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Forza Motorsport im Test: Überzeugender Neustart

Rennsimulation mit Edeltechnik auf der Xbox.

Titelbild von Forza Motorsport: Ein LeMans-Prototypen-Rennwagen von vorne aufgenommen.

Der Erfolg der Xbox und Forza Motorsport von Entwickler Turn 10 sind eng verknüpft. Der erklärte Gran-Turismo-Konkurrent ging 2005 erstmals an der Start und schuf im Laufe der Jahre eine große Fanbasis auf den Microsoft-Konsolen. Dabei war das Konzept so einfach wie wirkungsvoll: Im spielerischen Kern stand starke Technik gepaart mit einer zugänglichen, aber gleichzeitig immer auch anspruchsvollen Fahrphysik. Dazu viele lizenzierte Fahrzeuge, reale Kurse und ikonische Fantasie-Strecken. Außerdem: Tuning und visuelle Anpassung der Spieler-Karossen.

  • PC, Xbox Series X|S
  • 79,99 Euro
  • Ab 0 Jahren
  • 133 GB (Xbox)
  • Rennspiel

Doch zuletzt hatte die Reihe ihren Glanz etwas eingebüßt. Während Playground Games mit dem kreativen Open-World-Raser Forza Horizon punktete, wirkte die Motorsport-Reihe auf der Xbox One gehemmt. Überzogener Freischalt-Wahn, Mikrotransaktionen und eine zu große Verschlankung der Renn-Erfahrung forderten bei Teil 7 2018 ihren Spielspaß-Tribut. Gleichzeitig holte die zwischenzeitlich abgeschlagene Sony-Konkurrenz mit Gran Turismo Sport und Gran Turismo 7 deutlich auf. Nach sechs langen Jahren streicht Turn 10 jetzt die Zahl aus dem Namen und startet die Rennmaschine neu. Gelingt der Start aus der Boxengasse?

Forza Motorsport: Technik, die begeistert

Der erste Blick beim Start des Rennspiels fällt dabei natürlich auf die Technik – und hier brilliert Turn 10. Fahrzeuge und Strecken glänzen mit vielen Details, hochaufgelösten Oberflächen und unheimlich detailverliebten Karossen. Jedes der zum Start gut 500 Fahrzeuge hat eine fantastische Cockpit-Ansicht, die Instrumente, Lenkrad und Innenraum akkurat nachbildet. Dazu kommen tolle Effekte – vom glänzenden Lack der Rennboliden, der dank Hardware-Raytracing Strecke und andere Rennteilnehmer widerspiegelt, bis hin zum von der Windschutzscheibe perlenden Regen, wenn der McLaren P1 GTR mit über 300 Sachen auf die Spitzkehre der Nürburgring-Zielgerade zurast.

Heckaufnahme eines Fahrzeuges im Rennspiel Forza Motorsport.
Nettes Heck: Die Fahrzeuge werden bei Forza Motorsport unheimlich detailverliebt dargestellt. © IMTEST / Microsoft

Dabei nagelt die Xbox Series X jederzeit stabile 60 Bilder pro Sekunde auf den Bildschirm – und das bei Fahrerfeldern mit bis zu 24 Teilnehmern. Kurz: So gut sahen Rennspiele selten aus. Selbst das technische starke Gran Turismo 7 muss sich hier hinter Forza Motorsport einsortieren. Besonders beeindruckend ist aber der Sound: Egal ob röhrender Achtzylinder im AMG oder kreischender Turbo im Tourenwagen, innen wie außen klingen die Rennfahrzeuge brachial großartig. Dazu kommt eine herausragende Simulation der Sound-Reflektion. Rast man unter Brücken hindurch oder an Banden entlang, ändert sich der Klang der Fahrzeuge akkurat. Das ist richtig stark und intensiviert das Renngefühl ungemein.

Freude am Fahren!

Gleiches gilt auch für die Fahrphysik! Hier beweisen Turn 10 erneut, dass sie die uneingeschränkten Meister des “Simcade” sind – also dem Mittelweg zwischen Hardcore-Simulation und zugänglicher Arcade-Raserei. Das liegt vor allem an der umfangreichen Konfiguration: Forza Motorsport lässt sich dank viele zuschaltbarer Fahrhilfen an jedes Spieler-Niveau anpassen. Dies reicht von einer optionalen, dynamischen Ideallinie bis hin zu Brems-, Lenk- und Stabilisierungshilfen, die am Controller für gute Rundenzeiten sorgen. Gleichzeitig lässt sich Forza aber auch im Voll-Simulations-Modus ohne Fahrhilfen mit vollem Schaden per Gamepad hervorragend beherrschen.

Ein Screenshot aus Forza Motorsport. Cockpitperspektive, vorne drängen sich die Autos auf nasser Fahrbahn.
Gedränge im Regen. Bei diesen Bedingungen ist die Strecke auch für die KI besonders rutschig. © IMTEST / Microsoft

Klar: Die Fahrzeug-Kontrolle wird schwieriger, das Fahren anspruchsvoller. Dennoch macht das Fahren richtig Laune. Kleine Rutscher lassen sich immer noch einfangen, und gut dosiert bekommt man auch Wheelspin oder stehende Räder beim Bremsen in den Griff. Das liegt vor allem daran, dass die Fahrzeuge jederzeit nachvollziehbar reagieren. Hohe Curbs oder vorschnelles Beschleunigen sorgen natürlich so für Abflüge – die sich aber jederzeit auf eigene Fehler zurückführen lassen.

Ein Screenshot aus Forza Motorsport. Ein Rennwagen fährt auf einer langen Geraden, von vorne aufgenommen.
Lange Gerade: Le Mans ist auch als klassische Variante ohne Schikanen fahrbar. © IMTEST / Microsoft

Gleichzeitig gibt es auch am Controller genug Feedback des Autos und der Strecke. Ja, es fehlen die Details des haptischen Feedbacks von Gran Turismo 7 und dem DualSense-Controller der PlayStation 5. Trotzdem gibt es auch an der Xbox genug Rückmeldung, um die Autos schnell um die Rennstrecken zu bugsieren. Eine Rückspulfunktion für Ungeduldige gibt es übrigens auch, allerdings wird diese bei höheren Realismus-Einstellungen deaktiviert. Das richtige Realismus-Gefühl kommt natürlich erst mit einem Lenkrad und Pedalen auf, die ebenfalls von der feinfühligen Physik der Fahrzeuge profitieren. Natürlich ist man nicht auf Hardcore-Niveau eines iRacing – aber Forza fühlt sich zu jedem Zeitpunkt unheimlich authentisch an.

Forza Motorsport: Detailverliebtes Rennerlebnis

Schön ist dabei, dass Forza viel Wert auf die physikalischen Renndetails legt. Der dynamische Regen verwandelt die Strecken in glitschige Rutschbahnen, die sich nur mit Regenreifen bezwingen lassen. Die richtige Treibstoffmenge verändert das Gewicht des eigenen Fahrzeugs signifikant, was den Unterschied zwischen Treppchen und Mittelfeld bedeuten kann. Turn 10 simulieren dabei sogar den sich verändernden Grip der Strecke. Je mehr Autos über den Kurs heizen, desto mehr Gummi bedeckt den Asphalt. Das sorgt bei Trockenheit für spürbar bessere Haftung – und bei Regen für noch mehr Schmierseife. Zudem nehmen die eigenen Reifen, je nach Härte und Reifendruck, mit der Zeit ab. Das kann Rundenzeiten beeinflussen und Boxenstopps erzwingen.

Diese sind bei Forza Motorsport jetzt nämlich genauso möglich, wie wichtige Trainingsrunden in der Einzelspieler-Karriere. Das macht die einzelnen Renn-Events komplexer, da jetzt gezeitete Trainingsrunden absolviert werden, während derer die Abstimmung des Fahrzeugs angepasst werden kann. Mit etwas Verständnis für Stabilisatoren, Federhärte und Aufhängungsgeometrie können Fahrzeuge deutlich fahrbarer und schneller gemacht werden. Dabei ist schön, dass kleine Einstellungen hier wirklich spürbare Unterschiede erzeugen.

Leveln ohne Ende

Allerdings funktioniert das nur ab einem bestimmten Fahrzeuglevel. Und das ist gleichermaßen motivierend und belastend, denn dem kompletten Rennbetrieb von Forza Motorsport liegt ein Mechanismus aus Auto-Stufe und Upgrades zugrunde. Jedes im Showroom erstandene Fahrzeug erhält auf der Strecke für gelungene Sektoren, Überholmanöver oder im Training besonders markierte Abschnitte Erfahrungspunkte und steigt im Level auf. Erst wenn eine bestimmte Stufe erreicht ist, können dann Upgrades für das jeweilige Auto gekauft werden – vom Ladeluftkühler bis zum Rennreifen. Das ist zunächst motivierend. Immerhin wird man kontinuierlich mit neuen Teilen belohnt, die aus dem eigenen Straßenfahrzeug eine echte Rennmaschine machen.

Screenshot aus Forza Motorsport. Aus der Cockpitperspektive, Regen auf der Windschutzscheibe.
Porsche Voraus: Die Dreiecke am Rand symbolisieren die Track Limits. Ein vollständiges Verlassen der Strecke garantiert eine Zeitstrafe. © IMTEST / Microsoft

Das Problem ist nur, dass wirklich jedes Auto einzeln aufgelevelt werden muss. Die Einzelspieler-Karriere unterteilt sich dabei in Tour-Themenbereiche, die dann wieder in Eventreihen aufgegliedert sind. Hier fährt man zwischen vier und sechs Rennen nacheinander. Der Spieler entscheidet sich für ein Fahrzeug aus der jeweiligen Klasse (E,D, C, B, A, S, R, P, X), welches man während der Events auflevelt und verbessert. Allerdings sind nicht alle Autos zugelassen. Stattdessen zielt der Singleplayer darauf, möglichst viele verschiedene Boliden zu fahren. Entsprechend beginnt man alle vier bis sechs Rennen bei null und stellt eine zuvor hochgezüchtete Rennmaschine in die Spieler-Garage. Das ermüdet schnell, da es sich mit der Zeit recht repetitiv anfühlt. Hier wäre es schön, wenn man mit einem liebgewonnenen Auto mehr Events absolvieren könnte, zumal sich die Leistungsstufe der Boliden jederzeit anpassen lässt.

Keine Qualifikation im Singleplayer

Schade ist auch, dass das im Mehrspieler-Modus vorhandene Qualifying bei den Einzelspieler-Rennen keine Rolle spielt. Stattdessen sucht man sich seinen Startplatz aus. Das hat Einfluss auf die Sieg- und Treppchen-Boni am Ende des Rennens. Das ist zwar ein Fortschritt gegenüber der zufälligen Startplatzierung, hier wäre aber eine Wahlmöglichkeit eines Qualis besser gewesen.



Immerhin fühlen sich die Rennen wie echte Rennen an – bei starkem Regen gibt es statt eines stehenden Starts sogar den rollenden Rennbeginn, eine schöne Authentizitätsnote. Ordentlich ist zudem die Fahrer-KI. Schon auf Stufe 5 fährt die Computer-Konkurrenz mit starker Pace – allerdings oftmals etwas zu aggressiv. Besonders die erste Kurve wird oft zum Schauplatz eines handfesten Gerangels. Hier könnten die Drivatare gerne etwas mehr Racing-Etikette an den Tag legen. Dabei funktioniert aber das Strafensystem von Forza Motorsport so gut, dass meistens nur eigene Fehler auch zu einer empfindlichen Zeitstrafe führen.

Gute Forza-Karriere auf zu wenig Strecken

Grundsätzlich ist der Einzelspieler-Modus von Forza Motorsport, auch im Vergleich mit der Konkurrenz von Gran Turismo 7, gelungen. Die Renn-Wochenenden fühlen sich wie zusammenhängende Events an, bei denen es ums Racing geht. Man verbringt verhältnismäßig viel Zeit auf der Strecke und dank der Serien-Charakteristik auch relativ viel Zeit mit einem Fahrzeug. Entsprechend rund fühlen sich die 25 Renn-Serien des “Builders Cup” an. Zudem gibt es rotierende Touren, die als Live-Service zur Verfügung gestellt werden und den Einzelspieler-Modus ergänzen.

Menü-Screenshot aus Forza Motorsport. Es werden Autos im Showroom gezeigt.
Große Auswahl: Im Showroom stehen zum Start rund 500 Fahrzeuge zur Auswahl. Gut: Echtgeld-Käufe gibt es an dieser Stelle nicht. © IMTEST / Microsoft

Der Umfang stimmt zum Start also – allerdings mit ein paar Abstrichen. So gibt es mit 20 Kurzen einfach ein paar Strecken zu wenig. Zwar sind hier einige reale Klassiker und Forza-Kreationen dabei, darunter Maple Valley, Grand Oak Raceway, Suzuka, Laguna Seca oder Watkins Glen. Allerdings fehlen einige Ikonen – so ist weder die Nürburgring-Nordschleife noch Mount Panorama in Bathurst im Aufgebot. Von Brand’s Hatch, Monza, Red-Bull- oder gar Hockenheimring ganz zu schweigen. Kurz: Hier muss Turn 10 dringend nachlegen, zumal auch einige originäre Forza-Strecken im Aufgebot fehlen. Immerhin sind 500 Fahrzeuge an Bord, die eine große Bandbreite vom Hot-Hatch bis zum Le-Mans-Prototypen abdecken. Auch klassische Formel-1-Renner oder Motorsport-Ikonen sind darunter, sodass dem Spieler hier die freie Rennsport-Auswahl zur Verfügung steht.

Nicht so schön ist allerdings die Tatsache, dass Forza Motorsport immer mit dem Internet verbunden sein muss – auch im Singleplayer. Einzig Freie Rennen sind ohne dauerhafte Internet-Verbindung möglich. Das ist mitunter ärgerlich, auch weil im Test nach Ende eines Rennens der Upgrade-Bildschirm mehrfach hängen blieb und das komplette Event wiederholt werden musste.

Von Gran Turismo lernen heißt siegen lernen

Richtig stark ist hingegen der Multiplayer, der sich deutlich an den Stärken von Gran Turismo Sport orientiert. Ähnlich wie bei der Sony-Konkurrenz gibt es jetzt Renn-Events verschiedener Klassen, die zu bestimmten Zeiten stattfinden. Zuvor müssen Training und Qualifying absolviert werden, bevor es auf die Strecke geht. Auch hier können Reifenmischungen und Benzinmenge gewählt werden, was bei längeren Rennen eine Boxenstrategie erfordert. Im Test funktionierte das hervorragend, zumal der Netzcode mitspielte. Erkennbare Lags oder Verbindungsprobleme gab es nicht – stattdessen blitzsauberes Online-Racing. Dies dürfte auch an der mittlerweile etablierten Abstufung aus Sicherheits- und Fahrer-Rating liegen.

Ein Screenshot aus dem Livery-Editor von Forza Motorsport. Im Hintergrund ein Auto, vorne das Menü.
Auch ein umfangreicher Editor für Lacke und Aufkleber ist vorhanden. Hier können die Autos frei gestaltet werden. © IMTEST / Microsoft

Beide Werte haben dabei Einfluss auf die Zusammenstellung des Starterfeldes, wobei das Sicherheitsrating bestimmt, wie sehr man sich an Renn-Regeln hält. Je umsichtiger und crashfreier man fährt, desto sicherer fahren auch die anderen Teilnehmer. Entsprechend positiv wirkte sich das eigene Fahrverhalten gemeinsam mit dem guten Strafsystem im Test aus. Mit einem “S”-Rating können online sehr saubere Rennen bestritten werden, bei denen das respektvolle Racing im Vordergrund steht. Dies war in der Vergangenheit immer mal wieder ein Problem bei Forza Motorsport – und das hebt das Reboot deutlich von seinen Vorgängern ab.

Fazit

Starker Neustart für Forza Motorsport. Turn 10 beweist, dass ihnen technisch und spielerisch im Rennspiel-Bereich kaum jemand etwas vormacht. Mit blitzsauberer Technik liefern die Entwickler ein packendes Rennspiel. Die starke Farphysik fühlt sich authentisch an, lässt sich aber jederzeit auch mit dem Gamepad kontrollieren. Mit guten Einzelspieler-Events und einem starken Mehrspieler-Modus stellt sich Forza zudem breit auf und liefert eine überzeugende Racing-Erfahrung. Allerdings sollten die Entwickler beim Umfang zulegen. Zwar sind 500 Fahrzeuge durchaus genug, es fehlt aber an wichtigen Strecken, die für mehr Abwechslung sorgen könnten.

  • PRO
    • Starke Technik, sehr gute Performance, tolle Fahrphysik, umfangreicher Singleplayer, durchdachter Multiplayer-Modus.
  • KONTRA
    • Etwas ermüdendes Upgrade- und Freischaltungs-System, Always-Online im Singleplayer, nur 20 Strecken.

IMTEST Ergebnis:

gut 1,7

Portraitfoto des IMTEST-Redakteurs Eike Cramer

Eike ist Spiele- und Hardware-Redakteur aus Leidenschaft: Nach seinem abgeschlossenen Studium der Politikwissenschaft zog es ihn direkt zur Spieleredaktion 4players.de in Hamburg, bei der er zwischen 2013 und 2023, mit einem zweijährigen Zwischenstopp beim Musikmagazin Metal Hammer, als Redakteur und Video-Redakteur beschäftigt war. Eike ist dabei ein echter Alleszocker, der, egal ob Indie oder AAA-Blockbuster, auf PC und Konsole zwischen Strategie, Action-Adventure, Rollenspiel und Shooter kaum ein Genre auslässt. Derzeit ist er als freier Autor aktiv.