Wer ein Motorrad anschaffen möchte, hat die Qual der Wahl: Soll es eine sportliche Straßenmaschine sein, ein lässiger Chopper, eine geländegängige Enduro? Oder sollte man auf den neuen Trend Elektromotorrad aufspringen? IMTEST gibt einen Überblick.
Welches Motorrad ist für mich das Richtige?
Welches Motorrad, das individuell richtige ist, hängt natürlich vom Einsatzzweck ab, ist aber auch eine Typfrage. Wer sich noch (oder wieder – Stichwort: Midlife-Crisis) in der Sturm-und-Drang-Phase befindet, könnte sich eher eine Sportmaschine kaufen als einen Chopper, der für entspanntes Cruisen gedacht ist. Gleiches gilt für Geländemaschinen. Puristische, leichte Sportenduros werden oft von einer jüngeren Klientel bewegt. Wohingegen ältere Semester vorzugsweise zu den bequemeren, langstreckentauglichen, schweren Reiseenduros tendieren.
Vor der Anschaffung sollte man sich also fragen, wie das zukünftige Motorrad zum Einsatz kommt. Sind damit Urlaubsreisen, etwa über die Alpen und in ferne Länder geplant? Eventuell durch Afrika oder den Nahen Osten über teils unbefestigte Wege? Dann ist eine Reiseenduro das richtige, die mit bequemer, aufrechter Sitzposition, langen Federwegen, geländetauglicher Bereifung, starkem Motor und großem Tank die optimalen Voraussetzungen für solche Abenteuer bietet.
Soll das Bike hingegen nur bei schönem Wetter am Wochenende auf der Landstraße bewegt werden, kann es umso kompromissloser, sprich sportlicher, ausgelegt sein. Die auf Dauer anstrengende, liegende Sitzposition auf einer Supersportmaschine lässt sich für ein paar Stunden gut aushalten, während man die famosen Fahrleistungen und das agile Handling dieser straßenzugelassenen Rennmaschinen genießt.
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Zwischen diesen beiden Extremen Reiseenduro und Supersportler tummelt sich eine ganze Reihe von Motorradkonzepten, darunter auch Spielarten, bei denen Stil und Optik im Vordergrund stehen wie etwa bei Choppern oder Café Racern. Zudem gibt es Allrounder, die den bestmöglichen Kompromiss aus Sportlichkeit und Alltagsnutzen bieten wollen. Denn manch ein Biker nutzt sein Zweirad auch für die tägliche Fahrt zur Arbeit. Den Stau lässt man dann einfach links liegen und Parkplatzsorgen sind passé – allerdings darf man nicht vergessen, dass es im Stau wie auch beim Parken keine Sonderrechte für Motorräder gibt.
Motorroller als echte Alternative?
Berufspendler sollten sich durchaus einmal mit dem Thema Motorroller befassen – durch ihre Handlichkeit und das obligatorische Automatikgetriebe sind sie im Stadtverkehr in ihrem Element. Den Motorradführerschein einmal vorausgesetzt, muss man sich hier keineswegs auf 50 oder 125 Kubikzentimeter beschränken. So leistet etwa der Zweizylindermotor des Honda Forza 750 knapp 60 PS – beim Ampelsprint können hier nur wenige Autos mithalten. Leistungsstarke Scooter sind auch der BMW C 400, der Yamaha TMAX, Suzukis Burgman 400 oder Kawasakis J300. Den bisher schnellsten Serienroller baute bis vor kurzem Aprilia: Der SRV 850 holte satte 76 PS aus 839 Kubikzentimetern – genug für einen 0-100 km/h-Sprint in nur 5,7 Sekunden und eine Höchstgeschwindigkeit von 193 km/h. Motorrad-Roller sollte man also nie unterschätzen.
Sportliche Straßenmodelle: (Super-)Sportler und Naked Bikes
Fährt man bevorzugt auf Asphalt und plant keine Weltreise, benötigt man schlichtweg keine Enduro. Denn in Deutschland ist das Abbiegen in den Wald oder eine Kiesgrube ohnehin grundsätzlich verboten, im Gelände wühlen darf man praktisch nur bei genehmigten Veranstaltungen oder Fahrertrainings. Daher ist die Wahl einer Straßenmaschine hierzulande sinnvoller – Straßenreifen, straffes Fahrwerk, niedriger Schwerpunkt und bessere Aerodynamik sorgen für ein weitaus besseres Fahrverhalten auf Asphalt. Aber wie bei SUVs gilt auch für Enduros: Viele werden wider die Vernunft gekauft, da sie das Image von Freiheit und Abenteuer verströmen – ein Hauch Dakar Rallye in Darmstadt-Mitte sozusagen.
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Wie sportlich ein Straßen-Bike nun sein soll, hängt freilich von den persönlichen Umständen ab. Klar ist, dass ein Supersportler, wie etwa die gut 300 km/h schnelle BMW S 1000 RR mit 207 PS, nicht unbedingt für den täglichen Berufsverkehr konzipiert ist – wenngleich sie wesentlich alltagstauglicher ist als die meisten Konkurrenzmodelle in dieser Topliga jenseits der 200 PS.
Wer nicht die allerhöchste Performance sucht und eher den klassischen Look schätzt, könnte mit einem Naked Bike glücklich werden. Naked Bikes verzichten auf eine aerodynamische Verkleidung, weshalb sie wie Motorräder der 60er- und 70er-Jahre wirken, technisch aber freilich auf dem neuesten Stand sind. Das Auge erfreut sich am unverstellten Blick auf Motor und Fahrwerk und dem Piloten weht ordentlich der Fahrtwind um die Nase. Letzteres kann auf der Autobahn anstrengend werden, auf der Landstraße aber zeigen die handlich abgestimmten Naked Bikes ihr ganzes Können. Da es keine in Stein gemeißelten Kategorien gibt, firmieren die unverkleideten Straßenmotorräder bei den Herstellern auch unter “Heritage”, “Classic” oder “Roadster”, zum Teil auch als “Allrounder”, da sie sich prima für den Alltag eignen.
Reisemotorräder: Tourer und Reiseenduros
Wie bereits angesprochen, ist eine stark motorisierte Reiseenduro das richtige Werkzeug zur Erkundung der Welt. Wenn die Ziele nicht ganz so ambitioniert sind, also in der Regel eine Handbreit Asphalt unter den Reifen liegt, ist ein Tourer die bessere Wahl. Für schnelles, komfortables Reisen auf gut ausgebauten Straßen ausgelegt, lassen sich mit großen Tourern, wie beispielsweise der mittlerweile in sechster Generation gebauten Honda GL 1800 Gold Wing, lange Distanzen höchst bequem und sicher abspulen. Dafür sorgen bei der Gold Wing unter anderem der 1,8-Liter-Sechszylinder mit 126 PS, das Doppelkupplungsgetriebe, die Rückwärts-Rangierfunktion sowie Hifi-Anlage, Navigationssystem, Tempomat und Airbag. Es gibt sogar Anhänger für die Gold Wing. Nachteil der dicken Tourer: Das enorme Leergewicht, im Fall der Honda von rund 370 Kilogramm – dabei hat sie gegenüber den Vorgängermodellen bereits abgespeckt.
Geländemotorräder: Enduros und Crosser
Keineswegs sind alle Endurofahrer Poser, die abenteuerlustig wirken wollen, aber um jede Pfütze einen großen Bogen fahren. In Deutschland sind die Einsatzmöglichkeiten eines Geländemotorrads jedoch im Prinzip auf Feldwege beschränkt. Im Ausland ist´s hingegen nicht gar so streng: Eine Alpentour mit der Enduro ist ein unvergessliches Erlebnis – ein Geheimtipp sind hier die alten geschotterten Militärwege, die als öffentliche Straßen legal befahren werden dürfen. Auf diesen teils recht selektiven Offroad-Strecken ist man beispielsweise mit einer Honda CRF300L bestens angezogen. Da sie vollgetankt nur 142 Kilogramm auf die Waage bringt, reichen ihre 27 PS für knackige Geländeetappen vollkommen. Urväter der Enduros waren übrigens die sogenannten Scrambler-Modelle der 1950er/1960er Jahre. Verschiedene Hersteller verhalfen damals ihren Straßenmotorrädern mit Stollenreifen, erhöhter Bodenfreiheit und hochgelegten Abgasanlagen zu etwas Geländetauglichkeit.
Crossmaschinen und Wettbewerbsenduros sind hingegen reine Sportgeräte, die früher nur ganz selten, bei StVZO-konformer Umrüstung und meist dramatisch gedrosselter Leistung, eine Straßenzulassung erhielten – was heute aber praktisch unmöglich ist. Vormals überwiegend von den in Sachen Abgas und Lärm kritischen Zweitaktmotoren angetrieben, setzen sich bei Geländesportlern, wie denen der österreichischen Marke KTM, neben den Viertaktern immer mehr die Elektromotoren durch – lokal emissionsfrei und leise.
Für Easy Rider: Chopper und Cruiser
Der Sprung vom Geländemotorrad zum Chopper ist in der Tat krass: Federwege sind bei Choppern verpönt, geringes Gewicht oder sportliches Handling kein ernsthaft diskutiertes Thema. Es geht um Stil und Optik, um den Fahrspaß schon bei niedrigem Tempo, der aus einem möglichst großvolumigen, drehmomentstarken und im Idealfall zweizylindrigen Motor gespeist wird. Wer den Film “Easy Rider” von 1969 kennt, braucht keine weiteren Erklärungen. Alle anderen seien auf ein eher unsportliches Fahrverhalten mit geringen möglichen Schräglagen hingewiesen. Was aber niemanden auch nur im Ansatz interessiert hat, der dem knorrigen Charme einer dunkel bollernden Harley Davidson verfallen ist.
Der Begriff Chopper meint historisch gesehen eigentlich die nach persönlichem Geschmack umgebaute Harleys oder Indians, wie sie nach dem Zweiten Weltkrieg in Kalifornien ihren Ursprung hatten. Heute werden damit aber auch serienmäßige Motorräder bezeichnet, die über die typischen Merkmale verfügen: lange Gabel in flachem Winkel, weit vorn angebrachte Fußrasten für die coole, niedrige Sitzposition. Wenngleich auch die japanischen Hersteller bereits seit Jahrzehnten Chopper im Programm führen – gegen den Nimbus etwa einer Harley Davidson Softail ist aber kein Kraut gewachsen. Harley Davidson selbst verwendet den Begriff Chopper übrigens sparsam und spricht, wie auch die anderen Hersteller, lieber von Cruisern.
Ungeachtet des hohen Kultfaktors ihrer Zweizylinder beschreitet Harley Davidson auch alternative Wege: Das Modell Livewire ist elektrisch angetrieben.
Elektro-Motorräder: Spannende Zukunft
Neben Harley Davidson widmen sich natürlich auch andere Hersteller dem Thema Elektro-Motorrad – wenngleich die japanischen Hersteller hier überraschend zurückhaltend agieren. Von den großen Vier – Yamaha, Honda, Kawasaki und Suzuki – hat bislang keiner in Deutschland ein E-Motorrad am Start. BMW bietet mit dem CE 04 immerhin einen (bemerkenswert futuristischen) E-Roller mit bis zu 41 PS. Mit ihrer abwartenden Haltung überlassen die großen Hersteller das Thema bislang also einigen wenigen Exoten sowie dem derzeitigen Platzhirsch Zero Motorcycles aus Kalifornien – quasi der Tesla unter den Zweirädern. Die Beschleunigung der 110 PS leistenden Zero SR/F von etwas mehr als drei Sekunden auf 100 km/h ist erstklassig, und mit 200 km/h Spitze läßt es sich auch leben. Wie bei den Autos sind die E-Motorräder ihren benzingetriebenen Brüdern nur in Sachen Praxisreichweite noch weit unterlegen. Und freilich ist so eine Zero nicht ganz billig: die SR/F kostet 23.680 Euro.
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Fazit
Wer den Spaß auf heimischen Landstraßen sucht, sollte zu einem mehr oder weniger sportlichen Straßenmotorrad greifen. Ob mit autobahntauglicher Verkleidung oder als klassisches Naked Bike ist dann eher eine Frage des Geschmacks. (Reise-)Enduros empfehlen sich hingegen, wenn das Abenteuer außerhalb Deutschlands lockt, auf den Südhängen der Alpen oder gar in Afrika. Für urbane Pendler sind die kräftigen Motorrad-Roller immer eine Empfehlung, wohingegen Nostalgiker das Easy-Rider-Feeling auf einem Chopper genießen. Elektromotorrad? Wie würden damit warten, denn diesem Markt steht die Blüte noch bevor.