Die meisten pflegebedürftigen Senioren werden von ihren Familien zu Hause betreut und gepflegt. Um die Pflege von nahen Angehörigen und den Beruf besser miteinander zu verbinden, gibt es dazu verschiedene Möglichkeiten der beruflichen Auszeit.
Inhaltsverzeichnis
Kurzfristige Freistellung von der Arbeit bis zu zehn Tage
Manchmal müssen Angehörige plötzlich bei der Pflege innerhalb der Familie einspringen. Die Pflegeversicherung ermöglicht Arbeitnehmern dann, sich bis zu zehn Tage ganz oder teilweise von der Arbeit befreien zu lassen. Dieser Anspruch auf Pflegezeit besteht, wenn ein pflegebedürftiger naher Angehöriger aufgrund einer akuten gesundheitlichen Krise direkt Pflege braucht oder eine entsprechende Pflege zu organisieren ist. Hierzu zählt auch das Zusammentragen von Informationen, um die Pflege zu planen.
Der Medizinische Dienst der Krankenkassen stellt in so einem Fall eine Bestätigung aus, die dann beim Arbeitgeber einzureichen ist. Diese Regelung gilt für alle Betriebe, egal, wie viele Mitarbeiter dort beschäftigt sind. Der Arbeitgeber zahlt für diese Zeit allerdings kein Gehalt. Für die bis zu zehntägige Auszeit erhalten berufstätige Angehörige von der Pflegekasse des Pflegebedürftigen als Lohnersatzleistung daher das Pflegeunterstützungsgeld. Der Antrag ist vom Beschäftigten bei der Pflegekasse des Pflegebedürftigen zu stellen. Wie viel Pflegeunterstützungsgeld gezahlt wird, richtet sich dabei nach dem Einkommen. Das Maximum besteht hier bei 70 Prozent des Bruttoverdienstes, beziehungsweise maximal 90 Prozent des Nettoverdiensts.
Pflegeversicherung: Wie erhalte ich einen Pflegegrad?
Ein Pflegegrad kann für viel Unterstützung sorgen.
Pflegezeit bis zu sechs Monate
Wer über einen längeren Zeitraum seinen Angehörigen zu Hause pflegen möchte, kann sich dafür ganz oder teilweise bis zu sechs Monate von der Arbeit freistellen lassen. Die Pflegezeit müssen Arbeitnehmer allerdings zehn Tage vorab anmelden. Dazu ist eine Bescheinigung vorzulegen, die mindestens den Pflegegrad 1 bestätigt.
Für die bis zu sechsmonatige Freistellung von der Arbeit wird weder das Gehalt weitergezahlt, noch gibt es eine Lohnersatzleistung von der Pflegekasse. Zur teilweisen Finanzierung des eigenen Lebensunterhalts können Betroffene jedoch beim Bundesamt für Familie ein zinsloses Darlehen beantragen. Die Auszahlung des Darlehens erfolgt dabei in monatlichen Raten. Die Rückzahlung beginnt dann mit dem Ende der Pflegezeit.
Wer kein Gehalt bezieht, ist allerdings auch nicht kranken- oder pflegeversichert. Hier ist es daher ratsam, für die Pflegezeit bei der eigenen Krankenkasse eine freiwillige Versicherung abzuschließen. An den Kosten beteiligt sich dabei die Pflegekasse des Pflegebedürftigen mit einem Beitragszuschuss. Diese Regelung gilt nur für Betriebe mit mindestens 16 Beschäftigten.
Familien-Pflegezeit über einen längeren Zeitraum
Wer Angehörige zu Hause über längere Zeit pflegen will und berufstätig ist, kann mit seinem Arbeitgeber dazu eine schriftliche Vereinbarung schließen, die das Einkommen bei reduzierter Arbeitszeit weitgehend sichert. Einen Rechtsanspruch auf Familien-Pflegezeit gibt es jedoch nur bei Betrieben mit mindestens 26 Mitarbeitenden. In der Pflegephase lässt sich die Arbeitszeit für maximal 24 Monate auf bis zu 15 Stunden pro Woche reduzieren.
Wer zum Beispiel die Arbeitszeit seiner Vollzeitbeschäftigung halbiert, erhält in der Pflegephase 75 Prozent seines Bruttoeinkommens. In der Nachpflege-Phase arbeitet man wieder Vollzeit und erhält weiterhin 75 Prozent, bis das Zeitkonto ausgeglichen ist. Auch hier können Betroffene zur teilweisen Finanzierung des eigenen Lebensunterhalts beim Bundesamt für Familie ein zinsloses Darlehen beantragen. Die Auszahlung des Darlehens erfolgt dann in monatlichen Raten. Die Rückzahlung beginnt dabei mit dem Ende der Familien-Pflegezeit.
Für den Fall, dass der Arbeitnehmer während der Familien-Pflegezeit erwerbsunfähig wird oder stirbt, muss eine private Familienpflegezeitversicherung abgeschlossen werden, die den Arbeitgeber vor einem Ausfall schützt.
Das Pflegetelefon der Bundesregierung bietet schnelle Hilfe für Angehörige, die rund um das Thema Pflege Unterstützung benötigen oder sich in einer schwierigen Situation befinden. Das Pflegetelefon ist von Montag bis Donnerstag zwischen 9 und 18 Uhr zu erreichen.
Telefon: 030/20 17 91 31
Eine Übersicht der Pflegestützpunkte vor Ort sind unter www.pflegestuetzpunkte-deutschlandweit.de zu finden.
Ambulante Pflegedienste: So finden Sie endlich den richtigen Anbieter
Ambulante Pflegedienste ermöglichen Leben zu Hause.
Das ist die Angehörigenschule
Für viele Familien ist es selbstverständlich, im Pflegefall füreinander einzustehen. Ehepartner und Kinder meinen es gut, doch in der Praxis kommen die pflegenden Angehörigen schnell an ihre Grenzen. Eine große Hilfe bieten die Angehörigenschulen mit zahlreichen Kursen. Die Angebote sind für die Teilnehmenden kostenlos, da die Pflegekasse sie finanzieren.
Die Kurse haben maximal zehn Teilnehmenden. Willkommen sind auch Freunde, Nachbarn und ehrenamtliche Helfer. Das Engagement von jungen Menschen im Rahmen des Freiwilligen Sozialen Jahres ist dabei ebenfalls wichtig: Sie helfen bei hauswirtschaftlichen Tätigkeiten, machen Boten- und Fahrdienste, begleiten bei Ausflügen und Spaziergängen.
Rund um die Pflege stehen zum Beispiel das rückenschonende Arbeiten, Hygiene und Krankenhauskeime, Sturzprophylaxe und Ernährung auf dem Programm. Oft kommen die Angehörigen erst sehr spät in die Kurse – so auch eine pflegende Ehefrau nach ihrem dritten Bandscheibenvorfall. Zahlreiche Angebote gibt es auch zu den großen Themen Demenz, Parkinson oder Depressionen. Der Austausch mit anderen Betroffenen ist dabei ein positiver Nebeneffekt. Die Teilnehmer erleben, dass sie nicht allein sind. Oft gibt es Tipps und Anregungen von Menschen, die sich in einer vergleichbaren Situation befinden. Das macht Mut, um für den Ehepartner oder die Eltern auch weiterhin auf Dauer da zu sein und die Fürsorge zu übernehmen.
Im Internet sind die Anbieter für die Pflegekurse unter den Suchbegriffen “Pflegekurse”, “Angehörigenschule” am Heimatort zu finden.
Der vorliegende Text stammt aus dem Ratgeber “Der Pflegekompass” von Jochen Mertens e.K., erstmals erschienen 2021 bei der Funke Mediengruppe.
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