Bis vor kurzem galten Fahrradnavis (aka Fahrradcomputer) selbst unter Experten als ausgereift und ausgereizt. Mittlerweile funktioniert die Navigation meist zuverlässig, fast alle Geräte zeigen alle wichtigen Daten an und die Anbindung an Sensoren und Apps wie Komoot und Strava funktioniert zuverlässig. Pustekuchen! Die neue Generation der Bike Computer strotzt nur so vor Innovationen – allen voran der neue Edge 1050. Allerdings hätte das neue Garmin-Flaggschiff auch beim Unterbau ein Update gut getan, wie der Test zeigt.
Fahrradcomputer-Testsieger: Garmin Edge 1050
Chapeau – die Ingenieure von Garmin haben sich bei der Entwicklung des Garmin Edge 1050 besonders viel Mühe gegeben. Der neue Fahrradcomputer steckt voller neuer Funktionen und toller Ideen.
Das Display des Garmin Edge 1050 ist dabei eine der wichtigsten Neuerungen und stellt einen großen Fortschritt gegenüber anderen Garmin-Modellen mit MIP-Bildschirm (etwa Edge 840 oder 1040) dar. Mit einer Größe von 3,5 Zoll, einem transmissiven LCD-Design und einer feinen Auflösung von 480 x 800 Bildpunkten stellt es Karten und Daten besonders groß und scharf dar. Besonders hervorzuheben ist in diesem Zusammenhang die beeindruckende Helligkeit des Displays von 1000 Nits, die auch bei direkter Sonneneinstrahlung eine gute Lesbarkeit gewährleistet. Schärfe und Helligkeit sind in der Tat beeindruckend, allerdings hat Garmin das Thema Reflexionen noch nicht in den Griff bekommen. Unter dem Strich bietet dadurch der Hammerhead Karoo 3 das beste Display unter den Fahrradcomputern.
MIP (Memory In Pixel) und LCD (Liquid Crystal Display) sind zwei unterschiedliche Anzeigetechnologien, die in Fahrradcomputern verwendet werden. MIP-Displays speichern die Bildinformation direkt in den Pixeln, was zu erheblichen Energieeinsparungen führt, da das Display nur dann Strom verbraucht, wenn das Bild geändert wird. LCDs hingegen verwenden ähnlich wie Smartphones eine Hintergrundbeleuchtung und Flüssigkristalle, um Bilder darzustellen. Sie bieten eine hohe Bildqualität und gute Lesbarkeit, benötigen aber mehr Energie, da die Hintergrundbeleuchtung ständig aktiv sein muss. Beide Technologien haben ihre Vorteile: MIP für längere Akkulaufzeiten und LCD für brillante, gut lesbare Anzeigen.
Unabhängig davon ist der Touchscreen des Edge 1050 äußerst reaktionsschnell und ermöglicht eine flüssige Bedienung, vergleichbar mit der eines modernen Smartphones. Wäre da nicht die völlig veraltete Benutzeroberfläche, die vom Aufbau an Geräte der Jahrtausendwende erinnert. Hier sollte Garmin dringend aufräumen und etwas Neues schaffen.
Edge 1050: Mit eingebauter Fahrradklingel
Die Fahrradklingel ist eine clevere Idee. Dazu muss man wissen, dass der Edge keinen Beeper (wie alle anderen Fahrradcomputer), sondern einen richtigen Lautsprecher hat. Dadurch fallen nicht nur die Piep-Geräusche weg, die bis jetzt auf allen Fahrradcomputern nervten. Er ermöglich auch Funktionen wie die Klingel, was vor allem Rennradfahrer freuen dürfte. Man kann sie sogar mit mit den Remote/Extra-Tasten von SRAM AXS- und Shimano Di2-Schaltungen bedienen.
Wer nicht über eine solche moderne Schaltgruppe (oder die Fernbedienungstasten des Garmin Edge) verfügt, kann alternativ mit dem Finger auf das Display tippen, woraufhin das Glockensymbol erscheint. Ein weiterer Tipper auf das Glockensymbol löst dann die sehr realistisch klingende und laute Glocke aus (siehe Video unten). Aus Sicht von IMTEST ist die Bedienung über das Gerät in Stresssituationen jedoch zu umständlich. Es gelingt nicht immer, das kleine Glockensymbol während der Fahrt zu treffen. Noch viel schlimmer: Man muss eine Hand vom Lenker nehmen.
Erster Fahrradcomputer mit Sprachansagen
Damit nicht genug: Der Edge 1050 ist auch der erste Fahrradcomputer, der akustische Abbiegehinweise wie “In 100 Metern rechts abbiegen” oder “Im Kreisverkehr die zweite Ausfahrt nehmen” gibt. Das ist ein großer Vorteil bei der Navigation, denn so muss man während der Fahrt nicht vor jeder Kreuzung auf das Display schauen. Die Sache hat allerdings zwei kleine Haken: Erstens ist die Funktion ab Werk deaktiviert und versteckt sich in einem schwer auffindbaren Untermenü (System > Sounds > kleiner Pfeil bei “Sprachansagen” > Navigationsalarme). Zweitens reicht die Lautstärke der Lautsprecher bei starkem Wind, hohen Geschwindigkeiten und rauem Untergrund nicht immer aus, um die Ansagen zu verstehen.
Interessant ist auch die neue Funktion “Gefahrenstelle melden”, die Garmin per Update auch für die älteren Fahrradcomputer-Modelle 540/840/1040/1050/Edge Explore 2 zur Verfügung stellt. Die Idee dahinter ist, Radfahrer in Echtzeit über drohende Gefahren zu informieren. Ein Beispiel: Sie fahren mit Ihrem Rennrad um eine schlecht einsehbare Kurve und ein umgestürzter Baum liegt auf der Straße. Tippt man in diesem Fall auf das Display des Edge 1050 und das Ausrufezeichen, kann man die Stelle beispielsweise als “Hindernis” markieren. Die Gefahr wird dann in Echtzeit an Garmin Connect gesendet und anderen Radfahrern als Warnung angezeigt, sobald sie sich der Stelle nähern.
Eine tolle Idee. Leider funktioniert “Gefahrenstelle melden” logischerweise nur, wenn man sein Smartphone inklusive Mobilfunkverbindung dabei hat. Fantastisch wäre es außerdem, wenn sich alle Hersteller auf einen Standard einigen könnten, damit nicht nur Garmin-Nutzer in den Genuss der Warnmeldungen kommen. Das ist aber derzeit leider unrealistisch.
Neue Gruppenfunktionen: Wer ist der Schnellste am Berg?
Schließlich hat Garmin seine Gruppenfunktionen mit dem erweiterten “GroupRide” (kompatibel mit allen x40/x50 Edge-Modellen) erweitert. Mit GroupRide können Sie den Standort von Mitfahrern auf der Karte sehen und ihnen Nachrichten senden. Neu sind drei Funktionen:
- GroupRide Incident Detection: Wenn ein Mitfahrer außer Sichtweite einen Unfall baut, wird man benachrichtigt und kann zu ihm navigieren.
- GroupRide In-Ride Climb Challenges: Dies ist im Grunde genommen eine Live-Version von Strava Live Segments für ClimbPro-Steigungen. Der Edge-Fahrradcomputer kürt live den schnellsten Fahrer auf Basis der schnellsten Aufstiegszeit.
- GroupRide Post-Ride Awards: Auszeichnungen, die der Edge nach einer Fahrt verleiht. Sie bestehen meist aus einer Mischung von allgemeinen Fahrdaten (Höchstgeschwindigkeit etc.) und Sensordaten (z.B. Leistungswerte). Insgesamt gibt es laut Garmin etwa 50-60 davon.
Auch für diese Funktionen ist das Mitführen eines Smartphones erforderlich.
Edge 1050: Kein Update für die Navigation
In der Summe seiner Eigenschaften ist der Edge 1050 die neue Nummer eins unter den Fahrradcomputern. Kein anderes Gerät liefert eine solche Vielfalt an Daten. Von Geschwindigkeit und Distanz bis hin zu Herzfrequenz und Leistungsmessung kann der Edge 1050 alle erdenklichen Informationen (und noch viel mehr) erfassen und aufbereiten. Dank des neuen Displays lassen sich sogar Grafiken in die Datenfelder einblenden, zum Beispiel ein Geschwindigkeits- oder Leistungsverlauf.
Eine weitere Stärke der Edge-Fahrradcomputer sind die hervorragenden Sport- und Fitnessfunktionen. Garmin ist für seine Expertise in diesem Bereich bekannt und die Edge-Modelle bieten die mit Abstand beste Trainingsunterstützung. Von Trainingsprogrammen über individuelle Leistungsanalysen bis hin zu Regenerationstipps und täglichen Trainingsvorschlägen bietet auch der Edge 1050 alles, was ambitionierte Sportlerinnen und Sportler für ihr Training benötigen.
Edge 1050: Akkulauzeit und Komoot
Mit seiner modernen Ausstattung inklusive Multiband-GPS bietet der Edge 1050 zudem eine präzise Positionsbestimmung und exakte Navigation. Apropos Navigation: Bei keinem anderen Fahrradnavi ist die Übertragung von Komoot-Routen so einfach wie bei Garmin: Einfach Route in Komoot aufrufen, auf „An Gerät senden“ und „Garmin“ klicken und schon erscheint die Route nach dem Start der Komoot-App auf dem Fahrradcomputer. Alternativ kann man die Komoot-App auch auf dem Edge installieren und die Routen direkt auf das Gerät laden.
Auch die Akkulaufzeit des Edge 1050 kann sich trotz des hellen und scharfen Displays sehen lassen. Mit einer Laufzeit von knapp über 20 Stunden (bei hellem Display und gekoppelten Sensoren) ist die Akkulaufzeit zwar deutlich geringer als beispielsweise beim Edge 1040 (über 50 Stunden). Für die meisten Touren sollte das aber mehr als ausreichen.
Garmin Edge 1050: Nicht alles spitze
Trotz überragender Funktionen und der bisher besten Testnote (1,6) bei den Fahrradcomputern war der Garmin Edge 1050 „gefühlt“ nicht unbedingt der Favorit der Tester. Denn in Sachen Navigationseigenschaften und Display hat die Konkurrenz (allen voran der Karoo 3) teilweise mehr zu bieten. Neben den bereits erwähnten Reflexionen, die die Ablesbarkeit bei starker Sonneneinstrahlung beeinträchtigen, leidet die Navigationskarte an Unübersichtlichkeit. Vor allem in komplexen Situationen mit vielen Abzweigungen ist die Route nicht immer lesbar. Dies erschwert die Navigation und erfordert eine erhöhte Aufmerksamkeit des Fahrers. Kurzum: Diese Disziplin beherrschen andere Navis besser.
Fazit: Garmin Edge 1050
Der Garmin Edge 1050 ist zweifelsohne der funktional und technisch beste Fahrradcomputer auf dem Markt. Mit seinem fortschrittlichen Display, der dennoch sehr guten Akkulaufzeit und den einzigartigen Trainings- und Fitnessfunktionen spricht er vor allem sportliche Fahrerinnen und Fahrer an. Schwächen sind das hohe Gewicht, die teilweise unübersichtliche Navigationskarte und das spiegelnde Display. Und der Preis ist mit offiziellen 749 Euro sehr sportlich. Für diejenigen, die nicht so viel Geld ausgeben wollen und mehr Wert auf andere Funktionen legen, gibt es zum Glück Alternativen.
- PRO
- Einmalige Funktionsvielfalt, erweiterbar mit Apps, reagiert schnell auf Eingaben, gut ablesbarer Bildschirm, erster Fahrradcomputer mit Sprachansagen
- KONTRA
- Schwer, teilweise unübersichtliche Karten und Menüs
IMTEST Ergebnis:
gut 1.6