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Vereinfachungen für Balkonkraftwerke in der Abstimmung

Das Bundeskabinett will heute Vereinfachungen beschließen.

Zwei Personen stehen mit einem Solarpanel auf einem Balkon.
© Anker Innovations

Balkonkraftwerke werden gerade groß vermarktet – unter anderem als Möglichkeit für zur-Miete-Wohnende, um auch einen Beitrag zur Energiewende zu leisten. Das sieht auch das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) so und möchte diese Form der Solarenergie-Produktion weiter fördern. Daher sind weitere Vereinfachungen für den bürokratischen Prozess sowie für die Installation Teil der sogenannten Photovoltaik-Strategie. Heute stimmt das Bundeskabnett über den Gesetzes-Entwurf zum sogenannten Solarpaket ab. Sollte der Entwurf beschlossen werden, könnten die Änderungen bereits zum neuen Jahr in Kraft treten.



Update vom 16. August: Abstimmung des Solarpakets

Die Bundesregierung hat sich als Ziel gesetzt, den Anteil erneuerbarer Energien am deutschen Strommix bis 2030 auf 80 Prozent zu erhöhen. Das bedeutet, dass noch deutlich mehr Windkraftwerke, aber auch Photovoltaik-Anlagen gebaut werden müssen. Das Solarpaket, über das heute im Bundeskabinett abgestimmt wird, sieht daher Vereinfachungen für Solaranlagen, Solarparks und auch Balkonkraftwerke vor.

Eine Person installiert ein Solarpanel auf einem Hausdach.
Die Installation von Solar-Anlagen, Balkonkraftwerken und Solarparks soll mit dem neuen Gesetzes-Entwurf noch einfacher und dadurch indirekt gefördert werden. © William Mead/Pexels

Für Balkonkraftwerke ist vor allem vorgesehen, die Anmeldung zu vereinfachen, Übergangsfristen für den Zählertausch einzuführen und die Leistungsgrenze von 600 auf 800 Watt anzuheben.
Sollte das Bundeskabinett den Gesetzes-Entwurf heute beschließen, könnten die Änderungen bereits Anfang 2024 in Kraft treten, vermuten Expertinnen und Experten.

Update vom 28. Juni: Gesetz-Entwurf zum Solarpaket I

Die Frankfurter Allgemeine berichtet, dass es zum Solarpaket I der Photovoltaik-Strategie jetzt einen fertigen Gesetzes-Entwurf gibt. Dieser soll unter anderem die Vereinfachungen für die Installation, Anmeldung und den Betrieb von Balkonkraftwerken beinhalten. Der Entwurf soll demnach noch im Sommer im Kabinett verabschiedet werden. Sollte das der Fall sein, rechnen Expertinnen und Experten damit, dass die neuen Regelungen schon zum Ende dieses oder Anfang kommenden Jahres in Kraft treten könnten.

Ein Stapel von Papieren, obenauf liegt die Photovoltaik-Strategie des BMWK.
Der neue Gesetzes-Entwurf bezieht sich auf das Strategiepapier des BMWK aus dem Mai 2023 und könnte nach Verabschiedung im Kabinett womöglich bis Ende des Jahres in Kraft treten. © BMWK

Das beinhaltet die Photovoltaik-Strategie

Auch schon vor der Veröffentlichung der Photovoltaik-Strategie Anfang März gab es Fördermaßnahmen der Bundesregierung, die Balkonkraftwerken zugutekamen. So ist beispielsweise schon seit Längerem die Anmeldung in einem vereinfachten Verfahren durch den Eigentümer und ohne Fachpersonal möglich.

Jetzt plant das BMWK fünf weitere Vereinfachungen, damit Balkonkraftwerke noch attraktiver für Interessierte werden:

1. Meldepflichten vereinfachen oder streichen

Bisher ist sowohl eine Anmeldung beim Netzanbieter als auch im Marktstammdatenregister der Bundesnetzagentur notwendig. Dieser Prozess soll laut Strategie demnächst vereinfacht werden, um keine doppelte Anmeldung mehr zu fordern.

2. Schuko-Stecker für Balkonkraftwerke zulassen

Neue Erkenntnisse belegen, dass weder das Stromschlag- noch das Brandrisiko mit einem Schuko-Stecker wesentlich erhöht sind. Daher soll auch diese Vereinfachung umzusetzen sein, die das Verwenden einer haushaltsüblichen (Außen-)Steckdose für die Einspeisung des produzierten Stroms ermöglicht. Viele Balkonkraftwerke sind jetzt schon mit diesem Stecker ausgestattet, da er deutlich verbreiteter ist als der alternative Wieland-Stecker.

Ein Stecker mit Knoten im Kabel und eine Steckdose am Verlänergunskabel.
Bald soll der haushaltsübliche Schuko-Stecker offiziell für Balkonkraftwerke erlaubt werden. Viele Hersteller verkaufen ihre Geräte schon jetzt mit dieser Lösung. © analogicus/Pixabay

3. Aufnahme in den Katalog privilegierter Maßnahmen im Wohnungseigentumsgesetz sowie im Bürgerlichen Gesetzbuch

Diese Maßnahme soll es Mietenden vereinfachen, ein Balkonkraftwerk gegenüber der vermietenden Partei durchzusetzen. Zwar ist für die Installation einer Mini-PV-Anlage keine Baugenehmigung notwendig, aber Wohnungsbaugesellschaften, Vermietende oder Eigentümerversammlungen müssen dennoch ihre Einwilligung erteilen. Mit der neuen Klassifizierung besteht hingegen ein Anspruch auf Genehmigung.

4. Leistungs-Schwelle für Balkonkraftwerke erhöhen

Bisher gelten nur solche Anlagen als Balkonkraftwerk, die höchstens 600 Watt produzieren. Zwar dürfen die Solarpanel mehr Leistung haben, der angeschlossene Wechselrichter darf aber nur 600 Watt ins Hausnetz einspeisen. Die Photovoltaik-Strategie sieht nun vor, diese Schwelle auf 800 Watt zu erhöhen und die deutschen Richtlinien somit dem europäischen Standard anzupassen.



5. Vorübergehende Kulanz für rückwärts-drehende Zähler

In Deutschland gilt es bisher als Straftat, wenn ein Balkonkraftwerk Strom ins Netz einspeist und sich dafür der Zähler der Wohnung zurückdreht. Viele Häuser haben derzeit aber noch gar keine neuen Zähler mit Rücklaufsperre und Mietende müssen den Tausch erst beim Netzbetreiber anfordern. Damit sich der Anschluss eines Balkonkraftwerks dadurch nicht verzögern muss, soll das Rückwärtslaufen künftig zumindest während der Wartezeit geduldet werden.

Ein klassischer Stromzähler an einer Wand.
Für rückwärts-laufende Zähler, auch Ferraris-Zähler genannt, soll es eine Kulanz-Frist geben. © Getty Images

Das sagt die Verbraucherzentrale dazu

Die vzbv findet diese Maßnahmen gut, ist allerdings von der vagen Zeitangabe der Umsetzung wenig begeistert. Es sei dringend notwendig, auch denjenigen einen Einstieg in die grüne Energie-Erzeugung zu ermöglichen, die kein Wohneigentum besitzen. Dafür sei ein weiterer Abbau von bürokratischen Maßnahmen schnellstmöglich umzusetzen, spätestens bis Ende des Jahres – so die offizielle Stellungnahme der vzbv.

Autorinnen-Foto von Dr. Lotta Kinitz in Farbe.

Dr. Lotta Kinitz schloss 2016 ihren Bachelor of Science an der HAW Hamburg ab. Anschließend absolvierte sie in Bonn den Master in Lebensmitteltechnologie und promovierte im Fachbereich für Haushaltstechnik. Ihre Doktorarbeit schrieb sie über mögliche Verbesserungen der Norm zur Prüfung von Geschirrspülmaschinen, um diese relevanter für Verbraucherinnen und Verbraucher zu machen.

Bei IMTEST ist sie seit 2022 ebenfalls vor allem dafür zuständig, dass unsere Produkttests wissenschaftlich, aber auch nachvollziehbar und relevant ablaufen. Dabei testet sie selbst mit Vorliebe alles, was im Haushaltsbereich zu finden ist: Von Küchenmaschinen, über Saugroboter und andere ‚smarte‘ Home-Geräte bis hin zu Waschtrocknern, Backöfen und Kaffeevollautomaten kommt bei ihr alles unters kritische Prüferinnen-Auge. Um stets auf dem Laufenden über Neuerungen zu bleiben, ist sie zudem Mitglied des Fachausschusses für Haushaltstechnik in der Deutschen Gesellschaft für Hauswirtschaft.

Ihre Ausbildung sowie ihre derzeitige, nebenberufliche Tätigkeit als Lehrbeauftrage für Haushaltstechnik und Physik an der HAW Hamburg geben ihr zudem die Grundlage für die Position der IMTEST-Expertin für Energiethemen, wie Balkonkraftwerke und mobile Powerstations.