Insta360 stellt seit 2016 Kameras her. Aber wie der Name schon sagt, handelt es sich bei den meisten Produkte um 360-Grad-Kameras. In der Welt der Action Cams à la GoPro hat das Unternehmen dagegen noch nicht viel Erfahrung. Mit der Insta360 Ace Pro stellt es diese nun allerdings auf den Kopf: Gigantische 8k-Auflösung, großer 1/1,3 Zoll-Sensor, klappbares Display, KI-Funktionen und viele clevere Details. Auf dem Papier ist die Insta360 Ace Pro der unangefochtene König unter den Action Cams. Doch wie sieht es in der Praxis aus? FOTOTEST hat es getestet.
Ace Pro: Insta360 bietet GoPro die Stirn
Die Insta360 Ace Pro ist wie bereits geschrieben die erste reine Weitwinkel-Actionkamera von Insta360. Sie konkurriert dadurch mit der GoPro Hero 12 Black und der DJI Osmo Action 4, ist aber die erste ihrer Art, die 8K-Video bietet. Ein dicker Tritt in den Hintern von GoPro und DJI. Allerdings sollte das allein keinen Kaufgrund darstellen. Schließlich unterstützt YouTube nur 4K und es gibt nur sehr wenige (teure) 8K-Bildschirme. Außerdem bietet die Ace Pro 48 Megapixel für Fotos – ebenfalls mehr als die meisten Leute brauchen. Aber die meisten Menschen brauchen auch kein Auto mit 150 PS und mehr – es wird trotzdem gekauft.
Ace Pro: Typisches Action Cam-Design
Die Insta360 Ace bietet das typische kompakte Action Cam-Design. Im direkten Vergleich ist sie allerdings etwas größer und schwerer als die GoPro Hero 12 Black und vor allem als die DJI Action 4. Sie wiegt beispielsweise 180 Gramm im Vergleich zu 154 g bei der Hero 12 Black und 145 g bei der Action 4. In der Hand mach das keinen großen Unterschied, wenn man seine Action Cam aber am Helm befestigen will, umso mehr. Bei den Materialien gibt es ebenfalls wenig Überraschungen. Das kastenförmige Gehäuse besteht aus mattschwarzem Metall mit roten Akzenten.
Die Kamera ist bis zu einer Tiefe von 10 Metern wasserdicht. Zusätzlich bietet Insta360 ein separat erhältliches Unterwassergehäuse für Tiefen bis zu 60 Metern an. Das Objektiv wird durch ein Schutzglas geschützt. Erster Wermutstropfen: Das Schutzglas lässt sich nicht selbst, sondern nur vom Hersteller austauschen. Ein No-Go für eine Action Cam, die für den harten Outdoor-Einsatz gedacht ist.
Ace Pro mit Schnellkupplungssystem
Gut dagegen: Die Action Cam verfügt über einen Standard 1/4-20 Stativanschluss an der Unterseite und ein magnetisches Schnellkupplungssystem. Action Cams müssen schließlich vielseitig und schnell einsatzbereit sein, und die Magnethalterung der Insta360 Ace Pro ermöglicht genau das. Die Kamera verfügt außerdem über einen USB-C-Anschluss zum Aufladen und zur Datenübertragung sowie einen microSD-Kartensteckplatz unter einer Abdeckung auf der einen Seite. Auf der gegenüberliegenden Seite befindet sich die Klappe zum Entnehmen des 1.650 mAh Akkus.
Das auffälligste Merkmal der Insta360 Ace Pro ist aber der vergleichsweise riesige 2,4-Zoll-Touchscreen. Der Clou: Er lässt sich um 180 Grad drehen. So lässt sich das Live-Bild von vorne oder von hinten betrachten. Viele Actionkameras (zum Beispiel die DJI Osmo Action 4) bieten ein kleines zweites Display, das als Sucher dient, wenn die Kamera im Selfie-Modus gehalten wird. Das ausklappbare Display der Ace Pro in voller Größe ist dagegen viel praktischer. Dreht man den Bildschirm beispielsweise um 90 Grad, kann man die Bilder auch von oben betrachten, etwa wenn die Kamera am Fahhradlenker montiert ist. Dazu gibt es ein Frontdisplay, das zwar keine Touch-Funktion und kein Live-Bild bietet, aber einige der wichtigsten Einstellungen anzeigt.
Bedienung: So muss das
Apropos Tasten: Die Insta360 Ace Pro verfügt über zwei physische Tasten: eine Einschalttaste und eine Auslösetaste. Die Einschalttaste dient ebenfalls dazu, zwischen den verschiedenen Kameramodi der Kamera zu wechseln und Clips während der Aufnahme als „Highlight“ zu markieren. So findet der Filmer bestimmte Abschnitt eines Videos später leichter wieder. Der Auslöser hingegen löst nicht nur die Aufnahme aus, sondern wird auch für schnelle Schnappschüsse verwendet. Wird er bei ausgeschalteter Kamera gedrückt, startet diese und beginnt sofort zu filmen. Insgesamt geht die Bedienung flüssig von der Hand. Wer schon einmal eine Action Cam in der Hand hatte, wird sich schnell zurechtfinden. Alles reagiert flott, die Menüs sind schick und schlüssig – keine Beanstandungen. Eine weitere erwähnenswerte Funktion ist die Gestensteuerung. Wenn man die Handfläche hebt, beginnt die Ace Pro nach einem Countdown von drei Sekunden mit der Videoaufnahme. Und wenn man das “Peace”-Zeichen zeigt, knipst die Kamera nach drei Sekunden ein Foto.
Must-have-Zubehör: GPS-Vorschau-Fernsteuerung
IMTEST testete das GPS-Kit (UVP 648 Euro) der Ace Pro inklusive GPS-Fernbedienung. Dabei handelt es sich um ein Armband, das optisch an eine antiquierte Smartwatch erinnert. Doch das Teil hat es in sich. Einerseits sendet die Fernbedienung während der Aufnahme GPS-Informationen an die Ace Pro. Bei der Bearbeitung lassen sich dann Informationen wie Beschleunigung, Geschwindigkeit oder Steigung in den Clips einblenden. Auf der anderen Seite dient die Fernbedienung als Fernsteuerung. Das heißt, man kann Aufnahmen entweder mit der Fernbedienung oder mit der Kamera starten.
Der Clou dabei: Die Fernbedienung zeigt auf ihrem Bildschirm das Live-Bild der Kamera und verfügt zusätzlich über alle wichtigen Bedienelemente. Das macht die Handhabung unglaublich praktisch. Vor allem, wenn sich die Action Cam zum Beispiel am Helm, am Brustgurt oder sonst wo außerhalb der eigenen Reichweite befindet. Ebenfalls nett: Die PC-Software insta360 Studio extrahiert auf Wunsch eine gpx-Datei, die sich z. B. in Google Earth zur Erstellung von Karten nutzen lässt.
Die Insta360 Ace Pro ist in der Lage Videos mit einer Auflösung von bis zu 8K bei 24 Bildern pro Sekunde oder 4K bei bis zu 120 Bildern pro Sekunde aufzunehmen. Zeitlupenvideos sind mit bis zu 240 Bildern pro Sekunde bei einer Auflösung von 1080p möglich. Dabei unterstützt die Action Cam die Video-Codecs H.265 und H.264 und kann mit einer Bitrate von bis zu 170 Mbit/s aufzeichnen. Dazu gibt eine Vielzahl von Videomodi.
Insta360 Ace Pro: Spannende Videomodi
- Video: Der Standardmodus, der Videos mit FlowState-Stabilisierung und der integrierten Active HDR-Funktion aufnimmt, die den Dynamikumfang und die Farbgenauigkeit der Aufnahmen automatisch optimiert. Die Active HDR Funktion lässt sich abschalten, falls einem der Look nicht gefällt.
- PureVideo: Dieser Modus nutzt den 5nm KI-Chip der Ace Pro. Er soll die Leistung der Kamera bei schlechten Lichtverhältnissen mit Rauschunterdrückung, erhöhter Helligkeit und verbessertem Dynamikbereich verbessern.
- FreeFrame Video: Die Ace Pro zeichnet in diesem Modus Videos mit einem Seitenverhältnis von 4:3 und einem breiteren Sichtfeld als dem Standardseitenverhältnis von 16:9 auf. Das erlaubt mehr Flexibilität in der Postproduktion.
- TimeShift: Auch oft als “Hyperlapse” bezeichnet. Ideal für Zeitraffervideos in Bewegung (siehe Video oben). Bei einem normalen Zeitraffer muss die Kamera stillstehen, bei TimeShift kann man sich frei bewegen.
- Timelapse: So bezeichnet Insta360 seinen Zeitraffermodus. Im Gegensatz zu „TimeShift“ soll sich die Ace Pro in diesem Modus nicht bewegen. Funktioniert dafür besser bei schlechten Lichtverhältnissen.
- Loop-Aufnahme: In diesem Modus dreht die Ace Pro eine Dauerschleife der letzten 5 Minuten (ähnlich wie eine Dash Cam). Bedeutet: Die Kamera überschreibt die älteren Aufnahmen mit den neuesten. Dadurch kann man permanent filmen (zumindest, bis der Akku schlappmacht), ohne sich Sorgen machen zu müssen, dass die SD-Karte vollläuft. Sobald man etwas Brauchbares im Kasten haben, beendet man einfach die Aufnahme.
- Zeitlupe: Die Ace Pro kann Zeitlupenvideos mit bis zu 240 Bildern pro Sekunde bei einer Auflösung von 1080p oder bis zu 120 Bildern pro Sekunde bei einer Auflösung von 4K aufzeichnen.
- Starlapse: Dieser Modus nimmt mehrere Bilder auf und kombiniert sie zu beeindruckenden Zeitraffer-Videos im Dunkeln.
Fotos mit der Insta360 Ace Pro
Fotoaufnahmen gehören nicht unbedingt zur Spezialität von Action Cams. Die Aufnahmen der Insta360 Ace Pro mit ihrem großen 1/1,3-Zoll-Sensor und bis zu einer Auflösung von bis zu 48 Megapixeln (!) können sich aber sehen lassen. Dafür gibt folgende Fotomodi:
- Foto: Einfacher Aufnahmemodus ohne HDR.
- HDR-Foto: In diesem Modus nimmt die Ace Pro Fotos mit der in der Kamera integrierten HDR-Funktion auf. Bedeutet: Die Kamera schießt mehrere Aufnahmen desselben Motivs und kombiniert diese zu einem Foto. Davon soll der Dynamikumfang und die Farbtreue profitieren.
- Intervall: Nimmt kontinuierlich Fotos in einem vom Fotografen gewählten Zeitintervall auf. Die Ace Pro kann dabei die Veränderungen im Bild automatisch erfassen und erstellt entsprechend entweder Zeitraffer- oder Stop-Motion-Videos.
- Fotoserie: Statt ein einzelnes Bild aufzunehmen, nimmt die Ace Pro mehrere Bilder in einem kurzen Zeitraum auf. Möglich sind bis zu 30 Bilder pro Sekunde bei einer Auflösung von 12 Megapixeln.
Die Kamera verfügt darüber hinaus über eine praktische, wenn auch nicht einzigartige Funktion namens “Photo Grab“. Drückt man während der Aufnahme im Video-Modus auf das kreisförmige Symbol in der unteren linke Ecke, knipst die Ace Pro mitten im Video 12 MP-Fotos. Funktioniert übrigens auch per Sprachbefehl („Take a photo“). Ebenfalls erwähnenswert: Besitzer der Apple Watch und nahezu aller Garmin-Sportuhren und -Fahrradcomputer mit GPS, können einige der von den Wearables erfassten Daten wie GPS-Position und Geschwindigkeit in ihre Videos einblenden. Voraussetzung dafür ist lediglich, dass während der Aufnahme eine Aktivität erfasst wurde.
Aufnahmequalität: Insta360 zieht mit GoPro gleich
Obwohl 8K-Aufzeichnungen für noch schärfere Aufnahmen sorgen, muss man die Bildratenbeschränkung auf 24 Bilder pro Sekunde berücksichtigen. Und 24 Bilder pro Sekunde sind für eine Action Cam alles andere als ein Ruhmesblatt. Tatsächlich ist 4K/60p immer noch die wichtigste Auflösung. Und die beherrschen sowohl die Hero 12 Black als auch die Osmo Action 4 für weniger Geld. Unabhängig davon ist die Videoqualität der Ace Pro in 4K generell sehr gut. Bei lebhafteren oder schnelleren Szenen sehen die Aufnahmen großartig aus und liegen auf dem gleichen hohen Niveau wie bei der GoPro Hero 12 Black.
8 aktuelle Action-Cams im Test: Knappes Rennen
Alle großen Action-Cam-Hersteller haben neue Modelle vorgestellt. Welche die Nase vorn hat, klärt der Test.
Klasse Videos auch bei Dunkelheit
Für die Ace Pro spricht aber der 1/1,3 Zoll Sensor, der genauso groß wie der Sensor der Osmo Action 4 und größer als der der Hero 12 Black ausfällt. Der Sensor und die f/2.6 Blende ermöglichen eine beeindruckende Leistung bei schlechten Lichtverhältnissen. Die Tester stellten dabei nur ein geringes Bildrauschen fest. Der KI-verstärkte Chip scheint in der Tat dabei zu helfen, mehr Rauschen zu entfernen, als es der 1/1,3-Zoll-Sensor kann. Und das sowohl bei Videos als auch Fotos. Auch mit hellen Lichtquellen geht die Ace Pro im Gegensatz zu den meisten Action Cams vergleichsweise gut um. Dennoch gibt es noch Raum für Verbesserungen:
- Bildausschnitt: Der Sichtwinkel der Ace Pro ist selbst in der höchsten Einstellung „Action“ vergleichsweise klein. Die DJI Osmo Action 4 mit „Extra weit“ und die GoPro Hero 12 Black (vor allem mit aufgeschraubten Max Lens Mod 2.0) zeigen ein wenig mehr von der Umgebung. Ein breiterer Sichtwinkel verstärkt die Immersion von POV-Aufnahmen immens.
- Kein D-Log: Leider gibt es keine Log-Aufnahmefunktion (nur ein “Flat”-Profil) wie zum Beispiel die GP-Log-Funktion bei der GoPro Hero 12 Black. Das schränkt die Möglichkeiten der Farbkorrektur in der Postproduktion deutlich ein.
Insta360 Ace Pro: Einzigartige Funktionen
Andererseits gibt es jede Menge Funktionen, bei denen sich GoPro und DJI eine Scheibe abschneiden können. Hier drei Beispiele:
- Zoom: Ein Feature, das bei Action Cams bisher einzigartig ist, ist die Zoomfunktion (2x). Sie ermöglicht es, ohne nennenswerten Qualitätsverlust in das Bild hineinzuzoomen. Im Gegensatz zu vielen anderen Kameras, die beim digitalen Zoomen an Bildqualität verlieren, behält die Ace Pro von Insta360 die Bildschärfe (bis zu 4K) auch beim Zoomen bei.
- Aufnahme pausieren: Mit dieser Funktion kann die Aufnahme angehalten und später in derselben Datei fortgesetzt werden. Das Ergebnis ist ein nahtloser Clip statt mehrerer Einzeldateien. Dies spart nicht nur Zeit, da das Durchsuchen vieler kurzer Clips entfällt, sondern hält auch die Aufnahmen übersichtlich und kompakt. Pfiffig auch: Will man eine neue Aufnahme beginnen, öffnet man einfach das Album und tippt auf den roten Punkt, um am Ende des aktuellen Clips weiter zu filmen.
- Abbruch der Aufnahme: Wenn man während des Filmens merkt, dass die Szene nicht so aussieht, wie man sich das vorgestellt hat, drückt man einfach lange auf den Auslöser. Dadurch stoppt die Kamera und löscht sofort die Aufnahme. Auf diese Weise wird verhindert, dass man die Speicherkarte mit misslungenen Aufnahmen füllt.
Ace Pro: Bildstabilisierung und Akkulaufzeit
Die Bildstabilisierung „FlowState“ der Ace Pro funktionierte im Test darüber hinaus sehr gut und bewegte sich auf einem ähnlich hohen Niveau wie bei der GoPro Hero 12 Black. Bei Touren auf dem Mountainbike hielt die Stabilisierung den meisten kleinen Stößen und Vibrationen stand und das Bild sehr stabil. Sie schnitt im Test sogar einen Tick besser ab als die DJI Osmo Action 4. Dazu gibt es die Funktion “Horizon Lock”, die den Horizont stets gerade hält, selbst wenn die Action Cam während der Aufnahme gedreht wird.
Die Akkulaufzeit der Ace Pro ist dagegen nur durchschnittlich. Mit rund 83 Minuten bei 4K/60p liegt sie etwa auf dem Niveau der DJI Osmo Action 4. Das ist nicht schlecht, aber man sollte für alle Fälle besser immer einen Ersatzakku dabei haben. Zum Vergleich: Die GoPro Hero 12 Black macht nach ca. 79 Minuten bei 4K/60p schlapp, die Osmo Action 4 nach 85 Minuten.
DJI Osmo Pocket 3 im Test: Die Social-Media-Cam
Ist die DJI Osmo Pocket 3 die perfekte Mischung für Vlogger?
Fazit
8K ist nicht das, was die Insta360 Ace Pro zur derzeit besten Action Cam auf dem Markt macht. Dafür bietet die Megaauflösung noch zu viele Einschränkungen. Vielmehr sind es neben der Top-Videoqualität die vielen kleinen Details, die die Ace Pro an die Spitze katapultieren. Zum Beispiel der klappbare Bildschirm, die Pausenfunktion oder die einzigartig praktische Fernbedienung für das Handgelenk. Dennoch gibt es Verbesserungsbedarf: So gehört die Ace Pro zu den klobigeren Action Cam-Vertretern. Auch der Akku könnte etwas länger halten. Unter dem Strich steht aber vor allem GoPro unter Zugzwang: In Sachen Befestigungssystem, Auflösung und Software hinkt der Action Cam-Pionier inzwischen mehr oder weniger deutlich hinterher.
- PRO
- Sehr gute Videoqualität, klappbarer Bildschirm, komfortable Bedienung, viele praktische Software-Funktionen
- KONTRA
- Relativ groß und schwer, kein austauschbarer Linsenschutz
IMTEST Ergebnis:
sehr gut 1,5