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Meta Quest 3 im Praxis-Test: Vermischte Realitäten

Wie schlägt sich Metas dritter VR-Streich im Alltag?

Eine schwarze Frau trägt die Meta Quest 3.
© Meta

Die Meta Quest 3 ist bereits das dritte Standalone-VR-Headset des Facebook-Konzerns Meta. “Standalone” heißt, dass es ohne zusätzlichen PC funktioniert. Das neue Gerät wird von den Kaliforniern dabei deutlich stärker als zuvor als “Mixed-Reality-Headset” platziert. Geräte dieser Kategorie sollen die Bereiche Augmented Reality, also Anwendungen, die digitale Informationen in den Sichtbereich des Nutzers projizieren, und Virtual Reality, also vollkommen digitale Umgebungen, zusammenführen. Ob Meta mit der Quest 3 der nächste Schritt gelingt, hat IMTEST im Praxist-Test ausprobiert.

Meta Quest 3 im Überblick

  • Betriebsart: Standalone, USB-C-Verbindung zum PC möglich
  • Prozessor: Qualcomm Snapdragon XR2 Gen 2
  • Speicher: 256 oder 512 GB
  • Auflösung: 2064 x 2208 Pixel pro Auge / 90-120 Hz
  • Sichtbereich: 110° (vertikal)
  • Front-Kameras: 4 / 4 Megapixel
  • Bedienung: Controller & Handtracking
  • Akkulaufzeit: 2-3 Stunden
  • Preis: 550€ (256 GB) / 699€ (512 GB)

Überraschend kompaktes VR-Headset

Die Quest 3 ist das bisher kompakteste VR-Headset von Meta. Der relevante, vor die Augen geschnallte Abschnitt (Visor) misst nur 17,5 x 11 x 10 cm und ist im Vergleich zu seinem Vorgänger deutlich geschrumpft. Das sieht nicht nur ansprechender aus, sondern macht das Headset auch ungemein Rucksack-tauglich. Beim Gewicht hat die Quest 3 allerdings nicht abgespeckt: Knapp 523 Gramm wiegt das Headset, das von einem einfachen Kopfband gehalten wird. Das ist allerdings kein Wunder, denn technisch hat das VR-Headset ordentlich zugelegt.

Das Headset Meta Quest 3 auf gelbem Hintergrund fotografiert.
Das Headset ist kompakt und schlank. Die Kameras sind vorne offen platziert. © IMTEST / Meta

Herzstück ist der neue Qualcomm-Prozessor Snapdragon XR2 Gen 2. Der Chip wurde explizit für VR-Headsets entworfen worden und liefert dabei vor allem die notwendige Grafikleistung. Immerhin flimmern die Bilder mit 90-120 Hz über das Display, um in der Bewegung eine möglichst latenz- und ruckelfreie Darstellung zu ermöglichen. Entsprechend leistungsfähig muss die zugrundeliegende Hardware sein. Denn: Die Quest 3 ist ein Standalone-Headset. Anders als beim VR-Urahn Oculus Rift oder der HTC Vive Pro 2 muss die Quest 3 nicht per Kabel mit einem PC verbunden sein. Das Headset selbst beherbergt Rechenleistung und Akku, sodass man völlig kabellos in die virtuelle Realität abtauchen kann. Der Ton kommt übrigens aus kleinen Lautsprechern in den Visor-Bügeln somit ist man nie vollständig von der Außenwelt abgekoppelt, was unangenehme Überraschungen minimiert.

Besondere Schärfe durch das Infinity Display

Auch beim Display hat sich bei der Meta Quest 3 einiges getan. Pro Auge zeigt das Headset jetzt 2064 x 2208 Pixel an, addiert liegt man dabei also über der Auflösung eines 4K-Displays. Das ist ordentlich – doch damit die Bildschärfe in VR zu erzeugt, reicht reine Auflösung nicht aus. Stattdessen zählt hier die Maßgabe “Pixels per degree” (PPD). Dabei wird die Anzahl der Pixel je Grad des Sichtbereiches angegeben. Anders als bei Fernsehern oder anderen flachen Displays ist dieses Maß hier nicht gleichmäßig verteilt. Anzeigen von VR-Headsets sind in der Mitte des Sichtfeldes schärfer als am Rand. So wird Rechenleistung gespart und die maximale Schärfe auf den wesentlichen Punkt der menschlichen Wahrnehmung fokussiert. Die Meta Quest 3 erreicht hier einen Wert von 25. Das ist sehr ordentlich – die Auflösung der menschlichen Netzhaut beträgt allerdings ungefähr 55 PPD.



Die Verteilung der Bildschärfe wird auch durch die Linsen-Stapel in den extraflachen, sogenannten “Pancake”-Linsen bedingt. Deren Anordnung bezeichnet Meta in seinen jüngeren VR-Headsets als “Infinity Display”. Kurz gesagt liegen hier zwei Linsen pro Auge übereinander, das Licht der Anzeige fällt zudem durch eine Reihe von Polarisationsfiltern. Diese sorgen für Kontraste, Farbdarstellung & Co. Insgesamt funktioniert die Darstellung bei der Quest 3 unheimlich gut. Zwar ist das Pixelraster nach wie vor leicht zu erahnen, gerade für ein Standalone-Headset ist das Bild aber unheimlich scharf und klar. Hier hilft auch die Einstellungsmöglichkeit des Augenabstandes per Rädchen am Visor sowie die verstellbare Distanz zu den Linsen. Zudem hat Meta ein Herz für Brillenträger: mittelgroße Brillengestelle passen unter die VR-Brille, sodass nicht automatisch auf Kontaktlinsen zurückgegriffen werden muss.

Meta Quest 3: Die beste Bild-Durchgabe seiner Klasse.

Was aber ein echtes Mixed-Reality-Headset sein möchte, braucht auch gut funktionierende Kameras, um das Bild der realen Umgebung sinnvoll an den Träger weiterzugeben. Die Meta Quest 3 hat dafür vier nach vorne gerichtete Kamera-Linsen, dazu kommen zwei weitere Kameras an den unteren Ecken des Visors. Dazu gibt es zentrale Tiefen-Sensoren, die den Raum in seiner vollen Dreidimensionalität erfassen. Der Nutzer kann das Headset mit einem Doppel-Tipp an den Visor in den sogenannten Passthrough-Modus schalten. Dann wird das Kamera-Bild in das Sichtfeld projiziert, die Quest 3 sozusagen “durchsichtig”.

Stadt-Silhouette durch die Front-Kameras der Meta Quest 3 fotografiert.
Hamburg von oben: Die Passthrough-Funktion vermittelt ein gutes Gefühl von Größe und Proportion. © IMTEST

Und das klappt richtig gut: Die Vier-Megapixel-Linsen liefern gerade bei guter Ausleuchtung ein sehr ordentliches Farbbild. Dies beginnt allerdings mit abnehmender Raumhelligkeit deutlich zu rauschen. Wichtiger ist aber: Die Proportionen und Abstände stimmen. Mit etwas Eingewöhnung kann man sich mit der Meta Quest 3 beinahe so sicher bewegen, unterhalten oder nach Dingen greifen wie ohne VR-Headset auf der Nase. Hier hilft auch die schnelle Erfassung der Umgebung. Es gibt nur selten minimale Latenz zwischen Kopfbewegung und Kamera-Bild. Dies sorgt einerseits für weniger Motion-Sickness, also Unwohnsein durch die angezeigte Bewegung im Headset. Andererseits hilft es sehr bei der Orientierung im Raum. Die Kameras sind zudem so gut, dass mit etwas Mühe sogar andere Displays, zum Beispiel vom Smartphone, abgelesen werden können. Das ist richtig gut und hilft bei der Nutzung von AR-Anwendungen.

Raumerfassung und Touch-Plus-Controller

Entsprechend einfach geht auch die Einrichtung der Spielumgebung vonstatten. Das Headset unterstützt neben der stationären Nutzung, etwa auf einem Stuhl, auch sogenanntes Room-Scaling. Hierbei wird vom Spieler eine bestimmte Spielfläche festgelegt, in der er sich innerhalb der virtuellen Realität frei bewegen kann. Eine visuelle Sicherheitslinie am Rand dieser Beschränkung verhindert, dass man in der Bewegung in seine Wohnzimmer-Einrichtung fällt oder im Eifer des Gefechtes gegen Wände oder Fenster stößt. Die guten Kameras und Tiefensensoren sorgen dafür, dass das Headset seine Umgebung schnell einfängt und digitalisiert. Passt trotzdem etwas nicht, kann mit einfachen Befehlen über die mitgelieferten, ebenfalls kabellosen Touch-Plus-Controller, nachjustiert werden.

Ein Touch-Plus-Controller vor gelbem Hintergrund fotografiert.
Die mitgelieferten Touch-Plus-Controller überzeuge mit guter Haptik und Bedienbarkeit. © IMTEST / Meta

Die Controller der Meta Quest 3 sind dabei ebenfalls sehr ordentlich. Die kurzen Griffstücke liegen auch in größeren Händen griffig und sicher. Auf der Oberseite finden sich je zwei Aktionstasten sowie ein analoger Thumbstick. Dazu zwei Grifftasten für Zeigefinger und Mittelfinger, mit denen sich Griffbewegungen in der virtuellen Realität simulieren lassen. Zudem erkennt der Stick die Nähe des Daumens, sodass die wichtigen drei Griff-Finger mit den Controllern nachgezeichnet werden können. Controller-Bewegung und der Lagezustand der Eingabegeräte werden dabei problemlos erkannt. Somit ist die Steuerung jederzeit präzise.

Faszinierendes Hand-Tracking

Gut funktioniert auch das sogenannte Hand-Tracking – also die Bedienung des Headsets ganz ohne zusätzlichen Controller. Hierbei wird die Bewegung der Hände von den Kameras erfasst. Der Nutzer kann dann mit Gesten Menüs aufrufen oder dafür ausgelegte Spiele und Anwendungen bedienen. Das kleine, kunterbunte VR-Abenteuer First Hand bietet etwa einen guten Einblick in die Bedienung nur mit den eigenen Fingern.

Screenshot des Spiels Little Cities in der Meta Quest 3.
Unter den Fingerspitzen: Das Hand-Tracking funktioniert auch für Aufbau-Strategiespiele hervorragend. © IMTEST / Meta

Die Bedienung der Meta Quest 3 ist dabei erstaunlich präzise und Latenzfrei. Dazu kommt ein hohes Maß an technischer Faszination. Nach wie vor mutet es im Test wie Science-Fiction an, Elemente in der virtuellen Welt nur mit den eigenen Händen zu beeinflussen. Dies gilt natürlich für Spiele, etwa wenn man im Mini-Aufbaustrategiespiel Little Cities die Kamera nur mit Handgesten bewegt oder mit den Fingerspitzen Gebäude platziert. Gleichzeitig ist der Minority-Report-Effekt allerdings auch in den Menüs unheimlich groß – nicht zuletzt, wenn man seinen PC-Monitor per USB-C-Kabel auf die Quest 3 überträgt und im virtuellen Raum vor großen, digitalen Leinwänden arbeitet. Allerdings hat die Technologie nach wie vor Grenzen: Wird die Ausleuchtung der Umgebung zu dunkel, leidet auch das Hand-Tracking.

Meta Quest 3: Raus aus der Gaming-Nische?

Generell stellt sich die Frage, wie sehr die Meta Quest 3 als Mixed-Reality-Headset wirklich erfolgreich sein kann. Auf der VR-Seite ist das Headset dank starker Leistung sowie der Möglichkeit, problemlos über USB-C mit dem PC verbunden zu werden, eine richtig gute Spiele-Maschine. Damit ist Meta auf Augenhöhe mit reinen Gaming-Headsets wie Sonys PSVR 2. Titel wie das bildgewaltige Rollenspiel Asgard’s Wrath, dessen im Dezember erscheinender zweiter Teil dem VR-Headset sogar gratis beiligt, sorgen für starke Sogwirkung und intensive Spielerfahrungen.



Egal ob es dabei taktische Shooter wie Onward sind, die eine Art Counter-Strike in VR inszenieren oder spannende Erfahrungen, wie Achterbahn-Simulatoren oder das schweißtreibende Rhythmusspiel Beat Saber. Als reine Spiele-Plattform ist die Meta Quest 3 bestens geeignet, zumal sie dank ihrer Flexibilität auch schnell eingepackt ist, um Freunden und Bekannten die virtuelle Realität schmackhaft zu machen. Nicht zuletzt, da das Bild des Headsets auch kabellos an einen TV übertragen werden kann.

Zwischen Minispiel und sozialem Netzwerk

Etwas eingeschränkter könnte allerdings der Nutzen im AR-Bereich sein. Das hat allerdings nichts mit der Hardware an sich zu tun, denn mit ihren Kameras und schneller Aktualisierungsrate ist die Quest 3 das vielleicht beste, kabellose Headset für AR-Anwendungen. Nein, es ist eher die fehlende Software-Dichte. Es fehlt bisher einfach an sinnvollen Mixed-Reality-Anwendungen, die über erweiterte Bildschirme oder kleine Spielereien wie das mitgelieferte First Encounters hinausgehen, in dem man knuffige Aliens im eigenen Wohnzimmer mit Wasserpistolen bekämpft. Hier muss auch Apple mit seiner deutlich teureren MR-Brille “Vision Pro” beweisen, dass es einen Markt für diese Geräte gibt. Immerhin: Es gibt Sport-Anwendungen, allerdings könnte das Headset hier bei hoher Intensität auch zum Hemmnis werden.

Screenshot aus der Hauptumgebung der Meta Quest 3.
Digitales Alter Ego. Im Metaverse braucht man einen passenden Avatar. © IMTEST / Meta

Spannender sind da die sozialen Aspekte der virtuellen Realität. Vor allem die Anwendung RecRoom überzeugt mit ihrem spielerischen Ansatz. Hier finden sich VR-Nutzer zusammen, um in selbstgebastelten Spielen und Umgebungen gemeinsame Abenteuer zu erleben. Auch die Anwendung VR-Chat ermöglicht soziales Miteinander mit farbenfrohen Avataren. Hier könnte – wie von Meta mit dem Metaverse angestrebt – möglicherweise die Zukunft der sozialen Netze liegen. Allerdings scheint diese Zukunft noch immer weit entfernt. VR-Headsets sind aufgrund von Größe, Nutzbarkeit und Preis nach wie vor Nische, nicht Tech-Mainstream. Da hilft auch die Bezeichnung “Mixed Reality” nicht weiter.

Die Nachteile der Meta Quest 3

Dazu tragen auch die nach wie vor vorhandenen Probleme des Headsets bei, die vor allem bei der Nutzungsdauer und Tragekomfort liegen. Denn die vorhandene Leistung hat eben auch ihren Preis. Und den zahlt die Meta Quest 3 in Akkulaufzeit. Oder eher: der fehlenden Akkulaufzeit. Nutzt man das Headset nämlich mit anspruchsvollen Anwendungen ist schon nach zwei Stunden Schluss. Ja, die Laufzeit lässt sich mit Powerbanks verlängern. Zudem bietet Meta selbst einen “Elite Strap” an, der einen eingebauten Akku besitzt. Allerdings werden für diese Erweiterung 150 Euro zusätzlich fällig, die vielleicht nicht jeder Nutzer auf Anhieb ausgeben möchte. Gut: Die Controller speisen sich aus AA-Batterien, die problemlos auch durch entsprechende Akkus getauscht werden können. Allerdings haben die Geräte keine USB-C-Anschlüsse, können also nicht direkt geladen werden.

Dabei ist dieser Strap generell eine gute Anschaffung, da er auch den zweiten Nachteil der Quest 3 reduziert: den Tragekomfort. Das mitgelieferte Kopfband kann zwar einfach über zwei Schiebe-Bündchen am Hinterkopf und einer Klett-Verbindung vorne verstellt werden, so richtig beqeum ist das dünne Band aber nicht. Zudem zieht das Headset mit ordentlich Gewicht nach vorne und drückt dabei schnell unangenehm auf die Stirn. Der gut einstellbare Elite-Strap reduziert diesen Druck. Im Auslieferungszustand ist die Quest 3 aber in längeren Sitzungen etwas unbequem.

Fazit

Die Meta Quest 3 überzeugt im Praxis-Test mit einer scharfen Bilddarstellung, viel Leistung für Spiele und Anwendungen sowie einem faszinierend präzisen Handtracking. Die Farbkameras ermöglichen zudem eine sehr gute Orientierung im Raum und ermöglichen sinnvolle Anwendungen im Bereich der Augmented Reality. Allerdings fehlt es hier etwas an der “Killer-App”, die das Mixed-Reality-Headset zu einem unverzichtbaren Tech-Gadget macht. Als reines VR-Headset liefert die Meta Quest 3 allerdings auf hohem Niveau ab. Viele Spiele lassen sich problemlos kabellos genießen, wer am PC bereits eine ordentliche VR-Bibliothek besitzt, kann diese komfortabel per USB-C-Kabel ebenfalls abrufen. Manko: Die Akkulaufzeit ist mit zwei Stunden richtig kurz, zudem überzeugt das mitgelieferte Kopfband nicht unbedingt mit Tragekomfort. Hier wird eine Zusatz-Investition für den Elite-Strap fällig.

  • PRO
    • Scharfe Bilddarstellung, gutes Passthorugh-Bild, kompakter Formfaktor, gute Controller, große Spiele-Bibliothek, USB-C-Verbindung zum PC möglich.
  • KONTRA
    • Kurze Akkulaufzeit, mitgeliefertes Kopfband etwas unbequem, bisher wenig sinnvolle AR-Anwendungen.

Portraitfoto des IMTEST-Redakteurs Eike Cramer

Eike ist Spiele- und Hardware-Redakteur aus Leidenschaft: Nach seinem abgeschlossenen Studium der Politikwissenschaft zog es ihn direkt zur Spieleredaktion 4players.de in Hamburg, bei der er zwischen 2013 und 2023, mit einem zweijährigen Zwischenstopp beim Musikmagazin Metal Hammer, als Redakteur und Video-Redakteur beschäftigt war. Eike ist dabei ein echter Alleszocker, der, egal ob Indie oder AAA-Blockbuster, auf PC und Konsole zwischen Strategie, Action-Adventure, Rollenspiel und Shooter kaum ein Genre auslässt. Derzeit ist er als freier Autor aktiv.