Ob Macbook, iMac, AirPods oder iPhone: Heute arbeitet in allen Apple-Geräten eine hauseigener Prozessor. Mit dem M3 stellte Apple im Oktober 2023 die mittlerweile dritte und fortschrittlichste Generation vor. Dem leistungsstarken und zugleich sparsamen Chip geht eine aufwendige Entwicklung voran, die bis zum ersten iPhone zurückreicht. Und ein wichtiger Teil dieser Geschichte ist Apples Europäisches Chip Design Center in München. IMTEST war vor Ort.
Fotos verboten, Fragen erlaubt
Etwa 2.000 Ingenieure aus 65 Nationen arbeiten in Apples Entwicklungsstandort mit dem Namen “Karl” in München. Die Architektur, die einen grünen Innenhof umschließt, erinnert mit etwas Fantasie an den Apple Park. Na gut: Der Gebäudekomplex ist nicht kreisrund, sondern viereckig, und er umfasst 30.000 statt 260.000 Quadratmeter. Nichtsdestotrotz ist auch der Münchener Standort beeindruckend, vor allem im Inneren, wo alles auf klare Linien, Ordnung und Minimalismus getrimmt ist – typisch Apple eben.
Aber für Interior Design war IMTEST nicht vor Ort und freute sich deshalb umso mehr über die spannenden Dialoge mit den Entwicklern. Eines vorweg: Fotos vor Ort waren leider nicht erlaubt. Das ist schade, aber verständlich. Schließlich entwickelt das Unternehmen hier mitunter eine seiner wohl wichtigsten Technologien.
Leistungsstarke Chips
Der sogenannte System-on-a-Chip (SoC), übersetzt “System auf einem Chip”, vereint Computer- und Grafikprozessoren, ist besonders platzsparend und energieeffizient. SoCs eignen sich somit für mobile Geräte und sind deshalb nicht nur bei Apple, sondern auch in vielen Android-Smartphones zu finden. Apple ist es jedoch gelungen, das Konzept weiterzudenken und eine extrem energieeffiziente und zugleich leistungsstarke Technik zu entwickeln, die auch in den MacBooks und iMacs ihre Vorteile ausspielt.
So sind etwa MacBooks der neusten Generation ohne Probleme in der Lage, höchsten Ansprüchen der Videobearbeitung, Rendering, 3D-Anwendungen und ähnlichen rechenintensiven Aufgaben gerecht zu werden. Anders als viele andere Notebooks entfalten sie dabei ihre volle Leistung auch im Akkubetrieb und halten dabei obendrein überdurchschnittlich lange durch. Das belegen auch die Messungen aus dem IMTEST-Prüflabor. Hier erreichen MacBooks und iMacs seit dem M1-Chip in Leistungs-Benchmarks und Laufzeit-Tests Bestwerte, die mit jeder weiteren Generation (M2, M3) auch noch übertroffen wurden.
Zugegeben: Das klingt nach Wundermaschine. Und dass Apple damit etablierten, namenhaften Chip-Entwicklern weltweit die Stirn bietet, macht es nicht weniger verwunderlich. Wie also gelingt das? Und was hat Apple mit München zu tun?
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So kam Apple nach München
Ursprünglich war das Europäische Zentrum für Chip-Design in München zuständig für die Entwicklung von Power-Management-Technologien, also dem Teil eines Computersystems, der verantwortlich ist für die Energie- Verteilung und -Nutzung. Mit der Entwicklung der M-Chips erweiterte Apple das Aufgabengebiet, investierte in den Ausbau des Standorts, der 2015 noch 350 Ingenieure, 2021 schon 1.500 und heute 2.000 Ingenieure beschäftigt.
Damit ist das Zentrum in München heute Apples größter Entwicklungs-Standort in Europa. Seit der ersten Niederlassung des Unternehmens mit zehn Mitarbeitern in München 1981 hat sich also viel getan. Eine lange Geschichte haben dabei auch die leistungsstarken Chips.
Faszinierende Feinarbeit
Die M3-Serie umfasst drei Versionen des SoCs. Der M3, M3 Pro und M3 Pro Max finden im aktuellen MacBook Pro Platz und unterscheiden sich in ihrer Leistungsfähigkeit. Gemein ist ihnen die Fertigung im 3-Nanometer-Verfahren. Das heißt, dass die mikroskopisch kleine Struktur auf dem winzigen Raum noch mehr Transistoren ermöglicht, was letztlich für mehr Leistung sorgt. Auf dem M3 befinden sich 25 Milliarden Transistoren, auf dem M3 Pro schon 37 und auf dem M3 Max 92 Milliarden. Zum Vergleich: Auf einem menschlichen Haar würden etwa 2 Millionen Transistoren derselben Größe Platz finden.
Dank der hochpräzisen Fertigungsverfahren ist eine Leistungssteigerung der Serie Jahr für Jahr überhaupt möglich. Dabei markierte den Start der Chip-Reihe kein Computer-Prozessor, sondern der SoC des ersten iPhones. Seit 2009 setzte Apple die Serie der A-Chips fort, die mit jedem neuen iPhone energieeffizienter und leistungsstärker wurden, und neben dem iPhone auch bald das iPad betrieben.
Vom iPhone zum MacBook
Ab 2020 wagte das etablierte Tech-Unternehmen einen riskanten Schritt. Apple setzte erstmals auch bei seinen MacBooks auf die hauseigene Chip-Architektur und verabschiedete von den bis dahin verbauten Intel- und AMD- Prozessoren. Einerseits erscheint das Vorgehen clever, die kleinen Mobil-Prozessoren und somit auch ihre Vorteile größer zu denken. Andersherum, also leistungsstarke Rechner klein und mobil zu machen, stellt die Entwicklung vor weitaus größeren Herausforderungen. Gewagt war dieser Schritt trotzdem, weil die neue Prozessor-Architektur auch eine andere Programmierung der Anwendungen erfordert. Darum lief 2020 auch nicht jede Software problemlos auf den neuen MacBooks mit M1. Das stimmte viele Nutzer skeptisch. Aber schon bei ihrem Debüt überzeugten die neuen Prozessoren mit enormer Leistung.
Drei Jahre und drei Chip-Generationen später haben Apples SoCs die Prozessoren und Grafikkarten in sämtlichen Apple-Geräten ersetzt. Inwiefern das die Pläne von Prozessor-, Grafikkarten- und Mobilchip-Entwickler der Konkurrenz beeinflusst, wird sich zeigen. Aber damit kann man rechnen: Der Markt hält immer noch Überraschungen und Innovation bereit.