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Zeiss Victory SF 10×42 im Test: Das Nonplusultra-Fernglas

Sieg auf ganzer Linie? So gut ist das 3.000-Euro-Modell.

Das Fernglas Zeiss Victory SF, inmitten einer Wiese.
© IMTEST

Im großen IMTEST-Vergleichstest der Premium-Ferngläser für 1.200 Euro sicherte sich bereits ein Zeiss-Modell den Sieg: Das Conquest HD erhielt die Gesamtnote von 1,5 und ließ damit die versammelte Konkurrenz hinter sich. Wer das Produkt-Portfolio der Premium-Hersteller studiert, der merkt jedoch schnell, dass hier noch nicht das Ende der Preis-Fahnenstange erreicht ist. Leica, Nikon, Zeiss und natürlich Swarovski bieten Ferngläser an, die zwischen 2.500 und 3.000 Euro kosten – braucht es zusätzlich einen Entfernungsmesser oder für den Einsatz in der Dämmerung einen besonders großen Objektiv-Durchmesser, dann kann der Preis für so ein Gerät sogar auf 4.000 Euro steigen.



Eines davon stellt sich nun auf dem IMTEST-Prüfstand vor: Das Zeiss Victory SF, und zwar im beliebten Standard-Format 10×42. Also mit 10-facher Vergrößerung und 42mm Objektiv-Durchmesser – letzterer lässt genug Licht ins Fernglas für fast alle Beobachtungssituationen, gleichzeitig ist der Formfaktor aber noch einigermaßen kompakt. Das Victory SF 10×42 liegt bei einer UVP von 2.950 Euro, in einschlägigen Online-Shops kann man das Modell aber für knapp 2.700 Euro ergattern. Das Gerät fällt mit 17,4cm Länge ein Stück größer aus als das Conquest HD, fühlt sich mit den nur 790g aber angenehm leicht an und liegt perfekt in der Hand. Der Dioptrienausgleich befindet, etwas ungewohnt, nicht unter dem rechten Okular, sondern zentral in der Mitte des Geräts, und lässt sich da natürlich tadellos einstellen.

  • Das Fernglas Zeiss Victory SF, auf einem Holztisch liegend.
  • Das Fernglas Zeiss Victory SF, daneben die passende Hardcover-Tasche. Auf einem Holztisch liegend.

Zeiss Victory SF: Liegt sehr gut in der Hand

Positiv fällt bei der Benutzung der leichtgängige und trotzdem sehr präzise Mitteltrieb ein – damit stellt man das Bild scharf. Zeiss‘ „SmartFocus“-Konzept klingt nicht nur auf dem Papier gut, sondern sorgt in der Praxis tatsächlich für ein sehr angenehmes, flottes Bedienerlebnis – im Nu hat man das gewünschte Motiv scharfgestellt. Generell überzeugen alle beweglichen Teile an diesem Fernglas: Das Knicken fühlt sich genau richtig an, die Augenmuscheln lassen sich weit und präzise herausdrehen und geben beim Durchschauen den Blick frei auf ein sehr großes und sehr helles Bild.

Die Augenmuschelkappen und Objektivschutzdeckel aus biegsamen Kunststoff passen ins hochwertige Gesamtbild, an dieser Stelle ist aber kaum ein Unterschied zum Conquest HD auszumachen. Die Gummi-Armierung ist robust und widerstandsfähig – auch bei sehr häufiger Nutzung sieht das Gerät nach Jahren noch fast aus wie neu. Ein bisschen mehr Griffigkeit wäre allerdings wünschenswert – hier haben andere Modelle die Nase vorn.

  • Das Fernglas Zeiss Victory SF, auf einem Holztisch liegend.
  • Das Fernglas Zeiss Victory SF, mit Fokus auf die Dioptrienausgleichs-Einstellung.

Optik aus der Champions League

Mit dem Victory SF die kleinen und großen Wunder der Natur bestaunen – das macht bei jedem einzelnen Mal Laune. Was wie ein plumpes Werbeversprechen klingt, ist aber tatsächlich der Eindruck, den das Fernglas beim Tester hinterlässt. Ja, man sollte sich selbst als Hobby-Ornithologe gut überlegen, ob man fast 3.000 Euro für ein Fernglas ausgibt – wer diese Summe aber in das Premium-Modell für Zeiss investiert, der bekommt verdammt viel optische Leistung für sein Geld. Leistung, die in so mancher Situation dafür sorgt, dass man die Gefiederzeichnung eines weit entfernten Piepmatzes noch erkennen kann, wo andere Beobachter allein wegen der optischen Limitierung ihres Binokulars mit den Schultern zucken. Das kommt bei zehn Meter Entfernung im heimischen Garten kaum vor, bei anspruchsvollen (Gegen-) Lichtverhältnissen, bei Hitzeflimmern oder im Restlicht eines trüben Winternachmittags kann die Kombination aus Bildschärfe, natürlicher Farbwiedergabe und fast perfekter Lichttransmission aber entscheidend sein.



Egal ob am Teststand unter Neonlicht, beim Blick aufs nahe Krokusfeld oder dem Sichttest am gegenüberliegenden Seeufer – das Victory SF 10×42 liefert stets eine sehr hohe Bildschärfe ab. Und das ohne Abstriche, ohne Grauschleier und bis zum äußersten Rand. Farbsäume können zwar in Ausnahmefällen auftreten, sie sind jedoch seltener als bei fast allen anderen von IMTEST getesteten Modellen. Die Farbwiedergabe ist sehr natürlich, die Bildhelligkeit extrem hoch – hier zeigt sich ein erkennbarer Vorteil im Vergleich zum Conquest HD 10×42. Auch eine Verzeichnung der optischen Abbildung ist quasi nicht vorhanden. Obendrein fällt die Naheinstellgrenze mit 1,5 Metern schön gering aus – praktisch, wenn man nicht nur entfernte Wasservögel, Seezeichen und Berggipfel, sondern auch nahe Insekten oder andere Details am Wegesrand ins Visier nehmen möchte.

Ausstattung, Garantie und Reparierbarkeit beim Zeiss Victory SF

Das schwarze, leicht glänzende Fernglas steckt in einer recht großen Box aus lackiertem Kunststoff, neben einem hochwertigen Mikrofasertuch findet sich darin ein graues, sehr passgenaues Hartschalen-Case mit feingängigem Reißverschluss, Magnet-Schließe und langem Schultergurt. Das Fernglas selbst kommt mit einem weichen und breiten Nackengurt daher; ein Stativgewinde gibt es zum Preis von knapp 3.000 Euro aber leider nicht. Das Victory SF ist natürlich wasserdicht und beschlägt beim Wechsel von draußen nach drinnen weniger schnell als andere Gläser. Gelangen Staub, Schmutz & Co. auf das Gerät, können z. B. die Augenmuscheln ganz abgeschraubt und das Fernglas unter fließendem Wasser gereinigt werden.

Wie beim 1.250 Euro teuren Conquest HD gibt Zeiss auch auf das Victory SF eine Garantie von zehn Jahren. Außerdem gilt auch hier bezüglich der Reparierbarkeit: Jedes Produkt wird von Zeiss einer umfangreichen technischen Überprüfung, Wartung und Reinigung unterzogen. Repariert bzw. instandgesetzt werden verschiedenste Einzelteile des Geräts. Ersatzteile (auch Verschleißteile) stellt Zeiss „den Kunden auf Anfrage kostenlos zur Verfügung, darunter Augenmuscheln, ZEISS-Logo und Schutzkappen.“ Sollte die Reparatur außerhalb der Garantiezeit liegen, dann verspricht der Hersteller einen Kostenvoranschlag.

  • Das Fernglas Zeiss Victory SF, mit ausgebauten Augenmuscheln.
  • Das Fernglas Zeiss Victory SF, daneben das Fernglas Kowa Genesis.

Fazit

Besser geht’s (fast) nicht! Abgesehen von kleinen Punktabzügen wegen der lackierten Umverpackung, fehlender Staub- und Wasserdichtigkeitszertifizierung oder den nur ordentlichen Objektivschutzdeckeln ist dieses Fernglas ein Ausnahme-Produkt. Es fasst sich extrem wertig an und brilliert beim leichtgängigen, schnellen Fokussiertrieb, gleichzeitig ist es robust und in Anbetracht der Größe ausgesprochen leicht. Die optischen Qualitäten setzen dem Ganzen die Krone auf: Egal ob richtig nah oder ganz fern, in der Dämmerung oder bei gleißendem Licht und Hitzeflimmern – das Victory SF ist herausragend scharf bis zum Rand der Linsen und somit ein äußerst verlässlicher, hochwertiger Begleiter für alle jene Situationen, in den es auf ein richtig gutes Fernglas ankommt.

  • PRO
    • Exzellent ausbalanciert, herausragend scharfe Optik, Leichtgewicht für diese Größe, extrem schneller Fokussiertrieb.
  • KONTRA
    • Sehr hoher Preis, Objektiv- und Augenmuschel-Deckel nur guter Standard, Griffigkeit könnte noch besser sein.

IMTEST Ergebnis:

sehr gut 1,3

Portrait Matthias Schmid

Matthias Schmid wollte im Berufsleben "irgendwas mit Video- und Computerspielen" machen – deshalb studierte er nach dem Abitur Informatik, um selbst Spiele zu entwickeln. Nach dem Studium kam die 180-Grad-Wende: Matthias wechselte in die schreibende Zunft, absolvierte ein Volontariat bei einer renommierten Spiele-Fachzeitschrift und wurde 2004 Videospiel-Redakteur in Vollzeit. Damit lebt er seit nunmehr 19 Jahren seinen beruflichen Traum: Spiele testen und darüber schreiben. Diese Jobbeschreibung greift freilich zu kurz: Matthias hat Spiele-Magazine und -Webseiten mitkonzipiert, Fachmessen in aller Welt besucht und Entwicklern bei der Arbeit über die Schulter geschaut. Er hat ebenso großen Spaß mit Action-Blockbustern wie mit kleinen Indie-Spielen und liebt es nachzuforschen, wer die Macher hinter den Spielen sind. Neben Video- und Computerspielen faszinieren ihn aktuelle Top-Smartphones und – als begeisterter Vogelbeobachter – alles, was mit Ferngläsern zu tun hat.