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Call of Duty: Modern Warfare 3 im Test: Überzeugt der Multiplayer?

Ein würdiger Abschluss der Reboot-Trilogie?

Titelbild von Modern Warfare 3
© Activision

Modern Warfare 3: Eine nahtlose Fortsetzung

Modern Warfare 3 ist ein Novum für die Shooter-Reihe Call of Duty. Noch nie wurde eine der Sub-Marken (Modern Warfare, Black Ops) schon im Folgejahr fortgesetzt. Entsprechend hoch sind die Erwartungen an Sledgehammer Games, die den Handlungs-Ball von Infinity Ward aufnehmen. Kurze Erinnerungsstütze: Am Ende des Vorgängers hat Task Force 141 den Terroristen Hassan eliminiert. Gleichzeitig scheint die Gefahr durch die Söldner-Organisation Shadow Company gebannt, der verräterische General Shepherd ist abgetaucht. Eine Szene im Abspann lässt aber Böses vermuten: Russische Agenten entführen ein Linienflugzeug unter dem Stichwort “No Russian”.

Screenshot aus Modern Warfare 3. Eine dunkle Gefängnisanlage mit mittelalterlichen Wachtürmen bei Nacht. Flutlichter beleuchten den Hof.
Atmosphärisch: Die Erstürmung des Gulags ist ein erstes Highlight. © IMTEST / Activision

Modern Warfare 3 nimmt die Handlungsstränge auf, webt aber einen neuen Bösewicht ins Geflecht. Vladimir Makarov, ultranationalistischer Terror-Pate und Chef der russischen Söldnertruppe “Konni”, deren rot-weißes Logo erstaunliche Ähnlichkeit zur realen “Gruppe Wagner” des kürzlich unter mysteriösen Umständen verunglückten Jewgeni Prigoschin besitzt. Tatsächlich wird es schnell persönlich, denn der Spieler selbst dringt als Mitglied einer Konni-Taskforce in das “Gulag”-Gefängnis ein, in dem Makarov festgehalten wird. Im Anschluss entbrennt ein wildes, weltweites Katz-und-Maus-Spiel zwischen der Task Force 141 samt ihrer Verbündeten Farah und der ULF. Und selbst “Gold Eagle” hat noch ein kleines Wörtchen mitzureden…

Solide Story mit wechselhafter Inszenierung

Ohne dabei zu viel zu verraten: Makarov will die urzikstanischen Freiheitskämpfer als Sündenbock für seine eigenen Ziele missbrauchen. Und die sind klar: der “Hauptkampf” – ein Weltkrieg zwischen dem Westen und Russland. Die Handlung wird dabei überwiegend stimmig inszeniert, hat aber klare Stärken und Schwächen. Wenn man mit der Konni-Group mit Nachtsichtgerät und Schalldämpfer die finstere Gefängnis-Festung erstürmt, mit Captain Price vor spektakulärer Kulisse eine Feind-Basis in den Bergen ausschaltet oder mit Farah durch die brennenden Überreste eines abgestürzten Airliners schleicht, zeigt sich Call of Duty von seiner besten Seite.

Screenshot aus Modern Warfare 3. Der Spieler visiert mit einem Thermalsichtgerät einen Feind an.
Heiß und kalt: Im Schnee kommen bei Task Force 141 Thermal-Sichtgeräte zum Einsatz. © IMTEST / Activision

Allerdings fehlt es einigen wichtigen Szenen ganz eindeutig an emotionalem Gewicht, etwa wenn die Kampagne den Faden des Angriffs auf den russischen Airliner aufgreift. Einiges passiert zudem viel zu schnell, etwa wenn man nur ein, zwei Minuten am digitalen Themse-Ufer verweilen darf. Auch Makarov bleibt insgesamt blass. Ja, Sledgehammer hat sich – wie angekündigt – Mühe gegeben, dem Bösewicht mehr Bildschirmzeit zu geben. Gleichzeitig ist seine Motivation für grauenhafte Terrorakte aber eher undurchsichtig. Selbst eine sehr gelungene Rückblende erklärt nicht, was der Mann eigentlich zu erreichen versucht. Zudem verliert die Regie im letzten Drittel der ziemlich kurzen Story-Kampagne den Faden. Man wird von Schauplatz zu Schauplatz gehetzt, ohne echte Verbindung zu den Orten aufbauen zu können. Hier wäre etwas mehr Ruhe in der Erzählung sinnvoller gewesen.



Schade ist auch, dass die Figuren von 141 in Modern Warfare 3 weniger Charakter haben als noch im Vorgänger. Klar: Die harthundigen Ansagen von Price, Ghost, Soap & Co., der ultra-coole Militärjargon und die ständigen Alles-oder-Nichts-Situationen bleiben. Insgesamt hatte Infinity Ward seine Militär-Avengers in den technisch beeindruckenden Zwischensequenzen zuletzt aber besser in Szene gesetzt.

Modern Warfare 3 bleibt Call of Duty

Spielerisch hat sich auf den ersten Blick wenig getan. Auch Call of Duty: Modern Warfare 3 bleibt ein schneller Ego-Shooter, bei dem mit modernem Militärequipment auf viele Feinde geschossen werden muss. Das ist aber nicht zwangsläufig ein Nachteil. Es gibt mittlerweile kaum noch Einzelspieler-Shooter, deren Schussmechanik so knackig und deren Bewegungen so zackig und präzise sind, wie bei Call of Duty. Entsprechend viel Spaß macht es, mit dem Sturmgewehr durch gewohnt hirnlose Gegnerhorden zu mähen, Feinde mit dem Snipergewehr zu erledigen oder mit der Pistole auf Tuchfühlung zu gehen. Die getestete PS5-Version überzeugt dabei zusätzliche mit haptischem Feedback am DualSense-Controller. Zusätzlich lassen sich bei Modern Warfare 3 die Tasten des Eingabegerätes frei belegen.

Screenshot aus dem Shooter Call of Duty: Modern Warfare 3. Sicht aus der AC-130, unten eine Militärbasis.
Gefährlich nah dran: Der klassische Einsatz aus Sicht eines AC-130 Gunships ist natürlich ebenfalls dabei. © IMTEST / Activision

Oft werden dem Spieler zudem technische Gadgets zur Verfügung gestellt. So fliegt man mit Drohnen über das Schlachtfeld, um Feinde zu markieren, oder platziert automatische Geschütztürme, um feindliche Fahrzeuge und Helikopter auszuschalten. Das lockert den Spielfluss auf, zumal natürlich auch die obligatorische “Close-Air”-Mission im AC-130 Gunship nicht fehlen darf. Insgesamt sind die klassischen, linearen Einsätze somit gewohnt gute Shooter-Kost, bei denen allerdings das große Highlight fehlt. Zudem gibt es einen Infiltrationseinsatz, der an das KGB-Hauptquartier aus Black Ops Cold War erinnert. Auch dessen Spannungsbogen ist aber zu flach. Immerhin: Oberflächliche Gimmicks, wie das Basteln von Waffen oder Fallen, hat man sich diesmal überwiegend gespart.

Offener Kampf mit frischer Mechanik

Stattdessen setzt Sledgehammer stärker auf den Kampf in offeneren Arenen. Rund die Hälfte der Einsätze ist als sogenannte “Open Combat”-Mission angelegt. Anders als in den üblichen Gefechten ist der Spieler hier nicht auf einen engen Skript-Korridor limitiert, der Situationen zwischen Schleichen oder Schießen vorgibt. Stattdessen kann man sich in größeren Gebieten für die eine oder andere Vorgehensweise entscheiden, beziehungsweise einen Mittelweg aus offenen Schusswechseln und verdecktem Vorgehen wählen.

Ein Screenshot aus Modern Warfare 3. Der Spieler schaut auf ein in der Ferne brennendes Flugzeug-Wrack. Es ist Nacht.
Wie ein Schatten in der Nacht. Die Open-Combat-Einsätze sind abwechslungsreich. © IMTEST / Activision

Meist gilt es, ein bestimmtes Ziel zu erreichen. So muss Captain Price in einem Einsatz etwa russische Helikopter zerstören, die sich auf einem Kraftwerksgelände befinden, während Farah in einer Hafenanlage GPS-Sender an gestohlenen Frachtcontainern befestigt. Es gibt oft mehrere Routen durch das Gelände, Häuser, die Deckung bieten, oder Gras, das einen vor Feinden schützt. Somit kann der Spieler tatsächlich freier gestalten, wie er die Missionsziele absolvieren möchte.

Open Combat: DMZ trifft Warzone

Der Spielablauf der Einsätze erinnert dabei stark an die kooperativen Raids bzw. den DMZ-Spielmodus aus dem Vorgänger. So sind die KI-Feinde zunächst in einem passiven Modus, der, je nach Vorgehensweise des Spielers, in mehreren Stufen eskaliert. Mit steigendem Aggressions-Level wird zum Beispiel Feind-Nachschub eingeflogen oder der Spieler sogar von Fahrzeugen oder Kampfhelikoptern beharkt.

Screenshot aus Modern Warfare 3. Im Vordergrund ein gepanzertes Fahrzeug, hinten Baufahrzeuge und Container.
Fahrbarer Untersatz: Im “Open Combat” kann der Spieler sich auch selbst hinter’s Steuer schwingen. © IMTEST / Activision

Durch die offene Level-Gestaltung spielen sich die Open-Combat-Missionen spürbar anders als der durchschnittliche Einsatz in Call of Duty. Das gilt aber nicht nur für die Art der Inszenierung. Tatsächlich sind die Spielmechaniken deutlich näher am Mehrspieler-Modus und dem gratis spielbaren Ableger Warzone angesiedelt. Das bedeutet: schnellere Bewegungen, flinkes Klettern, Killstreaks und Feldverbesserungen. Tatsächlich kann man sich vor dem Start der Mission sogar ein eigenes Loadout aus Waffen, Granaten und Gadgets zusammenstellen – eine Funktion, die klar der Warzone entliehen wurde.

Modern Warfare 3: Mehr Freiheit, bekannte Schauplätze

Die offeneren Gefechtsfelder laden dann auch zum Erkunden ein. Überall sind Nachschub-Kisten versteckt, aus denen sich Waffen und Ausrüstung plündern lassen. Auch Panzerplatten liegen herum, die sich genau wie in den Mehrspieler-Gefechten per Tastendruck in die eigene Schutzweste schieben lassen. Stirbt man in diesen Missionen, können gesammelte Waffen und Ausrüstungsgegenstände vor dem Neueinstieg im Loadout-Bildschirm ausgewählt werden. Das ist schön, denn so lohnt sich das Öffnen möglichst vieler Kisten. Hier können übrigens auch Killstreaks gesammelt werden. So ist es möglich, SAM-Systeme zur Flugabwehr zu platzieren oder Marschflugkörper ins Zielgebiet zu bestellen.

Insgesamt sind die Open-Combat-Missionen eine schöne Abwechslung zu den linearen Story-Missionen. So können einige der Kämpfe auch atmosphärische Highlights setzen, etwa wenn man mit Farah durch die erwähnte Absturzzone schleicht. Zum Teil wirkt das Konzept aber auch etwas aufgesetzt. So schießt man sich etwa im “Open Combat” durch ein russisches Wohnhaus, hat hier allerdings kaum Auswahl bei Vorgehensweise, da es nur einen recht engen Weg gibt. Zudem sind einige Schauplätze visuell nicht besonders spannend, dazu gehört auch das Hafengebiet am Anfang der Kampagne. Außerdem nerven die computergesteuerten Feinde mitunter mit zu offensichtlichen Respawns, wodurch bereits gesäuberte Bereiche immer wieder von Feinden geräumt werden müssen.



Ein wenig zu viel Augenzwinkern gibt es aber bei der Wahl der Schauplätze der Kampagne. So geht es gleich mehrfach nach Verdansk, wo Orte der ersten Warzone-Karte besucht werden. Auch das Gulag ist dem Battle-Royale-Ableger entliehen. Klar, Fanservice muss sein, zumal so die einzelnen Teile von Call of Duty dichter aneinander rücken. Trotzdem wünscht man sich nach der dritten Ortsreferenz etwas mehr Eigenständigkeit.

Modern Warfare 3: Gewohnt gute Technik

Wie schon der Vorgänger kann auch Modern Warfare 3 technisch weitestgehend überzeugen. Vor allem die vorberechneten Zwischensequenzen sind zum Teil richtig beeindruckend, aber auch einzelne Schauplätze überzeugen mit tollen Lichtstimmungen oder starken Hintergründen. Hier sind es die erwähnten Nachtmissionen, aber auch einige Innenräume und russische Hochhäuser.

Screenshot aus dem Shooter Modern Warfare 3. Der Spieler schaut auf eine Militärbasis, im Hintergrund ein Berg-Panorama.
Ausflug in die Berge: Einige Panoramen sind regelrecht beeindruckend. © IMTEST / Activision

Dabei läuft das Spiel auf der PlayStation 5 jederzeit flüssig und komplikationsfrei. Allerdings wurden die teils etwas zu sichtbar nachladenden Texturen als Problem aus dem Vorgänger importiert. Ebenfalls schade: Nicht jeder Schauplatz bietet die gleiche Qualität. So ist die Open-Combat-Karte mit zentralem Atomkraftwerk visuell nicht besonders spannend. Auch sind zum Teil einzelne Lichteffekte und Schatten auf den Gesichtern der Charaktere verbesserungswürdig. Das fällt im Mini-Setpiece in London besonders stark auf.

Soundgewaltig

Gleiches gilt für den Sound. Call of Duty war immer ein Garant für wuchtige Explosionen und brachiale Abmischung – und Modern Warfare 3 ist keine Ausnahme. Surround-Freunde kommen klar auf ihre Kosten, während Sturmgewehre und Luftangriffe die Membranen der Subwoofer fordern. Das mag gerade bei Pistole, Gewehr & Co. nicht immer besonders realistisch sein, sorgt aber für viel Spaß vor dem Fernseher.

Singleplayer-Fazit

Die Kampagne von Modern Warfare 3 bietet technisch aufwändige, explosive Shooter-Action, die sich spielerisch nahtlos in die Modern-Warfare-Trilogie einreiht. Dabei bieten die Missionen solide Abwechslung, was vor allem durch die offenere Herangehensweise der Open-Combat-Einsätze unterstrichen wird. Klar: MW3 bleibt überwiegend Call of Duty, allerdings ist das Korsett diesmal etwas weiter geschnürt. Storyseitig wollen Sledgehammer Games viel, bleiben aber leider gerade bei ihrem Antagonisten viel zu uneindeutig. Zudem verliert die Handlung zum Schluss zu sehr den Faden, während die Charaktere von Task Force 141 nicht genug Raum bekommen. Das ist schade, insgesamt hätte der Spannungsbogen aber etwas mehr Klarheit verdient gehabt.

Multiplayer-Fazit

Spielerisch bietet Modern Warfare 3 den wahrscheinlich besten Mehrspieler-Modus seit Black Ops Cold War. Mehr Bewegungs-Optionen, mehr Lebensenergie, eine klassische Minimap und die unheimlich knackige Waffenmechanik sorgen für viel Spaß in den 6-gegen-6-Modi. Die 16 überarbeiteten Karten sind ein zweischneidiges Schwert. Zwar überzeugen die MW2-Klassiker beinahe durch die Bank, es wäre aber schön gewesen, wenn es wenigstens zwei bis drei neue Maps in ähnlicher Qualität gegeben hätte. Die übervoll anmutende Waffenkammer mit ihren hunderten neuen Freischaltungen ist auf den zweiten Blick eher eine Erweiterung des bestehenden Arsenals, das an der einen oder anderen Stelle noch etwas mehr Aufmerksamkeit verdient hätte. Die neue Art der Waffenkammer-Freischaltung sorgt zwar für etwas mehr Grind, gleichzeitig können Spieler aber auch konkret auf gewünschte Knarren und Teile hinarbeiten. Der Zombie-Modus in offener Welt überzeugt ebenfalls, allerdings fällt hier die Wiederverwertung von DMZ so stark auf, dass man sich schnell etwas mehr Originalität und Distanz zur offensichtlichen Vorlage aus Warzone 2.0 wünscht. Trotzdem mach die Untoten-Action – besonders im eingespielten Team – ordentlich Laune.

  • PRO
    • Knackiger Shooter, gute Technik, brachialer Sound, abwechslungsreiche Missionen, “Open Combat” als gute Ergänzung, 16 gute Mehrspieler-Karten, gute Bewegungs- und Schussmechanik, viele Freischaltungen, Inventar aus dem Vorgänger wird übernommen
  • KONTRA
    • Etwas schwache Charaktere, flacher Antagonist, im letzten Story-Drittel sehr zerfahren, keine wirklich neue Karte, “War”-Modus mit zu wenig Umfang, Zombie-Modus zu nah an DMZ, generell eher Update- als Nachfolger-Charakter.

IMTEST Ergebnis:

gut 2,1

Portraitfoto des IMTEST-Redakteurs Eike Cramer

Eike ist Spiele- und Hardware-Redakteur aus Leidenschaft: Nach seinem abgeschlossenen Studium der Politikwissenschaft zog es ihn direkt zur Spieleredaktion 4players.de in Hamburg, bei der er zwischen 2013 und 2023, mit einem zweijährigen Zwischenstopp beim Musikmagazin Metal Hammer, als Redakteur und Video-Redakteur beschäftigt war. Eike ist dabei ein echter Alleszocker, der, egal ob Indie oder AAA-Blockbuster, auf PC und Konsole zwischen Strategie, Action-Adventure, Rollenspiel und Shooter kaum ein Genre auslässt. Derzeit ist er als freier Autor aktiv.