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Enshrouded im Praxis-Test: So gut ist der Steam-Hit aus Deutschland

Kann Keen Games an den Erfolg von Portal Knights anküpfen?

Titelbild des Spiels Enshrouded
© Keen Games

Nach Palworld hat die Spielewelt mit Enshrouded 2024 bereits ihren zweiten Überraschungshit, der nach wenigen Tagen im Early Access schon Millionen Spieler vor den Bildschirm fesselt. Und genau wie Palworld, setzt auch Enshrouded auf den klassischen Survival-Mix – allerdings ohne Mini-Monster, dafür mit Rollenspiel-Anspruch und erkennbarer Story. IMTEST hat den Steam-Hit aus Deutschland ausprobiert.

Enshrouded

  • PC
  • 29,99 Euro
  • >50 Stunden
  • Ab 12 Jahren
  • Min. 60GB (PC)
  • Action-Rollenspiel, Survival

Enshrouded: Überleben in einer zerbrochenen Welt

Die Rahmenhandlung von Enshrouded erinnert an die Souls-Reihe: Der Spieler schlüpft in die Rolle eines Flammengeborenen, der die Welt “Gluttal” retten muss. Diese ist von einem düsteren Nebel zerschnitten, der alles Leben korrumpiert und in Monster und Mutanten verwandelt. Eine magische Flammer erlaubt es dem Spieler, kurze Zeit in diesem “Miasma” zu verweilen. Das ermöglicht nicht nur den Kampf gegen die Monster, sondern letztlich auch das Zerstören der Miasmen-Wurzeln, um die Umgebung vom Befall der fiesen Magie zu befreien.

Screenshot aus dem Spiel Enshrouded
Schon die ersten Häuschen können sehr nett aussehen. © IMTEST / Keen Games

Diese magische Flamme ist es auch, die dem Spieler das Errichten einer eigenen Basis erlaubt. Früh im Spiel erlernt man die Fähigkeit, einen sogenannten Flammenaltar zu errichten. Im Umkreis dieser steinernen Feuerschale ist es dann zunächst möglich eine Werkbank zu platzieren, um Werkzeuge und einfache Waffen herzustellen. Ressourcen dafür finden sich in der Umgebung genug.



Als typisches Survival-Abenteuer im Stil von Ark: Survival Evolved, Valheim oder zuletzt Palworld, können Bäume gefällt, Steine gehackt oder Beeren gesammelt werden. Dann wird am Lagerfeuer leckere Nahrung gekocht und an der Werkbank Äxte und Spitzhacken gebastelt. So lässt sich auch die erste Nacht in Gluttal überstehen, die richtig dunkel und zum Teil auch voller Schrecken ist.

Das eigene Zuhause

Tatsächlich ist “Survival” bei Enshrouded aber eher eine nachgelagerte Komponente im Spielmix. Kurz: Es gibt keine lästige Hunger- bzw. Durst-Mechanik, was das Überleben in der ansehnlichen Fantasy-Welt spürbar entspannter macht. Nahrung und Getränke erzeugen vielmehr Verbesserungen, erhöhen etwa die kurzzeitig die Lebensenergie, sorgen für einen Intelligenz-Boost oder mehr Ausdauer. Außerdem gibt es bei Enshrouded auch keine Status-Zustände: Die Spielfigur friert nicht und auch Krankheit und Co. spielt keine Rolle.

Screenshot aus dem Spiel Enshrouded
Der Hausbau ist intuitiv und sehr befriedigend. Es gibt sogar Gerüste, um Dächer zu bauen. © IMTEST / Keen Games


Das macht das Action-Rollenspiel deutlich zugänglicher als viele Genre-Kollegen, bei denen man in den ersten Spielstunden vor allem mit sich und der Umgebung kämpft. Stattdessen erfüllt Enshrouded früh den Traum vom Eigenheim. Mit dem selbst herstellbaren “Bauhammer” können nämlich zuvor hergestellte Materialien-Blöcke wie Stein, Holz und Co. in Form gebracht werden. Dabei entsteht aus Fundament, Wänden, knorriger Holztür und windschiefen Fenstern schnell eine recht wohnliche Hütte, deren Charme vor allem an den Wikinger-Hit Valheim erinnert. Allerdings sind auch hier die Mechaniken vereinfacht. So gibt es keine Statik – einzelne Elemente können frei abgerissen werden, ohne dass die darüberliegenden Stockwerke zerstört werden.

Das Bausystem funktioniert dabei zuverlässig und ermöglicht sehr intuitiv wunderbar individuelle Konstruktionen, die viel Spielraum für die eigene Fantasie lassen. Wer keine Lust auf episches Abenteuer und wilde Kämpfe hat, dürfte mit Enshrouded also trotzdem seine spielerische Erfüllung finden.

Solide Technik, fantasievolle Welt

Technisch ist Enshrouded dabei sehr ordentlich. Die hauseigene Holistic Engine zaubert eine farbenfrohe und fantasievolle Welt auf den Bildschirm, die vor allem in direkter Umgebung mit schönem Gras, feinem Lichtspiel und guten Schatten überzeugt. Das Charakter- und Gegnerdesign ist dabei eher comichaft gehalten, die von blauen Kristallen überwucherten Zombies oder schlappohrigen Mini-Waldbewohner erzeugen aber eine nette Fantasy-Atmosphäre.

Screenshot aus dem Spiel Enshrouded.
Kampf im Nebel: Im Miasma lauern mutierte Zombies, die ordentlich zuschlagen können. © IMTEST / Keen Games

Das wallende Miasma mit seinen tot in den Himmel ragenden Bäumen, aufgeblähten Pilz-Wucherungen und abgestorbenen Pflanzen ist ein angenehm düsterer Gegenpart zu den lichtdurchfluteten Wäldern und Ruinen. Schade ist, dass die Distanzzeichnung hier nicht ganz mithalten kann. So gibt es in der Ferne mitunter deutlich sichtbare Detaillevel-Einblendungen. Und auch die Sichtdistanz für Feinde ist etwas zu kurz, sodass Feindlager nicht effizient ausgespäht werden können.

Freundliche Bewohner und knackige Kämpfe

Im Kampf erinnert Enshrouded ansatzweise an die bekannte Souls-Formel. Es gilt, den Schlägen der Feinde geschickt auszuweichen oder sie mit dem Schild zu parieren. Mit Paraden füllt der Spieler eine Haltungsleiste, die Gegner nach einigen erfolgreichen Manövern paralysiert, sodass vernichtende Hiebe gesetzt werden können. Die Kämpfe sind dabei alles andere als trivial. Zwar ist der Schwierigkeitsgrad längst nicht auf Souls-Niveau, die Banditen, Bogenschützen und Zombies teilen aber trotzdem ordentlich aus. Entsprechend schnell segnet man das zeitliche, was einen Verlust einiger Ressourcen am Ort des Todes zur Folge hat.

Screenshot aus dem Spiel Enshrouded
Auch Schalterrätsel gibt es. Dieses wird mit dem Bogen gelöst. © IMTEST / Keen Games


Als Waffen stehen Schwert, Axt und Co. genauso zur Verfügung wie Bögen oder Zauberstäbe. Wie für Action-Rollenspiele üblich gibt es diverse Schadensarten von Schnitt und Hieb bis Feuer und Elementar. Auch Rüstungen können angelegt werden, die zuvor mit verarbeiteten Materialien beim Schmied bestellt werden.

Moment, Schmied? Ja! Denn in Enshrouded ist man auch im Singleplayer nicht völlig auf sich allein gestellt. So befreit man in der ersten Quest einen Schmied aus einer Art Stasi-Gefängnis. Dieser kann fortan im eigenen Lager beschworen werden. Richtet man dem Handwerker dann noch eine kleine Werkstatt ein, kann er hochwertigere Waffen, Rüstungen und Materialien wie etwa eiserne Nägel produzieren. Auch für Waffen-Upgrades ist er zuständig. Dafür werden Runen-Münzen benötigt, die der Spieler in den Truhen und Kisten der offenen Welt finden kann.

Enshrouded: Sandbox und Story-Abenteuer

Was schon im Early Access auffällt: Enshrouded verbindet Story-Elemente in den ersten Spielstunden geschickt mit den klassischen Sandbox-Elementen von Survival-Spielen. So ist dem Spieler freigestellt, ob er zunächst Stunden mit dem Basisbau verbringen möchte, oder ob er frei in die Welt hinausziehen will. Gleichzeitig leitet die Story-Quest angenehm unaufdringlich durch das Anfangs-Gebiet, erklärt Hintergründe und Monumente, die immer neue Mechaniken ins Spiel bringen.

Screenshot aus dem Spiel Enshrouded.
Schöner Ausblick: Die Distanzzeichnung ist okay, trotzdem entstehen schöne Panoramen. © IMTEST / Keen Games

Zudem ist die Welt schön gestaltet: Immer wieder finden sich kleine Szenerien, die kleine Geschichten erzählen. Bücher illustrieren die Hintergründe der zerfallenen Welt, während die Feinde das Beute und Erfahrungspunkte-Konto füllen. Mit Gleitschirm und Greifhaken gibt es zudem schon sehr früh viele Bewegungs-Optionen, welche die Welterkundung schneller und komfortabler gestalten. Kurz: Enshrouded ist jederzeit angenehm abwechslungsreich. Das ist vor allem im natürlich vorhandenen Mehrspieler-Modus interessant, da auf diese Weise jeder Mitspieler seine eigene Spielweise finden und ausleben kann.

IMTEST-Einschätzung

Enshrouded stammt aus der Feder des deutschen Studios Keen Games, die schon mit Portal Knights bewiesen haben, dass sie Survival- und Crafting-Abenteuer beherrschen. Enshrouded ist schon im Early Access eine technisch solide, abwechslungsreiche Fantasy-Sandbox voller versteckter Geheimnisse, fieser Gegner und noch mehr Bastelspaß. Die Verbindung aus Action-Rollenspiel, Survival light und Basenbau-Faszination geht in den ersten Spielstunden gut auf. Der Bau des ersten eigenen Häuschens geht flüssig von der Hand, während der Kampf gegen das Miasma und die fantasievolle Welt Lust auf mehr wecken. Es bleibt die Frage: Wie lange kann Enshrouded wirklich faszinieren. Diese Antwort gibt es vermutlich erst mit dem Test zum Ende der Early-Access-Phase, die laut den Entwicklern knapp ein Jahr dauern soll.

  • PRO
    • Angenehmes “Survival light”, nette Bau-Mechanik, schöne Kulisse im Nahbereich, gute Mischung aus Sandbox und Action-Rollenspiel.
  • KONTRA
    • Weitsicht nicht optimal, Animationen etwas zu einfach, zum Teil etwas unklare Quest-Anweisungen
Portraitfoto des IMTEST-Redakteurs Eike Cramer

Eike ist Spiele- und Hardware-Redakteur aus Leidenschaft: Nach seinem abgeschlossenen Studium der Politikwissenschaft zog es ihn direkt zur Spieleredaktion 4players.de in Hamburg, bei der er zwischen 2013 und 2023, mit einem zweijährigen Zwischenstopp beim Musikmagazin Metal Hammer, als Redakteur und Video-Redakteur beschäftigt war. Eike ist dabei ein echter Alleszocker, der, egal ob Indie oder AAA-Blockbuster, auf PC und Konsole zwischen Strategie, Action-Adventure, Rollenspiel und Shooter kaum ein Genre auslässt. Derzeit ist er als freier Autor aktiv.