Sie haben gerne Ihre Ruhe? Smalltalk mit fremden Menschen ist Ihnen unangenehm? Dann ist der Hyundai Ioniq 5 in diesem Test das falsche Auto für Sie. Er stößt auf zu großes Interesse bei Passanten, zumindest noch. Wenn aus diesem Interesse Verkaufszahlen werden, gehört er bald ganz selbstverständlich zum Straßenbild.
Hyundais Elektro-SUV hat die Aufmerksamkeit in mindestens einer Hinsicht verdient: Er lädt mit 800-Volt-Technik. Das gibt es sonst nur beim Porsche Taycan oder beim Audi E-Tron GT. Also für mehr als 100.000 Euro. Der Preis des Ioniq 5 liegt bei 41.900 Euro für das Basismodell. IMTEST klärt, was der Hyundai Ioniq 5 sonst noch kann. Und was nicht.
Produktdetails
- 5-türig/SUV
- Antrieb/Tempo: Allrad/185 km/h
- max. Leistung in kW (PS): 225 (305)
- ab 48.900 Euro
Hyundai Ioniq 5 lädt im Test wie ein Porsche
Bis zu 220 Kilowatt (kW) Ladeleistung verspricht Hyundai beim Ioniq 5. Damit lädt er in der Spitze schneller als die meisten Konkurrenten. Zumindest in der Theorie. In der Praxis fehlt dem Elektro-SUV ein wichtiges Feature: Der Akku lässt sich nicht vorkonditionieren, also vor dem Laden auf die optimale Temperatur bringen. Immerhin: Auch so lässt sich über den gesamten Ladevorgang eine durchschnittliche Ladeleistung erreichen, die nur wenige Wettbewerber halten. Bei mehr als 80 Prozent fließt der Strom noch mit fast 120 kW. Die versprochenen 18 Minuten Ladezeit von 10 auf 80 Prozent werden es im Test zwar nicht, aber kaum mehr für 20 bis 85 Prozent.
Das geht in Ordnung. Und macht den Hyundai Ioniq 5 im Test langstreckentauglich. Doch leider baut er zu hoch und zu breit, und Hyundai legt zu wenig Wert auf die Aerodynamik. Bei Richtgeschwindigkeit stehen schnell 25 Kilowattstunde pro 100 Kilometer (kWh/100 km) im Bordcomputer, nach spätestens 300 Kilometern muss man eine Ladestation ansteuern. Im Stadt- und im Pendelverkehr hingegen lassen sich Verbräuche um die 15 kWh/100 km erreichen. Das ist top für ein so großes Auto, Reichweiten von 480 Kilometern und mehr lassen sich ohne Ladestopp herausfahren.
Ioniq 5 als Mittelklasse mit Kompaktklasse-Proportionen
Die Proportionen mögen ein Modell der Kompaktklasse vortäuschen, doch der Hyundai Ioniq 5 misst 4,64 Meter in der Länge und baut mit 1,61 Metern nur vier Zentimeter niedriger als das SUV Hyundai Tucson. Man spürt beides im Innenraum. Auf der Rückbank sitzen Passagiere großzügig mit viel Bein- und Kopffreiheit. In den Kofferraum passen 527 Liter Gepäck, bei umgelegter Rückbank bis zu 1.587 Liter. Ein zusätzlicher Laderaum vorne nimmt 27 Liter auf. Mit dem optionalen Relax-Paket lässt sich die Rückbank elektrisch verschieben.
Vorne gerät das Raumgefühl im Elektroauto ebenfalls luftig. Hyundai lässt Platz für einen verschiebbaren Block, der neben Becherhaltern viel Stauraum mitbringt. USB-Anschlüsse findet man dort ebenfalls reichlich. Gegen Aufpreis gibt es Sitze mit „Relax-Funktion“, die sich weit neigen lassen. Elektrisch ausfahrbare Beinauflagen machen Fahrer- und Beifahrersitz zu Ruheplätzen. Falls es an der Ladesäule mal länger dauert.
Hyundai Ioniq 5 zeigt im Test Infotainment mit Verbesserungsbedarf
Vorne fällt der Blick auf ein klar gezeichnetes Armaturenbrett und zwei große Bildschirme mit hübschen Grafiken. Digitales Cockpit und Infotainment-Bildschirm messen im Hyundai Ioniq 5 serienmäßig je 12,25 Zoll. Die Bedienung gelingt weitgehend intuitiv, doch der Touchscreen des Infotainments liegt eine Spur zu weit weg, um wirklich bequem touchen zu können. Manche Schaltflächen fallen zu klein aus. Die für den Homescreen etwa muss man schon recht genau anvisieren. Eine umfangreiche App, mit der sich das Laden planen oder das Elektro-Auto vorheizen lässt, gibt es ebenfalls. Die bietet auch diverse Strecken- und Verbrauchsstatistiken.
Das Navigationssystem des Ioniq 5 schwächelt jedoch im Test. Es kennt zwar die Verkehrssituation und leitet zuverlässig. Doch eine vernünftige Streckenplanung inklusive Ladestopps bietet es nicht. Ladestationen müssen manuell hinzugefügt werden, die Ladezeiten werden nicht bei der Fahrtdauer berücksichtigt. Das sollte automatisch und dynamisch funktionieren, so dass das System jeweils die besten Stopps zur Optimierung der Fahrtzeit vorschlägt.
Adaptiver Tempomat im Ioniq 5 mit Blitzer-Risiko
Die Assistenten des Hyundai Ioniq 5 funktionieren im Test gut, doch auch hier bleibt Luft nach oben. Der adaptive Tempomat etwa stellt die Geschwindigkeit nicht vorausschauend ein. Aktuell verzögert der Elektro-SUV erst ab dem Tempolimit. Für kurz nach Beginn der Begrenzung aufgestellte Blitzer ist das mit Pech zu spät. Der Spurhalter hält die Spur ordentlich, könnte aber etwas sensibler erkennen, ob und dass die Hände leicht auf dem Lenkrad liegen.
Viele Helfer packt Hyundai schon in den Basis-Ioniq. Den adaptiven Tempomaten mit Spurhalter etwa. Das erste Ausstattungspaket Dynamiq (5.000 Euro) ergänzt einen aktiven Toter-Winkel-Assistenten, Querverkehrswarner hinten, Einen Kreuzungsassistenten mit Notbremse und einen erweiterten Assistenten für die Autobahnfahrt.
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Hyundai Ioniq 5 im Test bietet Ruhe und Komfort
Nichts zu meckern, gibt es beim Fahrverhalten. Der Hyundai Ioniq 5 im Test fährt leise und federt grobe Unebenheiten souverän weg. Bei niedrigen Geschwindigkeiten spricht das Fahrwerk feinfühlig an. Trotz der großen 20-Zoll-Räder rollt der Ioniq weich über Kanten. Flotte Fahrten über kurvige Straßen meistert er trotzdem ordentlich. Dass der Elektro-SUV groß und mit fast 2,2 Tonnen Gewicht, schwer ist, merkt man jedoch. Die Lenkung arbeitet mit recht hohen Kräften. Was auf der Autobahn stabil wirkt, fühlt sich im Stadtverkehr etwas mühsam an.
Die beiden Elektromotoren im Testwagen haben wenig Mühe mit dem großen Ioniq 5. Sie leisten gemeinsam 225 kW (305 PS) und stemmen üppige 605 Newtonmeter ins Einganggetriebe. Logisch, dass der SUV beim Tritt aufs Fahrpedal losgeht wie angestochen, vor allem im Sport-Modus. Weniger Spontaneität und mehr Reichweite täten es auch. Der Hyundai Ioniq 5 mit nur einem Motor, 160 kW (217 PS) und 350 Newtonmeter (Nm) bietet genau das und kostet weniger.
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Fazit
Die Erwartungen an den Hyundai Ioniq 5 waren hoch, erfüllen kann er sie nicht in jeder Hinsicht. Zwar fährt das Elektroauto sparsam, aber nicht in jeder Situation. Beim Laden hat es großes Potenzial, das nicht immer ausgenutzt wird. Infotainment und Navigation bieten ebenfalls noch Raum für Verbesserungen.
Das Gute: Vieles davon sollte sich per Software-Update beheben lassen. Zudem stimmen die Preise fürs Gebotene: 41.900 Euro kostet der Basis-Ioniq. Der Ioniq 5 im Test mit Allrad liegt bei 48.900 Euro, vollgepackt mit fast allen Extras werden knapp 65.000 Euro daraus. Nicht wenig, aber insgesamt kein schlechtes Angebot.
- PRO
- Schnelle Ladezeiten, hohe Reichweite, guter Fahrkomfort
- KONTRA
- Infotainmentsystem mit Bedienungsschwächen, Navigationssystem ohne Ladestopp-Planung
IMTEST Ergebnis:
gut 1,9