist nicht jedes Mikrofon für jeden Stimmfarbe gleich gut geeignet. Dies gilt gerade für Mikrofone wie das MV7, das einen hörbaren, eigenen Charakter mitbringt. Gut ist auch die präzise Nieren-Charakteristik des Mikros. Seitlich einstreuende Nebengeräusche werden recht zuverlässig ausgefiltert.
Fazit
Das Shure MV7 präsentiert sich im Praxis-Check als wertig verarbeitetes und gut klingendes USB-Mikrofon. Die sehr übersichtliche und nutzerorientierte App ermöglicht es auch Audio-Neulingen schnell stimmige Ergebnisse zu erzielen und liefert in den meisten Fällen wohl ein spürbares Qualitäts-Upgrade. Der XLR-Anschluss macht aus einem reinen Podcast- und Streaming-Mikro dann sogar noch eine solide Studio-Ergänzung. Zwar ist das Gerät klanglich nicht ganz auf dem Niveau des deutlich teureren SM7B, liefert aber immer noch rihtig guten Klang. Dabei eignet es sich mit seiner Charakteristik vor allem für Sprechaufnahmen wie Podcasts oder Streaming. Mit Tisch-Stativ und Mobile-App wird das MV7 zudem sogar zum mobilen Begleiter.