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Das Holodeck zum Greifen nahe: Die Oculus Quest 2

Virtuelle Realität ist jetzt greifbar, bezahlbar und für jedermann nutzbar: Ob die Oculus Quest 2 für „Wow“-Momente sorgt, lesen Sie hier.

Oculus Quest 2_Aufmacher

Produktdetails
  • Preis: 349 Euro
  • Speicher: 64 oder 256 Gigabyte
  • Weitere Infos: www.oculus.com

Das ist der Moment: Wir sind dem Holodeck ein Schritt näher – ich stehe gerade vor Darth Vader und schaue ihm in die Augen!“. So die ersten Worte eines Freundes, dem wir die Oculus Quest 2 mit dem Vorzeigetitel Star Wars – Vader Immortal auf den Kopf setzten. Mit dem Lichtschwert in der Hand kämpft er sich durch Horden von Sturmtruppen, wehrt per Gestenbewegung mit seinem Lichtschwert Geschosse ab, geht hinter Kisten in die Hocke oder klettert per Greifbewegung eine Treppe hoch. All seine Bewegungen führt er im Wohnzimmer durch, in der Brille bewegt er sich frei im Star Wars Universum.

WAS IST DIE OCULUS QUEST 2?

Die „Virtual Reality“-Brille von Oculus ist die mittlerweile dritte Generation der kabellosen VR-Brillen. Sie simuliert lebensnahe 3D-Landschaften vor Ihren Augen und hüllt dabei das Sichtfeld (fast) vollständig ein. Statt einem zweidimensionalen Bild, wie Sie es von Ihrem Fernseher oder Bildschirm kennen, stecken in der Quest zwei separate kleine Bildschirme mit jeweils 1.832 mal 1.920 Bildpunkten. Das menschliche Auge fügt diese zwei leicht versetzten Bilder zu einem dreidimensionalen Bild zusammen. Dadurch werden alle Landschaften, Gegenstände oder Personen in der virtuellen Realität plastisch und fast schon zum „Anfassen“ realistisch dargestellt. Durch die Head-Tracking genannte Funktion erkennt die Brille, wenn Sie Ihren Kopf neigen oder sich drehen und setzt dies ohne Verzögerung in die virtuelle Realität um. Die zwei mitgelieferten Touch-Controller dienen als zusätzlichen Ankerpunkt und erlauben die Interaktion: Sie greifen Gegenstände, schießen mit Waffen, winken anderen Menschen in VR oder wehren sich vor Angriffen. Die verbauten Sensoren erkennen zudem, wo Sie sich im Raum befinden und nehmen jede Bewegung wahr (siehe unten). Kurzum: Sie sind wahrlich „mittendrin“! Wie gut die 349 Euro teure Quest 2 das Tor zur virtuellen Realität öffnet, zeigt der Test.  

Die Bewegungen und Gesten werden erfasst und ins Spiel übertragen.
Im Spiel agiert man schließlich aus der Ego-Perspektive.

Oculus Quest 2: Einrichtung und Bedienung

Der größte Nachteil vorweg: Das Bundeskartellamt hat den Verkauf der Bille aufgrund des zur Nutzung vorausgesetzten Facebook-Kontos in Deutschland vorerst untersagt. Die Quest 2 ist dennoch über Nachbarländer, etwa via Amazon Frankreich, bestellbar und funktioniert einwandfrei. Wann sie „offiziell“ erhältlich ist, ist unklar. Ist diese Hürde überwunden, läuft die Einrichtung schnell: Sie melden sich einmalig mit einem Facebook-Konto an und überspielen die Oculus-App auf Ihre Smartphone. Über die App kaufen Sie Spiele oder Apps, da die in Ihrem Handy hinterlegte Bezahlmethode (etwa PayPal oder Kreditkarte) direkt verwendet wird. In der Brille selbst lassen sich aktuell keine Spiele direkt kaufen: Sie können sich also über den virtuellen App Store Spiele aussuchen, müssen aber zum Bezahlen kurz aufs Handy schauen und die Zahlung bestätigen. Immerhin gibt’s einige Spiele und Apps gratis zum Testen. Ist das erledigt, geht’s an die Einrichtung: Über die Touch-Controller zeichnen Sie einen Spielbereich in Ihr Zimmer. Innerhalb dieses „Guardian“ genannten Bereichs bewegen Sie sich frei umher und jeder Schritt wird ins Spiel übertragen.

Sprich, wenn Sie im Wohnzimmer einen Schritt nach vorne gehen, bewegen Sie sich auch im Spiel einen Schritt vorwärts. Nähern Sie sich  der Grenze, etwa  eine Wand, wird ein Gitter und per Außenkamera die Umgebung direkt in die VR-Brille übertragen. Das ist auch wichtig, da es sonst bei allzu intensiven VR-Spielen schnell zu Verletzungen kommen kann. Im Test funktionierte die Übertragung der Bewegungen ohne Verzögerung und punktgenau. Das ist für eine VR-Brille wichtig. 

Bewegung im virtuellen Raum

Da Sie auch in großen Räumen schnell an Wände stoßen würden, bewegen Sie sich im virtuellen Raum bei der Quest 2 zusätzlich mit folgenden Bewegungsmethoden:

  • Per Analogstick: Mittels der in den Touch-Controllern verbauten 3D-Sticks können Sie sich auch frei im virtuellen Raum bewegen. Aber Vorsicht, das ist nur etwas für VR-Veteranen, die „Motion Sickness“ (siehe unten) dank längerer Eingewöhnung nicht mehr auf den Magen schlägt.
  • Per Teleportation: Die für Anfänger besser geeignete Bewegungsvariante ist die Teleportation. Sie zeigen dabei mit ihren virtuellen Händen auf einen Bereich in der Welt vor sich und „beamen“ dann an den Punkt in der virtuellen Welt. Die Übelkeit hervorrufende Bewegung wird dabei übersprungen.

Sie bewegen sich im Spiel also mit einer Mischung aus Bewegungen im echten Raum, etwa ihrem Wohnzimmer, für kurze Distanzen und per Stick oder Teleportation für größere Distanzen. An die ständige Umstellung gewöhnten sich im Test selbst Anfänger schnell.
Die Touch-Controller dienen allerdings nicht nur zum Bewegen: Mit den rückwärtigen Tasten greifen Sie Gegenstände oder navigieren sich durch die Menüs im Spiel. Das klappte im Test ganz gut, ist allerdings nicht immer sofort intuitiv.

Akkulaufzeit der Oculus Quest 2

Die Akkulaufzeit der Brille selbst variiert je nach Spiel stark: Bei weniger aufwendigen Spielen ging der Oculus Quest 2 erst nach 3 Stunden und 12 Minuten die Puste aus. Beim Verbinden mit dem PC und dem hochauflösenden Spiel „Half Life: Alyx“ war nach knapp 2 Stunden und 25 Minuten schon Spielende. Das klingt erst einmal wenig, wurde aber in der Praxis nur selten erreicht: Da VR-Spiele oftmals körperlich anstrengend sind, werden die meisten Spieler ohnehin eine kurze Pause einlegen. Immerhin: Die Quest 2 ist nach ungefähr 2 Stunden wieder vollgeladen. Wer länger spielen möchte, kann die VR-Brille mit einem langen USB-C-Kabel auch beim Spielen aufladen.

Die Quest 2 ist zwar angenehm leicht, verrutscht beim Tragen aber regelmäßig.

Komfort: Leicht, sitzt aber nicht perfekt

Die Oculus Quest 2 ist erstaunlich leicht und das Gewicht stellt auch bei längeren Spielzeiten kein Problem dar: Unbequem wird es durch das verwendete Schnallensystem, das bei allen Testpersonen entweder zu locker oder zu fest sitzt. Bei etwas heftigeren Gefechten verrutscht die Brille gerne. Zieht man die Schnalle allerdings zu fest an, gibt es ein unangenehmes Druckgefühl und sichtbare Gesichtsabdrücke. Die perfekte „Balance“ ist auch nach 4 Wochen Praxistest nie wirklich gelungen. Abhilfe verschaffen hier zusätzlich erhältliche Kopfpolster und Halterungen von Drittherstellern. Hier hat Oculus offenbar gespart, da die Vorgängermodelle nicht unter diesem Problem litten.

VR-Qualität: Mittdendrin statt nur dabei

Die Quest 2 zaubert die virtuellen Realitäten bei meist flüssigen 90 Bidern pro Sekunde auf Ihre Augen. Das ist auch wichtig, da es bei ruckelnden Bildern schnell zu Übelkeit und Kopfschmerzen kommt. Das Bild selbst ist allerdings nicht immer knackscharf: Bei einigen Spielen wirken Oberflächen etwas karg oder Schatten- und Lichteffekte mager. Der in der Oculus Quest 2 verbaute Prozessor und Grafikeinheit muss nämlich ganz ohne Quelle, etwa eine PlayStation (bei PSVR) oder PC auskommen, die selbst hochwertige Grafikeinheiten besitzen. Auf dem Papier entspricht die Leistung der Oculus Quest 2 in etwa der Xbox One und ist etwa doppelt so schnell wie eine Nintendo Switch. Mit dem Detailgrad aktueller PC-Spiele oder Konsolen wie der PlayStation 5 kann die Quest nicht mithalten. Allerdings lässt sich die VR-Brille sehr wohl an einen Spielerechner anschließen und zeigt Inhalte dank der höheren Leistung in besserer Qualität.

Das Zombiespiel “The Walking Dead Saints & Sinners” erscheint auf der Oculus Quest 2 etwas verwaschen, die Beleuchtung schwach.
Die höhere Auflösung, detaillierte Schatten und Lichteffekte sorgen am PC für ein realistischeres Bild.

Manko: Die Tonqualität

Während die visuelle Immersion „Wow“-Momente hervorruft, gibt’s in Sachen Tonqualitätnoch Nachholbedarf: Die beiden integrierten „on ear“ Kopfhörer klingen äußerst dünn, lassen Bässe vermissen und vermitteln im Vergleich zur Brille selbst kaum Räumlichkeit. Glücklicherweise lässt sich die Quest 2 per Bluetooth mit Bluetooth-Kopfhörern, etwa hochwertigen In-Ear-Kopfhörern, verbinden.

Spieleauswahl

Die Spieleauswahl ist groß: Sie reicht von Brettspielen wie Catan VR, die Sie mit Freunden im virtuellen Raum genießen können, über Musikrythmusspiele wie Beat Saber bis hin zu filmreifen 3D-Blockbustern wie The Walking Dead, bei dem Sie sich mit Armbewegungen durch Zombiehorden kämpfen und verteidigen müssen. Aber auch speziell für VR gedrehte 360-Grad-Animationsfilme wie Baba Yaga mit Kate Winslet in der Hauptrolle sind im Store erhältlich. Eine Übersicht der spannendsten Programme finden sie in einem gesonderten Artikel.

FAZIT

Der größte Nachteil der Quest 2 ist die Beschaffung und die Zwangsregistrierung: Die Brille ist zwar in Deutschland noch “verboten”, dafür aus dem Nachbarland flott bestellt. Dennoch hinterlässt der Facebook-Zwang einen faden Beigeschmack. Ist der heruntergeschluckt, folgen die “Wow”-Momente mit beeindruckenden 360-Spielen und filmen. Die Quest 2 versetzt Sie wahrlich in eine andere Welt und wird jeden begeistern, der auch nur ansatzweise gerne spielt oder einfach mal etwas ganz neues erleben möchte.

  • PRO
    • Tolles Spielgefühl auch ohne starken PC, intuitive Bedienung und richtig gute Spiele.
  • KONTRA
    • Registrierungszwang, kurze Akkulaufzeit und stellenweise altbackene Grafik.

IMTEST Ergebnis:

gut 2,0

Fotos: Sandro Villinger

Sandro Villinger

Als freiberuflicher Redakteur testet Sandro Villinger für IMTEST Hardware, insbesondere Projektoren, Dashcams, IP-Kameras, Laptops oder Spiele-PCs. In diesem Bereich liegt auch seine persönliche Leidenschaft. Seit 12 Jahren ist Sandro Villinger für Softwarefirmen als Manager von Produktentwicklung, Innovation und Marketing tätig. Währenddessen schrieb er viele Jahre für Publikationen wie PC-Praxis, Computerbild und auch Medien wie PCWorld in den USA. Er wurde für seine Arbeit von Microsoft mehrfach ausgezeichnet, schrieb Bücher für Microsoft Press und arbeitete viele Jahre für die Hauptniederlassung des Softwareriesen in Seattle. Sie erreichen ihn via E-Mail.