Vier Jahre sind vergangen, seitdem die Rollenspiel-Profis von Square Enix die Spieler mit dem ersten Teil der Neuauflage von Final Fantasy 7 in die dystopische Stadt Midgar entführt haben. Die Fangemeinde war fast ausnahmslos begeistert, auch wenn sich nicht wenige Spieler gewünscht haben, noch mehr von der Welt zu sehen, die das Playstation 1-Original von 1997 zu der unvergesslichen Erfahrung machten, die bis heute fest in der Erinnerung verankert blieb.
Jetzt ist es endlich soweit herauszufinden, was sich am Ende des Highways hinter den stählernen Toren Midgars verbirgt und wie und ob es den Entwicklern gelungen ist, Magie, Spannung, Witz, Abwechslungsreichtum, die memorablen Kämpfe und Begegnungen und nicht zuletzt die riesige, faszinierende Spielwelt in die Neuzeit zu übertragen. Vorhang auf für den Test von Final Fantasy 7 Rebirth.
Produktdetails
- Playstation 5
- 79,99 Euro
- 29. Februar
- 50 – 120 Stunden
- Ab 16 Jahren
- 150 Gigabyte
Wiedergeborene Erinnerungen
Die bereits im PSN verfügbare Demoversion von Final Fantasy 7 Rebirth macht die schrecklichen Erinnerungen als Rückblende wieder präsent: Nachdem Über-Soldat Sephiroth die Erfahrung über seine Abstammung erlangt, brennen dem mächtigen Schwert-Schwinger komplett die Sicherungen durch. Mit dem Ergebnis, dass Nibelheim, das Heimatdorf von Cloud, in Schutt und Asche gelegt wird, seine Mutter in den Flammen umkommt. Die schwergewichtige Einführung bildet den Auftakt für alles, was danach passiert. Denn trotz eines fulminanten Kampfes am Ende von Final Fantasy 7 Remake, gelingt es Sephiroth zu entkommen, Cloud und seine Freunde bleiben geschwächt und teilweise verletzt zurück. Ein mysteriöser Fremder kümmert sich um die nur scheinbar gebrochene Truppe. Einige Tage später sind Hauptfigur Cloud, das Blumenmädchen Aerith, das bärbeissige Muskelpaket Barret, Nahkampf-Expertin Tifa und der genmanipulierte Löwe Red XIII wieder auf dem Damm.
Die Situation der erfahrenen und mittlerweile freundschaftlich tief verbundenen Party bleibt die Gleiche: Als Terroristen gejagt von den Handlangern des Shinra-Waffenkonzerns gilt es Sephiroth zu finden, zu stellen und das Ende der Welt abzuwenden. So weit, so bekannt. Doch nach den düsteren, von Enge und Metall geprägten Umgebungen der Stadt, geht es nun hinaus in die riesige Welt von Gaia. Der Start erfolgt in den Weiten des Graslands. etwas östlich des Einzugsgebietes von Midgar. Hier prägen blumengesprenkelte Wiesen, sonnendurchflutete Wäldchen und schroffe Felsen an der Küste die Stimmung. Die perfekte Möglichkeit, um sich einen knallgelben Chocobo zu schnappen und die Spielumgebung ausgiebig zu erforschen. Billys Chocobo-Farm ist also der ideale Ausgangspunkt, auch der hilfreiche Wissenschaftler Chadley hat hier bereits sein erstes Lager aufgeschlagen.
Open-Zone statt Open-World
Die Reise über den Kontinent führt die Party, nachdem die Mythril-Minen am Ende des Graslands als Durchgangstunnel dienen, in die Hafenstadt Junon. Die Schiffswracks im aufgewühlten Meer vor der zweistöckigen Küstenstadt halten nicht nur erfreuliche Geheimnisse bereit. Die gigantische Kanone als Symbol der Enklave thront bedrohlich über allem, besonders Cloud hat in seiner Zeit als Soldat hier ein paar schlechte Erinnerungen gesammelt. Weiter geht es nach Corel, das Herz einer riesigen Wüste und die Heimat des aufregendsten Freizeitparks, den die Welt zu bieten hat:
Der Gold Saucer mit seinen zahlreichen Mini-Spielen und Attraktionen stellt für Cloud und seine Freunde jedoch nicht nur einen kurzen Tapetenwechsel dar, auch der schon damals beliebte und verrücke Zusatzcharakter Cait Sith hat hier seinen ersten Auftritt. Die weiteren Stationen des abwechslungsreichen Trips führen über Gongaga schlussendlich in den Coral Canyon. Kenner wissen, was hier droht, alle anderen sollten sich schonmal zum Anschnallen bereit machen. So wie das Abenteuer bis zum Ende des Spiels verläuft ist klar, dass der dritte Teil der Neuauflage dann auf dem nördlichen Teil des Kontinents von Gaia stattfinden sollte.
Die Spielumgebungen sind dabei keinen Open-World-Gebiete, wie man sie aus Spielen wie Red Dead Redemption oder der Horizon-Serie kennt. Viel mehr sind es große Areale, die durch schmale und vorgezeichnete Wege miteinander verbunden sind. Das macht es den Entwicklern einfacher, die Biome mit Ereignissen aller Art nur so vollzustopfen, die Spieler freuen sich über den fehlenden Leerlauf. Denn alle paar Meter sind Entdeckungen zu machen, Feinde zu bekämpfen und natürlich sind auch viele Geheimnisse und Sammelgegenstände in den Gebieten verteilt. In Final Fantasy 7 Rebirth warten satte fünf dieser großen Spielplätze darauf, ihre Schätze und Sehenswürdigkeiten preiszugeben.
Verbesserter Echtzeit-Kampf
Das Kampfsystem ist, wie schon im ersten Teil der Neuauflage, nicht mehr rundenbasiert, sondern wird in Echtzeit abgespult. War das im Remake oft eine hektische und schweißtreibenden Angelegenheit, wurde in Rebirth an einigen Schrauben gedreht, um dem Spieler die Möglichkeit zu geben, die Scharmützel noch granularer an den eigenen Spielstil anzupassen und so etwas übersichtlicher zu gestalten. Die wohl größte Neuerung sind die neuen Synchron-Angriffe. Wurde die entsprechende Leiste genug aufgeladen, steht es jedem ausgewählten Team-Mitglied per Tastendruck frei, sich mit einem Kollegen zusammenzutun und dann gemeinsam eine durchschlagende und optisch krachend umgesetzte Attacke zu starten. Und, egal wer sich mit wem zum synchronen Todestanz aufs Parkett begibt: Alle auf diese Weise ausgeführten Manöver verfügen über eine spezielle Animation. Klasse!
Weiterhin spielen auch die Summons eine wichtige Rolle. Denn in besonders brenzligen Situationen können nur die ganz dicken Kaliber wie etwa Titan oder Phoenix helfen, um einen schwierigen Boss zu Fall zu bringen. Doch die mächtigen Götter müssen zuerst im Kampfsimulator besiegt werden, bevor ein Hilferuf an sie gerichtet werden kann. Keine einfache Aufgabe, auch diese Kämpfe erfordern überlegtes Vorgehen am Gamepad, wenn nicht dauernd Phoenix Downs zum Einsatz kommen wollen. Das lässt sich ebenfalls besser vermeiden, wenn alle Mitglieder der Party versiert aufgelevelt sind. Jeder Stufenaufstieg jeder Figur ermöglicht das Freischalten neuer passiver und aktiver Fähigkeiten auf einem großen Spielbrett – und wenn eine gewählte Funktion sich mal nicht entsprechend auszahlt, können die hier vergebenen Punkte ganz einfach zurückgesetzt werden. So muss das!
So groß kann klein sein
Schon in der Vorlage von 1997 spielten kleine Mini-Spiele, die den Spielverlauf gekonnt auflockern, eine große Rolle. Hier wurde für die Neuauflage noch einmal kräftigst nachgelegt. So stehen neue Versionen bereits bekannter Tagträumereien, wie dem Klavierspiel oder dem Tower-Defense-Spiel Fort Condor bereit, und an der Spitze der Freizeitaktivitäten gibt es nun ein komplexes Kartenspiel. Wen interessiert es, ob die Welt gerettet werden will, wenn allerorts die besten Kartenspieler herausgefordert werden wollen und ihre wertvollen Karten als Belohnung für einen Sieg anbieten? Das wird auch in über 80 Stunden nicht langweilig! Besonders die musikalische Untermalung der spannenden Duelle, hat absolutes Ohrwurm-Potenzial. Die meisten verfügbaren Mini-Spiele sind schnell erledigt, wer aber Lust hat, sich so richtig zu verbeissen, bekommt mehr als genügend Möglichkeiten dazu.
Verbeugung vor dem Original
Ein nicht unerheblicher Teil der Faszination der Neuauflage von Final Fantasy 7 basiert auf der Kenntnis der Vorlage. Denn die kleinen Polygon-Püppchen von damals, sind inzwischen erwachsen geworden und auf einem technischen Stand, der in jeder Zwischensequenz aufs neue begeistert. Darstellung von Gesichtern, Augen, Mündern und emotionalen Regungen im Allgemeinen haben schon den Charakter eines modernen CGI-Films. Da die Übergänge zwischen normalem Gameplay und eingestreuten Szenen absolut fließend sind, wähnt sich der Spieler auch nach Stunden in einer sehr kohärenten Erzählstruktur, die filmischem Charakter aufkommen lässt, ohne das Gefühl zu vermitteln nur Zaungast zu sein.
Natürlich haben viele der Figuren auch die witzigen Animationen von damals übernommen, also nicht wundern, wenn Cloud plötzlich Kniebeugen vollführt oder sich im Bett zu ein paar Situps aufrafft. Überhaupt wurden die teilweise absurd lustigen Besonderheiten der verschiedenen NPCs und sonstiger Figuren im Spiel sehr behutsam und mit dem entsprechenden Respekt für die Vorlage überarbeitet. Alleine aus diesem Grund, sitzen Kenner des Originals deutlich öfter mit einem seeligen Lächeln auf dem Gesicht vor dem Bildschirm, als Neulinge. Das gilt ebenso für die musikalische Untermalung. Hier geben sich aufgebohrte Versionen bekannter Songs mit toll inszenierten Neuinterpretationen die Klinke in die Hand.
Technik, die begeistert
Final Fantasy 7 Rebirth bietet zwei verschiedene Auflösungs-Modi. Im Grafik-Modus läuft das Spiel in einer nativen 4K-Auflösung bei einer Bildwiederholrate von 30 Bildern pro Sekunde. Besonders Besitzer eines OLED-Fernsehers oder Spieler, die sich an eine schnelle Bildwiederholrate gewöhnt haben, kommen allerdings auf den Wechsel in den Performance-Modus kaum herum. Dann läuft das Geschehen auf dem Bildschirm mit 60 Frames, ohne das Einbrüche zu verzeichnen sind. Allerdings sinkt die Auflösung hier auf eine dynamisch angepasste Variante, die zwischen 1080p und 1440p hin- und her pendelt. Das Ergebnis ist eine etwas verwaschene und unscharfe Darstellung, die für Fragezeichen sorgt, bis sich der Spieler daran gewöhnt hat. Hier besteht allerdings noch Nachholbedarf. Ein zukünftiger Patch sollte eine bessere Lösung zur Kantenglättung bieten, als die aktuell implementierte,
Ansonsten setzt Rebirth Maßstäbe bei der Optik, was neben den unfassbar guten Charaktermodellen auch an den extrem feingliedrig gestalteten Umgebungen liegt, die zusätzlich mit einer sehr hohen Weitsicht aufwarten können. Kleine Gitter, rostige Rohre, Seile und herumfliegender Müll sind nur ein kleiner Teil der Detailwut, welche die Entwickler bei der Neugestaltung der unterschiedlichen Örtlichkeiten umsetzen konnten. Das Ergebnis ist das wohl bis jetzt hübscheste, stimmungsvollste und optisch überzeugendste JRPG, das jemals über die Bildschirme geflimmert ist.
Fazit
Mit dem zweiten Teil der Neuauflage von Final Fantasy 7 setzt Square Enix sich selbst und der Vorlage ein Denkmal. Das Entwickler-Team hat ganz genau verstanden, was den Reiz des Originals ausgemacht hat und so gut wie alle faszinierenden Facetten der Reise perfekt in die Jetzt-Zeit übertragen. Stellenweise ist es kaum zu glauben, dass Final Fantasy 7 Rebirth in nur vier Jahren entwickelt wurde. Hunderte Zwischensequenzen, Gespräche, die großen Spielgebiete, die vor abwechslungsreichen Aufgaben, Schätzen, Geheimnissen und Mini-Spielen nur so strotzen, werden von einer Optik eingerahmt, wie sie bis heute noch in keinem japanischen Rollenspiel zu sehen war. Dazu die Story, die vielen in weiten Teilen bereits bekannt sein dürfte, für die Wiedergeburt aber an genau den richtigen Stellen erweitert und auf sehr überraschende und intelligente Weise abgeändert wurde.
Es wird nicht wenige Spieler geben, die ob des Gebotenen wahlweise in Tränen der Freude oder der Trauer ausbrechen, wenn sie das Schicksal von Cloud Strife und seinen treuen Gefährten 27 Jahre später in dieser phänomenalen Form erleben dürfen. Schlug die Technik in Final Fantasy 16 noch wilde Haken, zeigt Final Fantasy 7 Rebirth, dass es auch anders geht. Hier gibt es schon aufgrund des absurden Detailreichtums der Umgebungen fast nichts zu meckern, selbst in den größten und weitläufigsten Umgebungen liegen die 6o Bilder im Performance-Modus zu jeder Zeit perfekt an. In diesem Modus wirkt das Bild abseits der Zwischensequenzen allerdings etwas verwaschen, hier müssen die Entwickler mit einem Patch nochmal nachjustieren.
Ein weiterer, deutlich schwerwiegenderer “Kritikpunkt”, den sich das Action-Rollenspiel gefallen lassen muss, ist die erneute Wartezeit von rund vier Jahren, bis dann auf der Playstation 6 bewundert werden darf, wie die Geschichte ihr Ende und die dann komplette Trilogie einen Ehrenplatz in jeder Spielesammlung finden kann.
- PRO
- Top-Optik, großer Abwechslungsreichtum, erlebbares Team-Building der Party, faszinierende Spielgebiete, viele unterschiedliche Gegner und Bosse, spitzenmäßiges Kampfsystem mit vielen Möglichkeiten, genialer Soundtrack, aufwändige deutsche Synchro.
- KONTRA
- Darstellung im Performance-Modus etwas verwaschen.
IMTEST Ergebnis:
sehr gut 1,2
Skull and Bones im Test: Haut und Knochen auf hoher See
Ist Skull and Bones ein gelungener, virtueller Raubzug?