Seit über 8.000 Jahren wird Olivenöl gewonnen und ist auch in Deutschlands Küchen kaum noch wegzudenken. Zugegeben: Das liegt auch daran, dass sich die mediterrane Lebensart hierzulande großer Beliebtheit erfreut, und dort kommt das Öl ursprünglich her. Ob Spaghetti, Caprese oder Bruschetta – ohne gutes Olivenöl sind Spezialitäten wie diese nicht vorstellbar. Aber wann ist ein solches Öl „gut“? Und wie gut ist „gut genug“?
Beim alltäglichen Einkauf im Supermarkt trifft man nur selten auf die absoluten Spitzenerzeugnisse, die 30 Euro pro Liter oder mehr kosten. Bei Rewe, Aldi & Co. kostet ein Liter „nur“ etwa 5 bis 10 Euro. Aber ist das Öl deswegen schlecht? IMTEST hat fünf Olivenöle ins Labor geschickt, die in fast jedem Supermarkt- und Discounterregal stehen.
Olivenöl im Geschmack
Wer selbst schon einmal verschiedene Sorten pur probiert hat, weiß, dass die geschmacklichen Unterschiede enorm sein können. Experten unterscheiden bei der aromatischen Einschätzung von Olivenöl zwischen den Zuschreibungen „fruchtig“, „bitter“ und „scharf“. Die normierte Grundlage für eine solche Einschätzung ist die sogenannte NIR-Analytik, eine labortechnische Methodik, die ähnliche Resultate hervorbringt wie eine Verköstigung durch Experten, die sogenannte „sensorische Prüfung“.
Zusätzlich wurde im Laufe der Forschung ein Parameter namens „Harmonie“ entwickelt, der die aromatische Güte quasi auf den Punkt bringt. IMTEST hat das Labor MaxFry des Experten Dr. Christian Gertz in Hagen mit der Untersuchung der Kandidaten im Olivenöl-Test beauftragt.
Ist drin, was draufsteht?
Neben der Aroma-Prüfung standen weitere Analysen auf dem Programm, etwa um festzustellen, ob das Öl verfälscht, also mit anderen Ölen vermischt, oder für die Bezeichnung „Extra nativ“ unzulässigerweise erhitzt wurde. Zudem können die Laborexperten in Hagen feststellen, ob die auf der Flasche deklarierte Herkunft auch wirklich stimmt, also ob das italienische Olivenöl auch wirklich aus italienischen Oliven hergestellt wurde. Zusätzlich wurde auch der Anteil an Fettsäuren ermittelt, um sie mit den Angaben auf dem Etikett abzugleichen.
Maximal Mittelmaß im Olivenöl-Test
Wer als interessierter Laie eine spontane Qualitäts-Einschätzung von nativem Olivenöl aus dem Supermarkt oder vom Discounter wagen soll, erwartet vermutlich eine Platzierung im Mittelfeld. Die IMTEST-Prüfung konnte diese Einschätzung weitestgehend bestätigen: Keiner der Testkandidaten war aus der Perspektive eines anspruchsvollen Gourmets herausragend und nur bei zwei Kandidaten lautete das Urteil am Ende „gut“.
Überraschend dürfte für einige sein, dass ausgerechnet die beiden Eigenmarken von Edeka und Rewe dieses Urteil erhielten. Die Öle überzeugten mit ausgewogener Harmonie und Fruchtigkeit im Geschmack. Zudem konnten keine Beimischungen nachgewiesen werden. Im Edeka-Öl war der Fettsäureanteil jedoch etwas hoch. Bei dem Öl von Rewe fehlten aber auf dem Etikett detaillierte Informationen zur Fettsäureverteilung.
Marken-Öl ist nur Durschnitt
Das Standard-Öl von Aldi, aber auch das bekannte „Bertolli“-Öl konnten mit den Ölen von Edeka und Rewe nicht ganz mithalten. So wies das native Olivenöl von Aldi nur eine durchschnittliche Harmonie und Fruchtigkeit auf. Insgesamt ist das Aroma noch ausgeglichen. Auf dem Etikett stehen allerdings niedrigere Fettsäureanteile als sie im Labor nachgewiesen wurden. Immerhin gab es keine Hinweise auf Beimischungen.
Beim Bertolli-Öl ist die Harmonie in Ordnung. Dabei ist das Aromaprofil jedoch etwas unausgewogen. Außerdem gibt es hier eine erhöhte Wahrscheinlichkeit auf sensorische Defekte. Beimischungen erhält es aber auch keine.
Olivenöl – So testet IMTEST
So testet IMTEST Olivenöle nach wissenschaftlichen Standards in Zusammenarbeit mit renommierten Experten im Labor.
Olivenöl im Test mit Totalausfall – dieses Mal
Das Öl von Livio konnte im Test gar nicht überzeugen und wurde auf die Endnote „mangelhaft“ abgewertet. Denn im Labor konnte es nicht als „Natives Olivenöl Extra“ klassifiziert werden – entgegen der Bezeichnung auf der Flasche. Der neutrale Fachausdruck für den Totalausfall bei Livio nennt sich „sensorischer Defekt“. Übersetzt bedeutet das hier: Das Livio-Öl ist alt und schmeckt tendenziell muffig bis ranzig. Insgesamt wurde festgestellt, dass das Öl der untersuchten Charge eine Mischung aus den Ernten 2019/20 und 2020/21 war und dass bei der Herstellung zumindest teilweise offensichtlich gefrorene Oliven verwendet wurden.
Darüber hinaus stellten die Experten fest, dass die Wahrscheinlichkeit einer Verfälschung – also die Beimischung anderer Öle – bei 98 Prozent liegt. Damit hat sich zumindest die von IMTEST untersuchte Charge des aktuellen Livio-Öls als Totalausfall entpuppt. Da Oliven jedes Jahr neu geerntet und zu Öl verarbeitet werden, könnte das Ergebnis nächstes Jahr bei allen Testkandidaten ganz anders aussehen.
FAZIT
Olivenöl vom Supermarkt ist in der Regel ein guter Standard – nicht mehr, aber auch nicht weniger. Die Eigenmarke von Edeka überraschte mit guten Ergebnissen vor allem bei der sensorischen Prüfung, dicht gefolgt von Rewes Hausmarke. Das Öl von Aldi konnte diese Werte zwar nicht erreichen, schaffte aber noch einen beachtlichen Preis-Leistungssieg. Aufgrund sensorischer Defekte erhielt das Livio-Öl eine Abwertung auf „mangelhaft“.