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Rise of the Ronin im Test: Die letzten Samurai?

Gekreuzte Klingen am Ende der Edo-Ära.

Titelgrafik des Spiels Rise of the Ronin. Ein Schwertkämpfer steht vor einem nebeligen Meer bei Nacht. Im Hintergrund der Mond und die Umrisse eines Segelschiffes.
© Koei Tecmo

In Team Ninjas neuem Action-Rollenspiel Rise of the Ronin hängen dunkle Wolken über dem jahrhunderte lang isolierten Inselreich im fernen Osten. 1853 erreichen die “schwarzen Schiffe” von Commodore Matthew Perry die Bucht von Osaka – und die japanische Gesellschaft stürzt angesichts der äußeren Bedrohung in eine schwere Krise. Rise of the Ronin inszeniert diese letzten Jahre des Edo-Japans aus dem Blickwinkel eines Ronin – ein ein Samurai ohne Herr, der sich als reisender Krieger verdingt. Der Test klärt, wie scharf die Spielspaß-Klinge wirklich geschliffen wurde.

Produktdetails

  • PS5
  • Action-Rollenspiel
  • 79,99 Euro
  • 24. März
  • 40 – 60 Stunden
  • Ab 18 Jahren
  • 95 GB

Rise of the Ronin: Das große Vorbild Ghost of Tsushima

Rise of the Ronin ist nicht die erste, PlayStation-exklusive Reise nach Japan. So schlitzt sich der Spieler zum Beispiel im Samurai-Epos Ghost of Tsushima von Sucker Punch Productions als Jin Sakai durch die Mongoleninvasion im Jahre 1278. Während zwischen den Zeitperioden der beiden Spiele also Welten liegen, gilt das nicht unbedingt für das Spiel an sich. Und das gab Produzent Fumihiko Yasuda sogar unumwunden zu. Ghost of Tsushima sei eine große Inspiration für Team Ninja gewesen, besonders der hohe Detailgrad und die intensive Recherche hätten die Japaner nachhaltig beeindruckt.

Screenshot aus dem Spiel Rise of the Ronin.
Das Ende des alten Japan? Rise of the Ronin spielt im 19. Jahrhundert zum Ende der Edo-Zeit. © IMTEST / Koei Tecmo

Entsprechend finden sich in Rise of the Ronin viele Versatzstücke von Jin Sakais Kampf gegen die Mongolen wieder. So ist der Schauplatz Yokohama samt umliegender Provinzen die erste, echte offene Welt in einem Team-Ninja-Spiel. Und der hat es durchaus in sich: Die Stadt ist Mitte des 19. Jahrhunderts ein Schmelztiegel der Kulturen. Neben klassischer japanischer Architektur, Pagoden und Papierwänden, finden sich Backstein-Gemäuer und Kirchtürme. Das Umland ist noch deutlich altmodischer und gespickt mit kleinen Siedlungen, alten Tempeln und heiligen Schreinen.

Allerdings zeigen sich an allen Winkeln der Welt die inneren Umwälzungen der Gesellschaft. Banditen marodieren im Land, Kräfte, die sich für oder gegen die Öffnung des Landes gen Westen aussprechen, tragen ihre Konflikte mitunter offen aus. Entsprechend häufig muss der Spieler eingreifen, um die öffentliche Ordnung wiederherzustellen.

Screenshot aus dem Spiel Rise of the Ronin.
Yokohama ist ein kultureller Schmelztigel. Hier gut zu sehen: Die Technik wirkt altbacken. © IMTEST / Koei Tecmo

Open World mit Waschzettel-Charme?

Tatsächlich hat man sich bei Team Ninja hier vielleicht etwas zu sehr von westlichen Welten beeinflussen lassen. Yokohama ist nämlich mit typischen Nebenaufgaben und Sammelkram gespickt, die sich in vielen Spielen finden lassen. Da müssen von Banditen besetzte Siedlungen befreit, Schreine besucht oder Flüchtige gefasst werden. Katzen wollen gestreichelt, Pilger-Hunde auf die Reise geschickt, Truhen geöffnet und Schießwettbewerbe absolviert werden. Das artet in anspruchsvollen Klingentänze aus – oder ist im Falle der Katzen ziemlich knuffig.

Screenshot aus dem Spiel Rise of the Ronin.
Ganz schön voll: Die Karte wird schnell mit Icons geflutet. © IMTEST / Koei Tecmo

Insgesamt fühlt sich die Welt dadurch aber recht gewöhnlich und berechenbar an. Wo ein Elden Ring sich hinter Mysterien versteckt oder Ghost of Tsushima auf den Entdeckerdrang des Spieler setzt, hakt man bei Rise of the Ronin zu schnell eine sich stets wiederholende Aufgabenliste ab, die beim Erreichen der 100-Prozent-Marke mit Belohnungen winkt. Dass dabei die Karte zu schnell mit Symbolen geflutet wird, hilft ebenfalls nicht. So bleibt ein echtes Gefühl für die Umgebung aus – und das ist schade.

Grundsätzlich ist die Welt von Rise of the Ronin nämlich durchaus eine Reise wert. Zwar ist die Technik nicht ganz zeitgemäß (dazu später mehr), Artdesign und Stil zeichnen aber recht ansehnliche Landschaften auf den Bildschirm, die zudem einen guten Wiedererkennungseffekt mitbringen. Von sanften Wiesen über schroffe Felsen, buntblättrige Wälder, Strände und kleine Dörfchen hat Yokohama so einiges zu bieten. Dazu kommen durchaus interessante Nebenaufgaben. Hier müssen vor allem die zahlreichen Probleme von Nichtspieler-Charakteren mittels handfester Schwertführung aus dem Weg geräumt werden. Für die zügige Reise steht dem Kämpfer übrigens ein Pferd zur Verfügung, das mit Sätteln ausgestattet werden kann.

Screenshot aus dem Spiel Rise of the Ronin.
Wortgewandt: Fähigkeiten haben Auswirkungen auf die Möglichkeiten in Dialogen. © IMTEST / Koei Tecmo

Ein Ronin, sie alle zu binden

Besonders steht bei Rise of the Ronin dabei der Begriff der “Bindung” im Vordergrund. Egal ob es ein Charakter ist, den man im Rahmen einer Story-Mission trifft, ein Gebiet, eine Fraktion oder einfach nur das Level des eigenen Ronin-Status: Überall können Bindungs-Leistung gefüllt worden. Diese symbolisieren die gemeinsamen Erlebnisse, absolvierte Quests oder Nebenaufgaben und schütten bei Levelaufstieg Belohnungen aus. Diese reichen von der Emote-Geste bis zur Rüstung. Bei Charakteren gibt es zudem eine weitere Gunst-Leiste, die sich mit Geschenken füllen lässt, die man in der Welt findet oder als Quest-Belohnung erhält. Die grundsätzliche Idee ist eigentlich gut: Rise of the Ronin zeichnet die Bande der Figuren zueinander nach und verewigt auf diese Weise gemeinsam bestrittenen Kämpfe. Leider ist die Darstellung aber oft unpersönlich und latent überfrachtet. Teils ist man einfach nur damit beschäftigt, eine weitere Leiste zu füllen, statt die echte Beziehung der Charaktere zu entwickeln.

Screenshot aus dem Spiel Rise of the Ronin.
Das Langhaus ist eine Art Basis für den Spieler-Charakter. Hier können auch visuelle Anpassungen vorgenommen werden. © IMTEST / Koei Tecmo

Dabei gibt es sie – die tollen Charakter-Momente im Spiel. So trifft man recht früh auf einen Banditen-Chef, den es im Kampf zu besiegen gilt. Nachdem der Kämpfer am Boden liegt, hat man die Möglichkeit ihn zu verschonen. Das führt im weiteren Spielverlauf zum erneute Aufeinandertreffen, welches im Test zur Keimzelle einer wunderbaren Freundschaft wurde. Hier spielen auch die gut synchronisierten Gespräche eine Rolle, bei denen Charisma-Fähigkeiten wie Überzeugen oder Bedrohen Einfluss auf die Auswahlmöglichkeiten haben. Im späteren Spielverlauf können sogar Pläne für anstehende Einsätze aktiv mitbestimmt werden.

Ein bisschen viel Rollenspiel?

Fähigkeiten gibt es dabei in Rise of the Ronin mehr als genug. Das Erlangen und Verteilen der Erfahrungspunkte ist dabei allerdings deutlich komplexer als bei Elden Ring und Co. So gibt es zum Beispiel gleich zwei Erfahrungsleisten. Eine funktioniert dabei wie bei einem klassischen Rollenspiel: Punkte werden auf Basis von Kämpfen, Quests und Co. angesammelt, bei bestimmten Werten steigt der Charakter eine Stufe auf. Dies steigert unter anderem die Lebenspunkte und andere Basis-Attribute. Dazu kommen bei Rise of the Ronin sogenannte “Karma”-Punkte. Diese werden ähnlich gesammelt, können aber bei einem Bildschirmtod verloren gehen. Im Stile eines typischen Soulslikes kann im Anschluss der für diese Unannehmlichkeit verantwortliche Gegner besiegt werden, um die Punkte zurückzubekommen. Ansonsten gehen sie dauerhaft verloren.

Screenshot aus dem Spiel Rise of the Ronin.
Ganz schön viel: Die Fähigkeiten, Erfahrungspunkte und Attribute hätten fokussierter sein können. © IMTEST / Koei Tecmo


Anders als bei den Erfahrungspunkten muss Karma bei den überall auf der Weltkarte verstreuten Bannern der verborgenen Klingen abgegeben werden. Je nach angehäufter Menge erlangt der Spieler dann Fähigkeitenpunkte, die in den vier Attributsbereichen Stärke, Geschick, Charisma und Intelligenz verteilt werden können. Hierfür stehen vier umfangreiche Fähigkeitenbäume zur Verfügung. Hier können neue Manöver freigeschaltet, Fernkampfwaffen verbessert oder die Lebenspunkte erhöht werden. Über freigeschaltete Einzel-Fähigkeiten werden auch die Grundwerte dieser Attribute erhöht – und die wiederum haben Einfluss auf wichtige Kennzahlen wie Waffenschaden, Glück oder Ausdauer. Das System wirkt auf den ersten Blick komplex, zumal es weitere Faktoren wie die Skalierung der zahlreichen Waffengattungen auf Attribute dazukommt. Die kleinteiligen Mechaniken bieten dabei viel Raum zum Feintuning. Oft fragt man sich aber gleichzeitig, ob es nicht ein Menü weniger vielleicht auch getan hätte.

Klingentanz par excellence

Seine größte Stärke kann Rise of the Ronin im Klingenduell ausspielen. Dabei verlassen sich die Entwickler von Team Ninja vor allem auf ihre Erfahrungen aus Nioh und Wo-Long: Fallen Dynasty, schaffen aus der Verbindung beide Systeme aber ein nach wie vor frisches Spielgefühl. Klar: Im Vordergrund steht vor allem das Duell der Klingen, wobei man sich vor allem an klassischen Soulslikes orientiert. Angriff und Verteidigung kosten Ausdauer (hier “Ki” genannt). Feinde attackieren mit normalen Manövern und rot aufblitzenden Spezialattacken, die nur per gut abgepasster Parade (hier “Gegenfunke” genannt) oder einem beherzten Ausweichsprung vermieden werden können.

Screenshot aus dem Spiel Rise of the Ronin.Screenshot aus dem Spiel Rise of the Ronin.
Haltung zeigen: jede Waffe besitzt drei Kampfstile mit unterschiedlichen Bewegungsabläufen und Spezialangriffen.

Ziel des gegenseitigen Abtastens mit Hieb und einem von bis zu vier Sonderangriffen ist es, die Ki-Leiste der Feinde zu leeren. Dann nämlich können verheerende, kritische Treffer gesetzt werden, die Kämpfe mitunter sehr schnell beenden. Dabei gilt: Obwohl sich Rise of the Ronin insgesamt deutlich zugänglicher präsentiert als Nioh, sind die Kämpfe knallhart. Feindklingen reduzieren die eigene Lebensleiste in Windeseile und falsches Timing in der Parade ist meist tödlich.

Screenshot aus dem Spiel Rise of the Ronin. Der Spieler-Charater kämpft mit einem Samurai, der Schlag wurde geblockt, Funken fliegen von der Klinge.
Das Timing muss stimmen! Paraden sind wichtig, um starke Feinde zu besiegen. © IMTEST / Koei Tecmo

Gerade deswegen machen die taktischen Kämpfe aber richtig Spaß. Dazu kommt, dass dem Spieler unheimlich viele Werkzeuge zur Verfügung stehen, um seine Feinde zu überwinden. Vom Katana bis zur Stangenwaffe gibt es gleich zehn Waffenklassen, die alle eigene Bewegungsabläufe und Spezialmanöver mitbringen. Doch damit nicht genug: Jede Waffe besitzt drei Haltungen (Jin, Ten und Chi), welche gegen leichte, normale oder schwere Klingen effektiv sind. Jede Haltung bringt ihr eigenes Bewegungs-Set und ihre jeweiligen Manöver mit. Kurz: Bei Rise of the Ronin sollte für jeden eine passende Waffe vorhanden sein. Dazu kommen typische Elementareffekte wie Feuer oder Blitz, die über Wetzsteine auf die eigene Klinge übertragen werden können.

Wichtiger Fernkampf und coole Gadgets

Fast genauso wichtig wie der Tanz mit der Klinge ist der Umgang mit zahlreichen Fernkampfwaffen. Am Ende der Edo-Ära gibt es dabei längst moderne Pistolen, Gewehre und Musketen in Japan, die zeitgleich mit Ninja-Wurfsternen und Langbögen zum Einsatz kommen. Während Gewehre verheerenden Schaden verursachen, sind Bögen beinahe lautlos. Setzt man im Vorgehen also stärker auf Schleichmanöver und Attentate, ist der die klassische Fernkampfwaffe im Zweifel die bessere Wahl.



Flankiert wird das Ronin-Arsenal von einer Handvoll Gadgets, die vor allem das Bewegungsrepertoire des eigenen Kämpfers erweitern. So gibt es, hallo Sekiro: Shadows die Twice, einen Greifhaken, der an bestimmten Punkten eingesetzt werden kann um Abgründe zu überwinden oder Dächer zu erreichen. Außerdem erhält der Spieler recht früh einen mechanischen Drachenflieger. Dieser ermöglicht es, elegant von Aussichtspunkten herabzuschweben, lautlos Wachen zu überwinden oder den Tod aus der Luft zu bringen.

Screenshot aus dem Spiel Rise of the Ronin. Der Spielercharakter zielt mit einem Gewehr auf einen Feind.
Schusswaffen sind wichtig. Im 19. Jahrhundert sind auch Repetiergewehre in Japan angekommen. © IMTEST / Koei Tecmo

Doch das ist noch nicht alles: im 19. Jahrhundert erreicht die Fotografie das alte Japan. Überall auf der Karte finden sich Foto-Ops und Sehenswürdikeiten die festgehalten werden wollen. Zudem trägt der Ronin auch eine Taschenuhr und eine Art tragbares Sonar mit sich herum. Letzteres dient als “Assassinen-Sinn” des Kriegers – eine halbwegs elegante Art, eine typische Open-World-Mechanik in das Spiel einzubetten. Wer es heiß mag, kann zu guter Letzt noch auf ein sogenanntes Flammenrohr, eine Art Proto-Flammenwerfer zurückgreifen.

Rise of the Ronin: Die Story im Fokus?

Eine Handlung gibt es bei Rise of the Ronin natürlich ebefalls – und diese steht auch etwas mehr im Fokus als beim letztjährigen Wo Long: Fallen Dynasty. Trotzdem wird der Spannungsbogen gerade im ersten Drittel zu schnell unterbrochen. So erschafft der Spieler im mächtigen Charakter-Editor zu Beginn des Spiels gleich zwei Charaktere, sogenannte Klingenzwillinge. Diese werden gemeinsam ausgebildet und ziehen auch zu zweit in den ersten Kampf an Bord eines schwarzen Schiffes.

Screenshot aus dem Spiel Rise of the Ronin.
Über den Bambus-Wäldern: Der mechanische Drachenflieger sorgt für luftige Aussichten. © IMTEST / Koei Tecmo

Nach einer krachenden Niederlage und dem darauf folgenden Verlust der eigenen Herrin zieht im Anschluss alleine als Ronin nach Yokohama, um die Verantwortlichen zu finden. Der Start ist packend – der Faden verliert sich aber zu schnell in der offenen Welt. Rise of the Ronin beginnt nämlich im Anschluss damit, unzählige Charaktere einzuführen. Dabei wird der Spieler in den ersten zehn Stunden auf zu viele belanglose Missiönchen und Hilfseinsätze geschickt. Ja, die Story nimmt nach einem ersten Twist durchaus wieder an Fahrt auf, hier hätte Team Ninja den Spannungsbogen aber etwas stärker spannen dürfen.



Story-Missionen finden dabei übrigens in der offenen Welt statt, werden aber erkennbar vom restlichen Spiel abgetrennt. Mittels dieser aus Wo Long: Fallen Dynasty entliehenen Mechanik können vor dem Beginn der Einsätze zum Beispiel bis zu zwei Begleiter ausgewählt werden, die mit dem Ronin in den Kampf ziehen. Hier ist es auch möglich, Spieler aus der Freundesliste einzuladen. Das ist cool, nicht zuletzt weil Solo-Spieler zwischen den Figuren wechseln können. Gerade in hitzigen Bosskämpfen kann das ein Segen sein. Die Einsätze sind dabei gut entworfen und warten mit der einen oder anderen Überraschung auf. So warten beim Angriff auf einen US-Konsul etwa Gatling-Kanonen auf den Spieler, die auch gegen ihre Besitzer gewendet werden könnne.

Sammelwahn im alten Japan

Schade ist, dass sich Team Ninja zwei großer Kritikpunkte ihrer jüngeren Spiele nicht angenommen hat. So herrscht in Rise of the Ronin der gleiche Ausrüstungs-Sammelwahn wie bei Nioh oder Wo Long. Dabei gilt natürlich grundsätzlich: In Action-Rollenspielen muss es auch Beute geben. Hier übertreiben es die Entwickler aber traditionell. In jeder Mission, nach jeder Mini-Aufgabe, ja, in jeder Ecke findet man Schwerter, Rüstungen, Schuhe, Pistolen und Co. Das ist unheimlich ermüdend, da die einzelnen Gegenstände so kaum eine Bedeutung haben.

Screenshot aus dem Spiel Rise of the Ronin.
Sammelwut Deluxe: Es gibt einfach viel zu viel bedeutungslose Beute. © IMTEST / Koei Tecmo

Ständig rüstet man sich neu aus – und bei Händlern ist man minutenlang damit beschäftigt, das alte Gerümpel zu zerlegen. Diese Mechanik wirkt, auch angesichts einer guten Upgrade-Mechanik mittels Ressourcen und Materialien, wie auch in Nioh fehl am Platze. Im Kern ist Rise of the Ronin nämlich immer noch ein Soulslike und kein Diablo-Klon. Hier wäre es schöner, wenn die Entwickler endlich mehr Fokus auf einzigartige Beute legen würden. So kommt nämlich eher Wühltisch-Atmosphäre auf.

Rückstand durch Technik

Gleiches gilt für die sichtbar angestaubte Technik. Ja, die Landschaften sind ansehnlich entworfen und ja, die Architektur passt. Allerdings können Oberflächen, Material-Darstellung und Sichtweite nicht mehr mithalten. Besonders das sichtbare aufploppen von Figuren und Gegenständen in der Umgebung ist schlicht nicht mehr zeitgemäß. Richtig schwach ist aber die Beleuchtung. Diese wirkt vor allem in Städten und Innenräumen unheimlich steril und flach.

Screenshot aus dem Spiel Rise of the Ronin.
Veraltete Technik: Wasser und Schiff sehen nicht aus, wie man es bei einem PS5-exklusiven Spiel erwarten könnte. © IMTEST / Koei Tecmo

Es gibt zu wenig Schattenwurf, Umgebungsverdeckung und atmosphärische, aktive Beleuchtung. Durch diesen unschönen, flachen Look erinnern gerade Innenräume frappierend an Spiele der PS3-Ära. Wie es besser geht zeigt unter anderem Ghost of Tsushima, das mit stringenterem Artdesign und atmosphärischem Licht auf PS4 besser aussieht als Rise of the Ronin auf PS5. Immerhin gelingt Team Ninja eine überwiegend flüssige Darstellung. Zwar sind manchmal sehr leichte Bildraten-Einbrüche erkennbar, diese haben aber keinen Einfluss auf das Spielgeschehen.

Fazit

Ist Rise of the Ronin ein würdiger Japan-Kontrahent für Ghost of Tsushima? Naja! Grundsätzlich liefert Team Ninja ein durchaus unterhaltsames Action-Rollenspiel in offener Welt, dass vor allem mit seinem dynamischen Kampfsystem und knallharten Klingentänzen überzeugt. Den Ninja-Gaiden-Veteranen gelingt dabei ein guter Einstand in der offenen Welt, die allerdings etwas zu herkömmlich und mit Sammel- und Nebenaufgaben überfrachtet an den Start geht. Die Souls-Lite-Formel, kombiniert mit Charakter-Beziehungen und Koop setzen das Ende der Edo-Zeit angenehm von Jin Sakais Kampf gegen die Mogolen-Invasion ab.

Doch Team Ninja schleift zuviele Altlasten mit: Die Technik ist in vielen Bereichen schlicht nicht mehr zeitgemäß, der Beute-Sammewahl schon seit Nioh überflüssig. Zudem verstellt die scheinbare Komplexität von Erfahrungssystemen, Währungen, Gunst- und Bindungsleisten an vielen Stellen den Blick aufs Wesentliche. Hier wäre mehr Fokus und klarere Spieldesign-Entscheidungen besser gewesen. Trotzdem mach Rise of the Ronin über weite Strecken richtig Laune – ein hundertfach gefalteter und messerschaft geschliffener Spielspaß-Superhit ist es allerdings nicht.

  • PRO
    • Spannendes Szenario, starkes Kampfsystem, schöne Landschaften, viele Waffentypen, wichtiger Fernkampf, coole Gadgets, Beziehungsgeflecht zu Charakteren und Fraktionen
  • KONTRA
    • Zu viele Menüs, Erfahrungs-Leisten und Währungen, erkennbar angestaubte Technik, Beute-Wahn mit Sammel-Orgien, oft repetitive Nebenaufgaben in der offenen Welt

IMTEST Ergebnis:

gut 2,1

Portraitfoto des IMTEST-Redakteurs Eike Cramer

Eike ist Spiele- und Hardware-Redakteur aus Leidenschaft: Nach seinem abgeschlossenen Studium der Politikwissenschaft zog es ihn direkt zur Spieleredaktion 4players.de in Hamburg, bei der er zwischen 2013 und 2023, mit einem zweijährigen Zwischenstopp beim Musikmagazin Metal Hammer, als Redakteur und Video-Redakteur beschäftigt war. Eike ist dabei ein echter Alleszocker, der, egal ob Indie oder AAA-Blockbuster, auf PC und Konsole zwischen Strategie, Action-Adventure, Rollenspiel und Shooter kaum ein Genre auslässt. Derzeit ist er als freier Autor aktiv.