Viele ältere Menschen sind ängstlich, weil sie nicht wissen, nach welchen Kriterien das Betreuungsgericht entscheidet. Kann mich ein Nachbar dort “anschwärzen”? Muss ich dann ins Heim ziehen? Wenn ein Betreuungsrichter beim Amtsgericht ein Schreiben eines besorgten Nachbarn, Angehörigen oder Pflegedienstes erhält, lässt er zunächst von einem Sozialarbeiter der Betreuungsbehörde die Lage vor Ort klären. Es wird recherchiert, ob zum Beispiel eine Vorsorgevollmacht oder Betreuungsverfügung vorliegt. Falls keine Vorsorgevollmacht vorliegt und eine Betreuung eingerichtet werden soll, fordert der Richter in jedem Fall ein ärztliches Gutachten an. Außerdem lernt der Richter zunächst den Betroffenen und den von ihm benannten künftigen Betreuer persönlich kennen, ehe er eine Entscheidung trifft.
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Zuhause wohnen bleiben.
Wie arbeitet ein Betreuungsrichter?
Jeder kann aufgrund einer Krankheit oder Behinderung in die Lage kommen, seine Belange nicht mehr selbst regeln zu können. In diesen Fällen ist im Gesetz vorgesehen, dass diese Person vom Gericht “unter Betreuung” gestellt wird. Ein Betreuer entscheidet dann über die Vermögenssorge, das Aufenthaltsbestimmungsrecht sowie die Gesundheitssorge. Bei älteren Menschen tritt dieser Fall der Fälle immer wieder bei einer sichtbar werdenden Demenz ein. Ein Bewohner eines Mietshauses kommt nicht mehr allein in seiner Wohnung zurecht, klingelt dauernd bei den Nachbarn und irrt nachts im Treppenhaus umher. Doch deshalb muss derjenige noch lange nicht ins Heim ziehen.
Oftmals reicht es schon, wenn der Betreuer veranlasst, dass sich täglich ein Pflegedienst um den Betroffenen kümmert oder er regelmäßig eine Tagespflegeeinrichtung besucht. Damit kann wieder eine Struktur in seinen Tagesablauf gebracht werden. Nur wenn die Versorgung zu Hause absolut nicht mehr möglich ist, weil zum Beispiel der Tag-Nacht-Rhythmus des Patienten durcheinander ist, entscheidet das Betreuungsgericht erneut über das Aufenthaltsbestimmungsrecht. Erst dann kann der Betreuer über einen Wechsel in ein Pflegeheim entscheiden.
Die drei Aufgabenkreise der Betreuung
Vermögenssorge: Vom monatlichen Heimentgelt über die Zuzahlungen bei den Medikamenten bis zum neuen Wintermantel – der Vollmachtnehmer oder Betreuer prüft meine Rechnungen, überweist die fälligen Beträge von meinem Konto und hebt Bargeld für mich ab. Notfalls werden auch Sparguthaben aufgelöst oder Immobilien verkauft. Neben der Kontenverwaltung sind die Versorgungs- und Unterstützungsleistungen zu beantragen – etwa bei der Krankenkasse, Pflegeversicherung, dem Versorgungsamt, der Rentenversicherung, dem Sozial- oder Wohnungsamt.
Beim Aufenthaltsbestimmungsrecht geht es darum, ob der zu Betreuende in ein Altenheim zieht. Es kann je- doch auch eine Entscheidung darüber zu treffen sein, ob etwa eine Behandlung in einer Klinik abgebrochen wird, um sie in einem anderen Krankenhaus fortzusetzen.
Bei der Gesundheitssorge ist der wichtigste Aspekt, für eine Krankenversicherung zu sorgen. Es geht um Einwilligungen zu Behandlungen, in begründeten Fällen jedoch auch um Ablehnungen, wenn zum Beispiel eine wirksame Patientenverfügung vorliegt. Nicht zuletzt sind Pflegeleistungen und Medikamentengabe zu kontrollieren. Dazu gehört der Einblick in die Pflegedokumentation im Altenheim, Krankenhaus oder des ambulanten Pflegedienstes.
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Ein Pflegegrad kann für viel Unterstützung sorgen.
Häufige Fragen zur Betreuung
- Ich möchte meiner Frau und meinen beiden Kindern eine Vorsorgevollmacht erteilen. Geht das überhaupt?
Es können mehrere Personen gleichzeitig eingesetzt werden. In der Praxis hat sich das aber nicht bewährt. Besser ist eine Hierarchie: Hiermit setze ich meine Frau ein. Falls die nicht kann, soll mein Sohn …
- Ich habe meine Patientenverfügung vom Arzt bestätigen und gegenzeichnen lassen, der inzwischen nicht mehr praktiziert. Muss ich diese jetzt erneuern?
Die Verfügung sollte individuell erstellt sein und alle zwei Jahre durch erneute Unterschrift aktualisiert werden. Sinnvoll ist, dass der Hausarzt die Geschäftsfähigkeit attestiert.
- Was kostet die Betreuung? Ein ehrenamtlicher Betreuer erhält eine Aufwandspauschale von 399 Euro im Jahr. Ein Berufsbetreuer wird ebenfalls vom Vermögen seines Schützlings bezahlt. Ansonsten übernimmt der Staat die Kosten.
- Bei meiner Nachbarin funktioniert die Pflege nicht. Die Mitarbeiter des ambulanten Pflegedienstes sind nach fünf Minuten wieder weg. Die Betreuerin kümmert sich nicht. Wo kann ich mich beschweren? Wenden Sie sich ans Vormundschaftsgericht. Der Betreuer ist auch für Fragen der Gesundheitssorge zuständig.
- Kann ich in der Betreuungsverfügung meine Verwandtschaft ausschließen? Im Regelfall fragt die Betreuungsbehörde zunächst die Angehörigen, ob sie bereit wären, diese Aufgabe zu übernehmen. Wenn Sie das nicht wollen, müssen Sie das unbedingt in die Betreuungsverfügung schreiben.
- Meine Tante hat mir vor einem Jahr die Vorsorgevollmacht erteilt und leidet zunehmend an Demenz. Ich bin unsicher, was ich jetzt tun soll.
Die Betreuungsvereine bieten eine Beratung für Bevollmächtige an, um angemessen handeln zu können.
- Entscheidet der Betreuer eigentlich über Leben und Tod, wenn es am Lebensende etwa um die Frage geht: Künstliche Ernährung, ja oder nein? Nein. Wer im Rahmen einer Vorsorgevollmacht oder als Betreuer für die Gesundheitssorge verantwortlich ist, hat nicht seinen eigenen Willen umzusetzen, sondern den mutmaßlichen Willen seines Schützlings. Das ist ein riesengroßer Unterschied. Hilfreich ist es daher, rechtzeitig darüber zu sprechen, was der Betroffene im Notfall wünscht.
Der vorliegende Text stammt aus dem Ratgeber “Der Pflegekompass” von Jochen Mertens e.K., erstmals erschienen 2021 bei der Funke Mediengruppe.
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