Wear OS von Google gibt es bereits seit 2014. Seitdem haben wir Android-betriebene Smartwatches von verschiedenen Herstellern wie Samsung, Mobvoi und Oppo gesehen – aber keine von Google selbst. Bis jetzt. Denn seit kurzem gibt es die Pixel Watch von Google höchstpersönlich. Ob die Uhr neue Maßstäbe setzen kann, zeigt der Test.
Design: Gegenentwurf zur Apple Watch Ultra
Über das Design der Pixel Watch lässt sich vortrefflich streiten: Die eine halten es für schlicht, elegant und edel die anderen für zu rund, klein und feminin. Nüchtern betrachtet: Ja, die Pixel Watch ist mit 41 Millimeter Gehäusedurchmesser winzig – gerade im Vergleich zu Smartwatch-Monstern wie der Apple Watch Ultra oder Garmin Fenix 7 Pro. An kräftigen Handgelenken ist der Look mindestens gewöhnungsbedürftig. Unabhängig davon besteht die Pixel Watch aus hochwertigem Edelstahl. Die meisten anderen Smartwatch im Preisbereich von 400 Euro, einschließlich der Apple Watch Series 8, setzen auf günstigeres, empfindlicheres Aluminium.
Im Vorfeld wurde der große Displayrahmen kritisiert, der die tatsächliche Bildschirmgröße auf rund 30 Millimeter reduziert. Am Handgelenk fällt das aber kaum auf, da der schwarze Hintergrund diesen Umstand gut kaschiert. Trotzdem: Selbst im Vergleich zur kleinen 41 MM-Apple Watch fällt der Bildschirm deutlich kleiner aus. Unabhängig davon erweist sich das OLED-Display mit seinen 384 x 384 Bildpunkten als scharf und hell.
Pixel Watch: Veraltete Technik
Ansonsten gibt es hinsichtlich des Designs keine großen Überraschungen. Es gibt eine verchromte, drückbare Krone. Zusätzlich gibt es oberhalb der Krone eine Taste, über die sich die zuletzt gestarteten Apps oder – durch längeres Drücken – der Google Assistant zum Leben erwecken lässt. Obendrein beherbergt das Gehäuse jeweils rechts und links Mikrofonöffnungen und links einen langen Lautsprecherschlitz. Beide Tasten erfüllen ihren Zweck, aber es ist ärgerlich, dass sie sich nicht programmieren lassen. Obwohl die Smartwatch von Google nicht offiziell als “wasserdicht” deklariert, ist sie für eine Wassertiefe von bis zu 50 Metern ausgelegt.
Interessant: Im Gehäuse kommt ein Chip vom Typ Exynos 9110 zum Einsatz. Kenner wissen, dass es sich dabei um ein erstaunlich betagtes Modell aus dem Jahr 2018 handelt, das anfänglich in der ersten Samsung Galaxy Watch zum Einsatz kam. Auf dem Papier ist die Leistung weit entfernt von modernen Chips wie dem Exynos W920, den Samsung zum Beispiel in der Galaxy Watch 5-Serie verbaut. Immerhin hat Google der Pixel Watch einen Co-Prozessor spendiert, der Aufgaben wie die Herzfrequenzmessung übernimmt. Unterm Strich sorgt diese Combo, die obendrein von 2 Gigabyte Arbeitsspeicher unterstützt wird, für flottes Navigieren in den Menüs und schnelles Öffnen und Wechseln von Apps. Allenfalls nach einem Neustart dauert es eine Weile, bis alle Apps geladen und einsatzbereit sind.
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Smarte Funktionen: Pixel Watch top
Auf der Pixel Watch läuft Wear OS 3.5, der neusten Version des Smartwatch-Betriebssystems von Google. Obwohl es sich um eine Wear OS-Uhr handelt, kommt nicht die bekannte Wear OS-App zum Einsatz. Stattdessen gibt es eine spezielle Pixel Watch-App, über die sich Ziffernblätter und Einstellungen verwalten lassen. Außerdem lässt sich über die App auf Google Play Store zugreifen, der eine große Auswahl an Apps und Ziffernblättern offeriert.
Auf der Pixel Watch selbst bietet die Software mehr oder weniger die gewohnte Wear OS-Oberfläche: Benachrichtigungen lassen sich mit einem Wisch von unten nach oben aufrufen, die Schnelleinstellungen mit einem Wisch von oben nach unten. Mit Rechts- oder Linkswischern blättert man durch die verschiedenen Apps, wie Wetter, Navigation, Termine, Schlafdaten, Training, Herzfrequenz und Schritte. Um auf alle auf der Pixel Watch installierten Apps zuzugreifen, reicht wie bei der Apple Watch ein Druck auf die Krone.
Halten Sie die Extrataste gedrückt, startet der Google Assistant mit der Frage „Hallo! Was kann ich für dich tun?“. Alternativ reagiert die Pixel Watch auch auf den Befehl „Hey Google“. Die Interaktion funktioniert in der Regel einwandfrei, solange die Pixel Watch mit dem Internet verbunden ist. Ebenso gut funktionieren Telefonate und Messaging, die bei der von IMTEST getesteten 4G-LTE-Version (429 Euro) auch unabhängig vom verknüpften Smartphone funktionieren. Kurzum: Hinsichtlich der smarten Funktionen ist die Pixel Watch top aufgestellt (Note 1,1).
Sport & Fitness: Viele Baustellen
Die Pixel Watch ist aber nicht nur eine Smartwatch, sondern auch ein Fitbit-Gerät. Taugt die Uhr aus diesem Grund auch für Fitness und Sport? Antwort: Eingeschränkt. Doch der Reihe nach. Für die Gesundheits- und Fitness-Tracking-Funktionen benötigt der Nutzer zunächst einmal ein separates Fitbit-Konto und die dazugehörige Fitbit-App. Erst nachdem das erledigt ist, stehen die Fitbit-Funktionen wie Trainings, Auswertungen derselben und Gesundheitsstatistiken auf der Pixel Watch bereit. Die Pixel Watch ist fortan in der Lage Aktivitäten. Körperwerte und Schlaf zu erfassen und diese Daten in die Fitbit-App zu übertragen. Alles in allem sind die Fitnessfunktionen aber unterdurchschnittlich (Note 3,2) und wirken zum Teil noch unfertig. Das hat verschiedene Gründe.
- Wenige Trainingsprofile: Es geht damit los, dass die Pixel Watch lediglich 41 Sportprofile bereitstellt. Dabei sind Exoten wie „Kraftdreikampf“ und „Stand-Up-Padelling“, dafür fehlen beliebte Sportarten wie „Indoor-Rad“, „Fußball“, „Turnen“ oder „Reiten“. Eigene Profile lassen sich nicht anlegen.
- Ungenaues GPS: Während die Pixel Watch die Herzfrequenz zuverlässig erfasst, erledigt der eingebaute GPS-Empfänger seine Arbeit nicht so gut. Die Aufzeichnungen erweisen sich bei genauer Betrachtung an vielen Stellen als ungenau, vor allem im Wald und Großstädten. Kein Wunder, denn in der Pixel Watch ist nur ein „einfacher“ GPS-Empfänger eingebaut, keiner, der mehrere Signale gleichzeitig erfassen kann (Multiband GPS).
- Keine Auto-Pause: Diese Funktion gehört bei Smartwatches eigentlich seit einigen Jahren zum Standard. Sie bewirkt, dass die Smartwatch automatisch die Aufzeichnung einer Aktivität stoppt, sobald der Träger zum Stillstand kommt. Typische Beispiele sind an einer Ampel oder beim Schuhe zubinden. Setzt sich der Träger wieder in Bewegung, setzt die Uhr die Aufzeichnung fort. Ein praktisches Komfort-Feature, das bei der Pixel Watch fehlt.
- Nervige Erinnerungen: Die Pixel Watch wird nicht müde, den Träger daran zu erinnern sich zu bewegen. Im Test geschah das sogar während eines Spaziergangs! Immerhin lassen sich diese Hinweise abschalten.
- Schritterkennung: Offenbar fehlinterpretiert die Pixel Watch bestimmte Bewegungen als Schritte. Nach einer langen Tour hatte der Tester zum Beispiel nicht nur knapp 50 Kilometer auf dem Fahrrad zurückgelegt, sondern auch über 10.000 Schritte auf dem Konto.
- Funktionen nur im Abo: Einige Funktionen gibt es bei Fitbit nur im Abo. Verständlich ist vielleicht noch bei Funktionen wie Video-Workouts und Achtsamkeitsübungen. Das Fitbit aber auch 10 Euro pro Monat für Daten wie einen Tagesform-Index und erweiterte Schlafanalyse verlangt, könnte man als ziemlich dreist bezeichnen.
- Beschnitte Gesundheitsfunktionen: Der Pixel Watch fehlen Funktionen für die Messung der Hauttemperatur und der elektrodermalen Aktivität (EDA), die in anderen, günstigeren Smartwatches der Fitbit-Familie zur Verfügung stehen.
Unabhängig davon ist die Pixel Watch im Bereich „Gesundheit“ solide aufgestellt (Note 2,7). So gibt es neben der Messung der Herzfrequenz auch die Möglichkeit ein EKG zu erstellen. Die Pixel Watch kann außerdem den Schlaf aufzeichnen und schätzen, wie lange die Einschlaf- und andere Schlafphasen wie Leicht-, Tief- und REM-Schlaf gedauert haben. Das ist nicht ungewöhnlich. Dafür aber, dass die Pixel Watch zwar technisch in der Lage ist die Sauerstoffsättigung des Blutes (SpO2) über Nacht zu messen, das allerdings nicht macht. Sie verfügt immerhin über den erforderlichen Sensor, aber die Funktion steht bislang nicht zur Verfügung.
Akkulaufzeit: Schlechter als die Apple Watch
Ein ebenfalls unrühmliches Thema betrifft die Akkulaufzeit. Google hat es tatsächlich geschafft, die schlechte Ausdauer der Apple Watch zu übertreffen – in negativer Hinsicht. Google selbst nennt für die Pixel Watch eine Akkulaufzeit von 24 Stunden. Das ist optimistisch und allenfalls mit abgeschalteten Always-on-Display realisierbar. Wer die Smartwatch morgens voll aufgeladen mit aktiviertem Always-on anlegt, ein paar Telefonate führt, smarte Funktionen nutzt und obendrein noch eine Sport-Einheit einlegt, muss sie am gleichen Tag abermals laden. Interessant dabei: Selbst während der Nacht sinkt die Akkuanzeige um bis zu 30 Prozent. Immerhin geht das Aufladen recht flott vonstatten: Eine volle Ladung dauert rund 1 Stunde und 15 Minuten.
Fazit
Technisch klingt der Ansatz der Pixel Watch vielversprechend: Schließlich vereint sie Google- und Fitbit-Technik in einer Uhr. Während die smarten Fähigkeiten mit prall gefülltem App-Store, guten Messaging-Funktionen und telefonieren am Handgelenk auf ganzer Linie überzeugen, hinterließen im Test die Fitness-Funktionen einen unfertigen Eindruck. So fehlen etwa gängige Funktionen wie Auto-Pause und automatische Trainingserkennung. Darüber hinaus arbeitete das GPS ungenau, die Uhr erkannte beim Radfahren Schritte und einige Funktionen gibt es nur bei Abschluss eines kostenpflichtigen Abos. Einen weiteren Schwachpunkt stellt die schwache Akkulaufzeit dar, mit aktiviertem Immer-An-Bildschirm hält die Pixel Watch gerade einmal einen einzigen Tag durch. Alles in allem hinterlässt die Pixel Watch trotz ihrer Gehäuseform nicht in allen Situationen einen runden Eindruck. Dafür erscheint der Preis von 429 Euro für die Mobilfunk-Version als zu hoch angesetzt.
- PRO
- Sehr gute Einbindung von Google Diensten wie Pay, Maps und Assistant.
- KONTRA
- Sehr schlechte Akkulaufzeit. Fragliche Fitness-Funktionen.
IMTEST Ergebnis:
gut 2,5