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Huawei Watch Buds im Test: Smartwatch mit Kopfhörern unter dem Ziffernblatt

Die Huawei Watch Buds vereinen Smartwatch und In-Ears in einem Gerät. Es gibt aber mindestens einen Haken.

Huawei Watch buds offen
© Huawei

Da sage noch einer, es gäbe keine innovativen Produkte mehr. Huawei überrascht die Smartwatch-Szene mit der Watch Buds (was so viel wie „Uhrenkumpel“ bedeutet). Das Besondere an diesem Wearable ist, dass sich unter dem aufklappbaren Display ein kompakter True Wireless In-Ear-Kopfhörer verstauen lässt. Das Konzept mag wahlweise cool oder albern klingen. Unabhängig davon ist die Huawei WATCH Buds nach eigenen Angaben die erste Smartwatch dieser Art auf dem Markt. Wie sich die Kombination in der Praxis schlägt, klärt der Test.

Watch Buds: Spannendes 2-in-1-Konzept

Die Huawei Watch Buds sieht auf den ersten Blick aus wie viele andere Smartwatches aus – das Design ist insgesamt unspektakulär. Die Smartwatch verfügt über ein gut ablesbares, helles 1,43-Zoll-Display und den Huawei TruSeen 5.0+ Sensor auf der Rückseite, der die Körperfunktionen misst. Alle Daten gibt die Uhr an die Huawei Health App weiter. So weit, so unspektakulär. Der Clou aber: Das hochauflösende Display ist über ein speziell entwickeltes Scharnier mit dem Edelstahlgehäuse verbunden. Per Druckknopf lässt sich das Bildschirm wie eine Taschenuhr aufklappen. Darunter befinden sich zwei kleine Kopfhörer, die im zugeklappten Zustand in zwei magnetischen Vertiefungen im Deckel Platz finden.

Watch Buds mit verstauten In-Ears
Die In-Ears lassen sich magnetisch im Inneren der Smartwatch verstauen. © IMTEST

Das Gehäuse der Smartwatch dient gleichzeitig als Etui für die Kopfhörer, in dem diese über zwei 360 Grad platinbeschichtete Laderinge direkt aufgeladen werden. Befinden sich die Kopfhörer im Gehäuse, zeigt ein exklusives Zifferblatt den Ladestatus an. Der Mechanismus funktioniert gut, wirkt aber nicht besonders hochwertig. Das liegt zum einen am Klickgeräusch und zum anderen daran, dass im Inneren ausschließlich einfacher Kunststoff zum Einsatz kommt. Dazu kommt, dass die Huawei Buds mit 78 Gramm schwerer und mit einer Höhe von 15 Millimeter dicker als der Smartwatch-Durchschnitt ausfällt. Das macht sich negativ im Tragekomfort bemerkbar, zudem schlackert die Uhr am Handgelenk. 

Huawei Watch Buds Höhe
Auf den ersten Blick eine ganz normale Smartwatch. Bei genauerer Betrachtung fällt aber auf, dass die Watch Buds dicker als üblich ausfällt. © IMTEST

Watch Buds: Gute Soundqualität

Die kompakten True-Wireless-Kopfhörer sind mit einem Eigengewicht von nur rund 4 Gramm angenehm leicht. Das Unternehmen spricht im Vergleich zu herkömmlichen In-Ear-Kopfhörern um ein rund 50 Prozent geringes Gewicht und 90 Prozent Platzersparnis. Obwohl die In-Ears winzig sind, klingen sie erstaunlich gut. Im Inneren sorgen ein Planarlautsprecher mit vier Magneten und Triple Adaptive EQ für ausgewogenen Klang und wuchtige Tiefen. Dank Equalizer-Einstellungen lässt sich das Klangprofil sogar anpassen. Die Ohrhörer haben sogar eine aktive Geräuschunterdrückung (ANC) eingebaut, wobei der Effekt äußerst bescheiden ausfällt.

Eine weitere Innovation: Herkömmliche Kopfhörer sind so konstruiert, dass sie anhand der Audiokanäle zwischen einem linken und rechten Hörer unterscheiden. Daher müssen sie nicht nur im richtigen Ohr landen, sondern auch korrekt in der Ladeschale platziert werden. Die Ohrhörer der Huawei Watch Buds weisen hingegen eine identische achteckige, zylindrische Form auf und passen so in beide Ohren. Zudem erkennt eine adaptive Identifikationstechnologie beim Einsetzen automatisch die richtige Position und weist automatisch den entsprechenden Audiokanal zu. Das klappt einwandfrei.

Huawei Watch Buds beim Sport
Wenn das Smartphone beim Sport zuhause bleiben soll, sind MP3s gefragt. Streaming-Dienste wie Spotify unterstützt die Watch Buds nicht. © Huawei

Steuern lassen sich die True-Wireless-Hörer über die berührungsempfindliche Oberfläche der Kopfhörer. Die Touchbedienung deckt aber auch den Bereich um die Ohrmuschel ab und ermöglicht auf diese Weise, mehrere Funktionen durch einfaches Tippen auf die Ohren zu steuern. Das ermöglicht das Annehmen von Anrufen, Abspielen, Pausieren oder Überspringen von Titeln. Das funktioniert ordentlich, aber nicht hundertprozentig zuverlässig. Das Tippen auf die Ohrstöpsel ist wesentlich verlässlicher. Insgesamt sind die Möglichkeiten der Gestensteuerung aber so begrenzt, dass man in der Regel nach dem Telefon greift.

Watch Bud mit Tablet
Mit Geräten wie Tablets lassen sich die In-Ears nicht ohne Weiteres koppeln. Dazu ist die Installation einer App nötig. © Huawei

Ein weiterer Nachteil des Konzepts: Im Gegensatz zu anderen Bluetooth-Ohrhörern, lassen sich die Watch Buds nicht ohne Weiteres mit anderen Geräten wie Computern oder Tablets verbinden. Denn dazu ist die Installation der Huawei Health-App nötig. Und ein weiterer Wehrmutstropfen: Wie alle anderen Huawei-Smartwatches lässt sich auch die Watch Buds nicht mit Streaming-Diensten wie Spotify, Deezer oder Amazon Music koppeln. Als Musikquelle dienen entweder auf der Smartwatch gespeicherte MP3s oder das gekoppelte Smartphone.  

Watch Buds: (Fast) vollwertige Sportfunktionen

Die Smartwatch-Funktionalität beeinträchtigt das besondere Konzept auf den ersten Blick nur wenig.  So gibt es eine Vielzahl an Sport- und Fitnessfunktionen, zudem ist das Wearable mit den üblichen Sensoren und Tracking-Funktionen ausgestattet, mit denen Nutzer Gesundheitsparameter wie Blutsauerstoff, Schlaflevel oder Herzfrequenz im Blick behalten können. Dazu bietet die Huawei Watch Buds über 80 Trainingsmodi, darunter spezielle Sportmodi für Laufen, Radfahren und Spinning. Hier ist die Uhr also ähnlich gut aufgestellt wie die Huawei GT 3 Pro.



So stehen beispielsweise verschiedene Laufpläne von 3 Kilometern bis zum Marathon zur Verfügung. Diese enthalten Trainingserinnerungen, Statistiken und den durchschnittlichen Schwierigkeitsgrad des gewählten Plans, basierend auf persönlichen Daten wie Größe, Gewicht, Fitnesslevel, Geschwindigkeit und Trainingsumfang. Nach jeder Trainingseinheit soll sich der Plan dynamisch anpassen und so ein abwechslungsreiches Programm bieten, das den Trainingseffekt steigert und den Running Ability Index (RAI) ermittelt. Dieser wiederum analysiert Lauftechnik und Ausdauer, gibt eine Einschätzung der aktuellen Lauffähigkeit auf Basis der gelaufenen Bestzeiten und liefert mehr oder weniger zuverlässige Prognosen für verschiedene Laufdistanzen.

Auch Empfehlungen für Erholungsphasen sind an Bord, Huawei nennt diese Funktion TruSport Running Training System. Darüber hinaus liefert die Watch Buds alle wichtigen Statistiken und Informationen zu Läufen und anderen Trainingseinheiten, darunter Werte zu Vo2-Max, Trainingseffekt, anaerober und aerober Belastung. Auch im Bereich „Gesundheit“ ist die Smartwatch gut aufgestellt. Sie misst Herzfrequenz, Blutsauerstoffsättigung (SpO2), Stresslevel, und überwacht den Schlaf inklusive Atmung.

Auswertung Huawei Health
Beim Sport macht die Watch Buds nicht immer eine gute Figur: Siehe etwa die ungenaue Routenaufzeichnung (links) oder Aussetzer bei der Pulsmessung (rechts). © IMTEST

Ein Nachteil des 2-in-1 Designs aber: Wassersport ist nicht möglich. Zwar ist die Huawei Watch Buds im geschlossenem Zustand wasserdicht nach IPX7, so dass sich auch im Regen oder beim Sport einsetzen lässt. Duschen und Schwimmen ist aber nicht drin. Temperatursensor, Kompass und Höhenmesser fehlen ebenso wie Sicherheitsfunktionen wie eine Sturzerkennung. Zudem verzichtet Huawei auf Mikrofone und Lautsprecher an der Uhr selbst, da die Kopfhörern die Funktion übernehmen sollen. Zudem hat Huawei im Vergleich zur GT 3 Pro an einigen Stellen den Rotstift angesetzt:

  • Kein Multiband-GPS: Es fehlt die Unterstützung von Dual-Band-GPS, das die Genauigkeit der Positionsbestimmung im Freien verbessern kann. Das zeigte sich auch im Test. Sowohl bei der Positionsbestimmung als auch der Messung der Gesamtstrecke lag die Huawei Watch Buds zum Teil deutlich daneben.
  • Kein Temperatursensor: Huawei hat keinen Temperatursensor integriert. Der kann dabei, mögliche Anzeichen für Fieber oder Krankheiten zu erkennen.
  • Keine Routen: Auch die Möglichkeit fehlt, Routen hochzuladen und zu folgen.

Insgesamt hinterließ die Huawei Watch Buds im Praxiseinsatz keinen runden Eindruck. Neben der teils fehlerhaften Auswertungen der Ortungsdaten aufgrund fehlendem Multiband-GPS, gab es auch bei der Messung der Herzfrequenz (im Vergleich zu einem Brustgurt vom Typ Wahoo TickrX) einige Abweichungen. Der Sensor hatte sich auch schon in anderen Huawei-Modellen als nicht sehr akkurat erwiesen. Dazu kommt, dass sich die Smartwatch aufgrund des klobigen Designs am Handgelenk viel bewegt. Das geht zulasten der Genauigkeit.

Smarte Funktionen: Das geht besser

Leider beschränkt Huawei viele Funktionen auf das Zusammenspiel mit Smartwatches aus dem eigenen Haus. So können beispielsweise Textnachrichten nicht beantwortet, sondern nur gelesen werden. Auch die Sprachassistenz ist nur mit Huawei-Smartphones verfügbar. Huawei verspricht zudem eine „riesige Auswahl an Apps von Drittanbietern“, die in der Watch AppGallery heruntergeladen werden können. Das ist gelinde gesagt sehr übertrieben. Große Namen wie Komoot, Strava, Google Fit, Google Maps und viele mehr fehlen. Ebenfalls vermisst werden mobile Bezahloptionen und wie bereits erwähnt die Integration von Musikstreamingdiensten wie Spotify. Letztlich ermöglicht die Huawei Watch Buds lediglich Bluetooth-Anrufe über das gekoppelte Mobiltelefon, zeigt Kurznachrichten an und bietet Platz für bis zu 500 Songs im MP3-Format (nur Android). Eine LTE-Version gibt es nicht.

Watch Bus: Ansprechende Akkulaufzeit

Huawei spricht von einem leistungsstarken Lithium-Polymer-Akku, der bei durchschnittlicher Nutzung bis zu drei Tage im Batteriesparmodus sogar bis zu sieben Tagen durchhalten soll. Im Test zeigte sich, dass die Huawei Watch Buds mit eingeschaltetem Always on-Display und seltener Nutzung der Ohrhörer rund sechs Tage ohne Laden durchhält – nicht schlecht. Die Ohrhörer selbst  machen bei voller Ladung und eingeschaltetem ANC nach knapp drei Stunden schlapp. Diese werden nach dem Einlegen automatisch über den Akku der Smartwatch geladen. Blöd nur, dass das auch geschieht, wenn der Smartwatch-Akku zur Neige geht. Dafür gibt es aber die Möglichkeit, das Laden zu Gunsten der Uhr abzuschalten. Unterm Strich bleibt festzuhalten, dass zum Beispiel eine Kombination aus Huawei GT 3 Pro und separaten In-Ears in der Regel deutlich länger hält, als die Kombilösung der Huawei Watch Buds.

Huawei Watch Buds: Lohnt die Kombi?

Die Huawei Watch Buds sind zweifellos innovativ. Und das Konzept hat durchaus Vorteile: So hat man die Kopfhörer immer dabei, auch wenn man gar nicht daran gedacht hat. Außerdem sinkt das Risiko, das Ladecase zu verlegen oder in stressigen Situationen nicht zu finden. Und nicht zuletzt ist es ein echter Hingucker, wenn man das Gehäuse öffnet und plötzlich die In-Ears zum Vorschein kommen. Trotzdem: Wer genau nachrechnet, wird zu dem Schluss kommen, dass die Watchbuds kein guter Deal sind. Die Huawei Watch GT 3 Pro  gibt es beispielsweise schon für 280 Euro und die die Huawei FreeBuds 5i für rund 90 Euro. Sicher, die FreeBuds passen nicht in die Watch GT 3, dafür hat man aber rund 80 Euro gespart und eine bessere Smartwatch und mindestens ebenbürtige Ohrhörer. Kurzum: Für weniger Geld gibt es zwei separate Produkte mit höherer Qualität.

Fazit

Die Huawei Watch Buds vereinen Smartwatch und drahtlose In-Ears auf eine innovative Art.  Immer ein Paar Ohrhörer dabei zu haben, ist tatsächlich praktisch. Das Konzept hat aber Nachteile hinsichtlich Akkulaufzeit, Wasserdichtigkeit, Kompatibilität und Funktionalität. Und potenzielle Käufer müssen mehr zahlen, als wenn sie eine gute Smartwatch und gute In-Ears kaufen würden.

  • PRO
    • Innovatives Design mit eingebauten In-Ears.
  • KONTRA
    • Funktional beschnitten, nicht wasserdicht.

IMTEST Ergebnis:

befriedigend 2,7

Nils Matthiesen

Testet als freier Mitarbeiter für IMTEST schwerpunktmäßig IT-Produkte, wie Notebooks und Computerzubehör. Auch Wearables, wie Sportuhren und Ohrhörer gehören in sein Test-Repertoire. Seit mehr als 20 Jahren arbeitet Nils Matthiesen als Technik-Journalist: Anfangs als fester Redakteur beim Computerverlag Data Becker (u.a. PC Praxis), später als selbständiger Journalist für Verlage wie Axel Springer (Computerbild), Spiegel und Handelsblatt. Neben Technik nimmt vor allem Sport viel Raum im Leben des Familienvaters ein. Sie erreichen ihn via E-Mail.